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Rosen aus Afrika, Rosen der Welt

Par Léa Benoît, Bernard Calas, Sylvain Racaud, Olivier Ballesta, Lucie Drevet-Demettre
Publié par Cécilia Fernandez le 26/02/2021

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Der Weltmarkt für Rosen funktioniert bedarfsgerecht, nach dem Prinzip des « just in time », um den Bedarf in den Zeiten der jährlichen Verbrauchsspitzen zu decken, und zwar mit einer Produktion außerhalb der Saison. Kenia hat sich auf die leistungsstarke, kapital- und arbeitsintensive Rosenzucht spezialisiert. Seine Stärken sind gut ausgebildete Fachkräfte, ein großer Frachtflughafen in Nairobi und vorteilhafte agronomische Bedingungen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass eine effiziente Wasserverwaltungspolitik nötig ist, um die Auswirkungen dieser Monokultur auf die Umwelt in den Griff zu bekommen.

Voir l'original en français : « Roses d'Afrique, roses du monde ». Publication en partenariat avec le site Géoconfluences

Dies ist die deutsche Übersetzung eines Artikels auf Französisch von 2016: "Roses d'Afrique, roses du monde".

Bibliografie | den Artikel zitieren | français | Deutsch

Die Sicht der Lehrer

Vue sur les serres de la Bila Shaka Farm, dans la Rift Valley kenyane. On observe deux zèbres qui broutent devant une enfilade de serres. 

Bila Shaka Farm im Kenianischen Grabenbruch Rift-Valley). Foto: Bernard Calas.

 

In perfekten, rechtwinklig ausgerichteten Reihen widersprechen diese Plastiktreibhäuser, vor denen die Zebras in aller Ruhe im Morgenlicht des afrikanischen Grabenbruchs grasen, den üblichen Vorstellungen von afrikanischer Landwirtschaft. Dieses Kuriosum bringt uns dazu, die dort herrschenden Tätigkeiten, die Gründe für die teuren Investitionen an diesem Ort – nämlich an den Ufern des Naivasha-Sees von Kenia, in 1800 m Höhe, genau auf dem Äquator – wie auch die geografischen, d.h. die sozialen und räumlichen Herausforderungen dieser Landwirtschaft zu hinterfragen.

In Resonanz dazu, 7000 km von Nairobi entfernt, in Schweden nämlich (daher ist der Preis in Kronen ausgezeichnet, er entspricht etwa 20 EUR), erinnern diese hier in einem Blumengeschäft präsentierten Sträuße (deren Herkunftsland zur Abwechslung einmal angegeben ist, ein eher seltener Fall), bei minus 18°C mitten im Februar, dass die kenianische Gartenbauproduktion eine Produktion außerhalb der Saison ist, dass sie hauptsächlich an die europäischen Märkte gerichtet ist und damit die afrikanischen Produktionsgebiete in einen globalen Vertrieb integriert.

Wie werden diese afrikanischen Rosen produziert, und warum dort, welche geografischen – d.h. sozialen und räumlichen – Folgen bringt dies mit sich, in Afrika, in Europa, in der Welt ?

 

Bouquets de roses en provenance du Kenya en vente chez un fleuriste de Stockholm

Blumengeschäft in Stockholm, Februar 2011. Foto: Bernard Calas.

1. Die Rosenproduktion in Afrika, eine « Gartenbauindustrie »

Dieser Gartenbau folgt den Grundsätzen der industriellen Landwirtschaft.

1.1. Ein bedarfsgerechter Gartenbau  « just in time »

Zunächst einmal handelt es sich fast um eine Monokultur, denn die meisten Farmen produzieren ausschließlich Rosen. Zwar bauen einige auch Gemüse und Saisonblumen an, um die finanziellen und biologischen Risiken zu mildern, die mit einer Monokultur einhergehen, aber solche Beispiele sind eher die Ausnahme. Die Rosen werden meist in ultramodernen Gewächshäusern produziert, und zwar ausschließlich Rosen, oft von der gleichen Sorte, auf mehreren Hektar, in dichten Reihen (7 bis 8 Pflanzen pro Quadratmeter). Je nach Sorte streben die Produktionsmanager für jeden Stock 6 bis 7 Blütezeiten pro Jahr an, mit einer Ernte von im Schnitt 3 Stängeln pro Blütezeit und Pflanze. So können mit dieser Art von standardisierter Massenproduktion bei manchen Sorten 1 400 000 Stängel pro Hektar und Jahr erzielt werden !

Zweitens geht es um eine sehr kapitalintensive Industrie, denn diese Gewächshäuser sind teuer : zwischen 100 000 und 400 000 EUR pro Hektar, je nach technologischer Raffinesse. Wie Regenschirme schützen sie die Rosenstöcke vor Regen und Hagel ; wie Sonnenschirme halten sie zu starke Sonnenstrahlen ab und garantieren eine ideale Temperatur zwischen 12°C und 29°C. Als Hauptinstrument der Verfrühung der Rosenzucht ermöglichen die Treibhäuser eine Verkünstlichung des Milieus sowie die Kontrolle der Produktionsbedingungen. Ziel ist, die Blühfreude der Rosenstöcke durch die Verkürzung des Zeitraums zwischen zwei Blütezeiten zu erhöhen (im Schnitt zwischen 50 und 70 Tage je nach Sorte und topografischer Lage).

