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Andrea Maria Schenkel : "dunkle Geschichten"

Par Evelyn Wiesinger : Wissenschaftliche Mitarbeiterin - Universität Regensburg
Publié par MDURAN02 le 09/04/2009

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Andrea Maria Schenkel est déjà un auteur reconnu qui a obtenu à deux reprises le Prix du Polar allemand pour ses « petites histoires sombres », ((Tannöd)) (2006) et ((Kalteis)) (2007). Son dernier roman, ((Bunker)), vient de paraître. Entretien avec Andrea Maria Schenkel autour de l’écriture, du genre policier et de la place des femmes. Andrea Maria Schenkel hat zweimal den Deutschen Krimi Preis erhalten für ihre dunkle Geschichten. Ihr dritter Roman, ((Bunker)), ist gerade erschienen. Eine Diskussion mit Schenkel über das Schreiben, das Genre Krimi, das Frauenbild in Deutschland.

Andrea Maria Schenkel, geboren 1962, lebt in der Nähe von Regensburg. Bekannt wurde sie durch den 2006 erschienenen Roman Tannöd, für den sie den Deutschen Krimi Preis erhielt. Tannöd, bislang in 20 Sprachen übersetzt, wird zur Zeit fürs Kino verfilmt.

Für ihr zweites Buch Kalteis (2007) erhielt Schenkel zum zweiten Mal in Folge den Deutschen Krimi Preis. Eine Verfilmung unter der Regie von Hark Bohm ist geplant.

Schenkels neuester Roman Bunker ist 2009 erschienen.

Ihr Anliegen ist es, keine schwarz-weißen Geschichten zu erzählen. Ihre Figuren sind weder gut noch böse. Frauenfiguren treten öfters auf; das Thema Frauenbild durchzieht das Gespräch, das Evelyn Wiesinger, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Regensburg, am 30. März 2009 anlässlich des internationalen Krimifestivals Quais du Polar in Lyon mit ihr geführt hat.

Tannöd

CoverTannoed.jpgMit ihrem Erstlingswerk Tannöd, das bereits 2006 in Deutschland erschienen und bis heute mehr als eine Million Mal verkauft worden ist, hat die damals noch völlig unbekannte Andrea Maria Schenkel, die auch heute noch in einem kleinen Ort in der Nähe des bayerischen Regensburg lebt, in Deutschland "Krimi-Neuland" betreten. Denn Tannöd ist kein klassischer Krimi: Es gibt keinen Ermittler im engeren Sinne, der am Ende die heile Welt wieder herstellen könnte, was schon allein deshalb unmöglich wäre, da Schenkels Figuren nie einfach nur "gut" oder "böse" sind, sondern uns in vielen Facetten die in Jedem schlummernden Abgründe der menschlichen Seele vorführen.

Zu Beginn des Buches lässt Schenkel kurz eine Figur sprechen, die nach langer Zeit wieder in das vor Jahren einmal besuchte fiktive Dorf Tannöd fährt, angezogen von der Neugierde über ein dort stattgefundenes grausames Verbrechen. In der Folge schlüpft der Leser quasi selbst in diese Person: Der Mord an einer ganzen Bauernfamilie, der lose an ein allerdings nie aufgeklärtes reales Verbrechen in einem bayerischen Dorf in den zwanziger Jahren angelehnt ist, wird vollständig aus der Perspektive der verschiedenen Dorfbewohner in deren karger Sprache erzählt. Dieses Puzzle aus subjektiven "Zeugenberichten" lässt dem Leser den für Schenkel so wichtigen Freiraum, um dem Geschehen seinen eigenen Sinn abzugewinnen und dem Grauen nachzufühlen, das unterschwellig beständig anwesend ist, bis schließlich am Ende der Täter selbst seine Motive offenlegt.

Ganz ohne in die Klischees eines "Regionalkrimis" zu verfallen, macht gerade die Mischung aus der authentischen Beschreibung der erdrückenden Enge und Bigotterie einer Dorfgemeinschaft im ländlichen Nachkriegsbayern und der zugleich subtilen Annäherung an einen Mord, der im Prinzip überall stattgefunden haben könnte, die Faszination von Tannöd aus, die Schenkels Erstling auf Leser in der ganzen Welt ausübt.