Photoraphie serre rosicole Bernard Calas

Innenansicht eines Rosengewächshauses in Naivasha, 50 km nordwestlich von Nairobi. Foto : Bernard Calas.

Die Investition besteht nicht nur aus dem Anlagevermögen, sondern auch aus Betriebskosten und besonders den Ausgangsmaterialien. Die Produktion beruht nämlich auf dem zwar bemessenen, aber beträchtlichen Gebrauch von chemischen Ausgangsstoffen, welche in die Bewässerung eingeleitet oder aber von den Arbeitskräften gesprüht werden. Es haben sich jedoch mehr und mehr Farmen dafür entschieden, nicht mehr systematisch Pflanzenschutzmittel zu verwenden, sondern eine integrierte biologische Schädlingsbekämpfung mit dem Einsatz von natürlichen Feinden, zum Beispiel der Blattlaus, zu betreiben.

Dabei handelt es sich jedoch auch um ein Unternehmen mit hohem Arbeitskräftebedarf. In der Tat beschäftigen diese afrikanischen Gewächshäuser etwa 19 Personen pro Hektar im Gegensatz zu 10 Personen pro Hektar in Ecuador und 3 Personen auf holländischen Farmen. Dieser Wirtschaftszweig setzt also in Bezug auf Arbeitskräfte nicht die modernsten mechanisierten Technologien ein wie etwa in Europa und in den USA. 70 % der Arbeitskräfte sind Frauen, die hier zum Einsatz kommen, und dazu ist die Arbeit sehr geschlechtsspezifisch verteilt. Die Frauen sind in den niedrigeren Positionen angestellt (als Schnitterinnen und in der Verpackung) ; die Männer sind hingegen mit Führungsaufgaben betraut und auf mehr technischen und den am besten bezahlten Posten (etwa als scout zur Früherkennung von Schädlingen und Krankheiten). In der Mahee Farm auf der Hochebene des Kinangop verdienen die Arbeiterinnen für das Rosenschneiden in den Treibhäusern 5000 Kenia-Schillinge (ca. 50 EUR) pro Monat. Zunächst mit Kurzzeitverträgen in den Spitzenzeiten der Produktion wie z.B. zum Valentinstag angestellt, reihen sie erst einmal einige Sechsmonatsverträge aneinander, bevor sie dann als permanent employee dauerhafte Positionen erlangen. Das Personalmanagement entspricht oft den Prinzipien des new management, bei dem die Angestellten Verantwortung für Qualität und Rentabilität übernehmen : jede Angestellte ist für eine bestimmte Anzahl von Rosenstöcken verantwortlich, und so kann die Qualität ihrer Arbeit genau bewertet werden. Jeden Morgen gehen die Angestellten durch die Reihen, um die eben erblühten Rosen zu schneiden.

Schließlich ist zu bemerken, dass wir es mit einer Präzisionslandwirtschaft in mehr als einer Hinsicht zu tun haben, da jede Zugabe gemessen, überlegt und gewogen, und das Mikroklima der Gewächshäuser genau kontrolliert wird. Zum Beispiel in Bezug auf die Wasserversorgung : eine Rose besteht zu 75 % aus Wasser. Und ein Rosenstock verbraucht viel davon : zwischen 3 und 9 Litern pro m² je nach Jahreszeit. Im Rahmen einer streng kontrollierten Fertigation wird dieses Wasser vollständig aufbereitet : Dekantieren, UV-Bestrahlung, Ionisierung zum Abtöten von Bakterien, PH-Säuerung auf bis zu 5,9, Zugabe von Dünger, usw. Die hinzugefügten Mengen werden streng überwacht, oft durch eine mit Zeituhr programmierte Tröpfchenbewässerung. Diese Zugaben variieren im Hinblick auf Quantität wie auch auf Qualität je nach vorgesehener Blütezeit und Wetterlage.

Diashow : die Rosenbranche in der Region Naivasha in Kenia

Fotos von Mathilde Fautras, 2009 und 2010, mit freundlicher Genehmigung der Autorin.
Für die Diashow bitte Foto anklicken.