Kalteis

CoverKalteis.jpgMacht, Gewalt, Sexualität und Trieb sind zentrale Themen in Schenkels 2007 erschienenem zweiten Roman Kalteis, den die Autorin ebenfalls eher als "schwarze Geschichte" denn als Krimi einordnet. Wiederum inspiriert von einer realen Mordserie, geht es um das fiktive Landmädchen Kathi, die im München der dreißiger Jahre ihr Glück sucht, sich aber immer mehr in Gelegenheitsprostitution und die Münchner Halbwelt verstrickt und schließlich zum ersten Opfer des brutalen Sexualverbrechers und Serienmörders Josef Kalteis wird.

Kathis und Kalteis' Geschichte wird allerdings nicht im klassischen Sinne erzählt: Obwohl der Täter von Anfang an bekannt ist, wird durch die achronologische Collage aus verschiedenen personalen Erzählperspektiven (darunter die des Täters selbst), Protokollfragmenten und Polizeiakten die Spannung bis zum unweigerlichen Aufeinandertreffen von Täter und Opfer gehalten. Anders als in Tannöd, wo das Grauen oftmals gerade vom nicht Gesagten ausgeht, schreckt Schenkel diesmal nicht davor zurück, auch die Perversionen Kalteis' in allen Details zu beschreiben.

Bunker

CoverBunker.jpgAndrea Maria Schenkels jüngstes Werk Bunker, das im Februar 2009 auf dem deutschen Buchmarkt erschienen ist, unterscheidet sich ganz wesentlich von seinen Vorgängern: Der Roman ist rein fiktiv, und auch die ort-zeitliche Einordnung bleibt sehr vage; lediglich ein Satz lässt die Handlung im Deutschland der frühen 1990er Jahre vermuten.

In Bunker wird eine Frau von einem Unbekannten scheinbar grundlos entführt und in einem einsamen Haus im Wald gefangengehalten. Entführte und Entführer leben tagelang auf engstem Raum und sind dabei auch Gefangene in ihren jeweiligen Gedankenwelten, in denen jeder für sich komplexe Kämpfe mit der eigenen Vergangenheit und der Frage nach der Schuld ausficht. Nicht nur in den gedanklichen Retrospektiven der beiden Protagonisten, auch in der tatsächlichen Entführungssituation, in der die Figuren zunehmend unvorhersehbarer agieren, verwischen immer mehr die Grenzen zwischen Täter und Opfer, sowie zwischen scheinbarer Normalität und Wahnsinn.

In Bunker wird abwechselnd aus der Sicht von Entführer und Entführter berichtet; die erlebte Rede wirkt dabei mitunter auch provokativ und naiv. Die Innenperspektive der beiden Protagonisten überlässt es zuletzt dem Leser selbst, sich die Frage nach Schuld und Unschuld, sowie nach den verworrenen Beziehungen zwischen Macht, Gewalt und Einsamkeit zu stellen.

Zum Hören: Andrea Maria Schenkels Interview

Schenkels Debüt, ihre Verunsicherung in der Schule, ihre Befreiung, endlich schreiben zu dürfen (Dauer 6:32)

Auszug 1

Transkript

Schenkels Kinder und Familie, das Frauenbild in Deutschland (Dauer 5:56)

Auszug 2

 Transkript

Schenkels kleine dunkle Geschichten, der Unterschied zum traditionellen Krimi, ihre literarischen Vorbilder (Dauer 10:19)

Auszug 3

Transkript

Die Gewalt gegen Frauen als Hauptthema, das Frauenbild in Deutschland, biographische Elemente und wahre Begebenheiten (Dauer 18:45)

Auszug 4

 Transkript

Das neueste Buch Bunker (Dauer 14:35)

Auszug 5

Transkript

Der Erfolg als Autorin, weitere Projekte (Dauer 5:53)

Auszug 6

 Transkript

Schenkel liest aus Bunker, S. 58-60 (Dauer 5:06)

Auszug 7

Bibliografie

Schenkel, Andrea Maria. Tannöd. Hamburg, Nautilus, 2006.

Schenkel, Andrea Maria. Kalteis. Hamburg, Nautilus, 2007.

Schenkel, Andrea Maria. Bunker. Hamburg, Nautilus, 2009.

Bislang erschienene französische Ausgaben:

Schenkel, Andrea Maria. La ferme du crime. Traduit de l'allemand par Stéphanie Lux, Actes Sud, 2008.

Schenkel, Andrea Maria. Un tueur à Munich. Josef Kalteis. Traduit de l'allemand par Stéphanie Lux, Actes Sud, 2009.

 

Pour citer cette ressource :

Evelyn Wiesinger, "Andrea Maria Schenkel : "dunkle Geschichten"", La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), avril 2009. Consulté le 05/11/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/litterature/litterature-contemporaine/entretiens/andrea-maria-schenkel-dunkle-geschichten-