In Bezug auf den Jahreskalender befriedigen die Gewächshäuser mit ihrer ganzjährigen Produktion die Bedürfnisse Europas im Winter, mit einer Produktion während der Gegensaison. Jedoch stellt diese sich oft täglich verändernde Nachfrage für die Farmmanager eine echte und dauernde Herausforderung dar, welche ihnen ein exaktes timing abverlangt. Und zwar muss die Blütezeit in den Treibhäusern, d.h. die Produktion, genau den Bestellungen der Kunden entsprechen, welche oft mit dem europäischen Feste- und Feierkalender einhergehen. Dank den Gewächshäusern kann sich die Produktion so zeitnah wie möglich den europäischen, russischen und japanischen Daten anpassen :  Weihnachten am 25. Dezember, Neujahr am 1. Januar, Valentinstag am 14. Februar, Internationaler Frauentag am 8. März, Mutter- und Großmuttertage zu verschiedenen Daten in ganz Europa, Schuljahresbeginn in Russland, Tag der Sekretärinnen in Japan. Aber das timing der Blüte hängt eng mit der Rosensorte und den Wetterbedingungen zusammen. Die production officers verfügen dabei über ein paar Rezepte, um im Bedarfsfall die Reifung und Knospenbildung der Rosenstöcke je nach Bedarf zu bremsen oder zu beschleunigen. Sie öffnen die Gewächshäuser, um die Kohlenstoffdioxidkonzentration, die Temperatur und den Lichteinfall im Inneren zu erhöhen, was die Fotosynthese und damit die Blüte beschleunigt oder verlangsamt.

Im Hinblick auf einen mehrjährigen Kalender ähnelt der Gartenbau der Modeindustrie, welche auch einem timing unterliegt. Jede produzierte Sorte ist die Krönung einer Arbeit über mehrere Jahre hinweg (zwischen 4 und 8 Jahre), mit der Erlangung eines Patents, welches zu Abgaben der Produzenten an die Patentinhaber führt (1 bis 3 Cent pro Stängel). Die Kreation einer neuen Sorte ist den Verbrauchermoden unterworfen und diese wechseln ebenso häufig wie die Kleidermode. Dies führt dazu, dass jedes Jahr 20 % der Rosenstöcke ausgerissen werden, um Platz für neue Sorten zu schaffen. Insgesamt werden die neuen Sorten eher in den Ländern des Nordens gezogen, während die gängigeren Sorten im Süden angebaut werden.

1.2. Verschiedene Wirtschaftsmodelle

Die Farmgröße der kenianischen Betriebe ist sehr unterschiedlich : von einigen Hektar – 13 für die Mahee Farm – zu mehreren Hunderten, ja bis zu 5000 Hektar für den größten Betrieb, Oserian. Auch liegen den verschiedenen Betrieben unterschiedliche business models (Geschäftsmodelle) zugrunde.

Einige von ihnen, oft, aber nicht immer die größeren, gründen ihre Rentabilität auf die Quantität. Sie produzieren ein relativ eingeschränktes Sortiment von gängigen Arten (intermediate oder TH = Tee-Hybride), kleinwüchsig und mit kleinen Knospen für eine begrenzte Zahl von Großhändlern oder zentralen Einkaufsstellen, oft gekoppelt an jährliche Verträge zur Massenproduktion. Die Margen je Einheit sind gering.

Andere wieder verbinden die Rosenzucht mit einer Gemüse- oder Feldblumenproduktion (z.B. Disteln). Diese Kombination gewährt eine gewisse Sicherheit. Eine der beiden Produktionen ist mehr spekulativ und risikobehaftet, während die andere einer Vertragswirtschaft unterliegt und den Farmen eine gewisse finanzielle Sicherheit verschafft, indem sie die Betriebskosten des Unternehmens abdeckt.

Schließlich produziert eine wachsende Zahl von Betrieben ein breites Spektrum an verschiedenen Sorten, in der Regel von gehobener ästhetischer und phänotypischer Qualität, dabei zu einem relativ hohen Marktpreis. Diese Sorten zielen auf die Marktnischen ab und werden hauptsächlich über Auktionen oder special sales vertrieben. Diese Betriebe richten sich als erste an Qualitätsprodukten aus (Spray-Rosen und Premium Tee-Hybride)((Die Spray-Rosen sind eine sehr verzweigte Sorte mit vielen Knospen, und die Tee-Hybride (TH) Sorten, deren Duft an Tee erinnert.)).

2. Eine globale Branche

Diese Produktion ist hauptsächlich für die europäischen Länder bestimmt und stellt dort im Februar die Hälfte der zum Verkauf stehenden Rosen dar.

2.1. Eine Produktion für Europa

Der Rosenexport bringt noch eine dritte zeitliche Dimension mit sich, ein timing, das der Lebensdauer der Rose in der Vase entspricht.

In der Tat beginnt mit dem Schnitt der Rosen ein Wettlauf mit dem Alterungsprozess, damit die Stängel die Verbraucher so schnell wie möglich und in bestem Zustand erreichen. Sobald sie mit einer Gartenschere, die in eine sterile Lösung getaucht wird, geschnitten worden sind, kommen die Rosen in einen Eimer mit kaltem Wasser und werden darin zur Verarbeitungshalle transportiert. Dort werden sie von Arbeiterinnen entblättert, auf Erfüllung der Verbrauchernormen kontrolliert, nach Stiellänge sortiert, zu gleichförmigen Sträußen von 10 bis 20 Stängeln gebunden und mit einer Kartonhülle geschützt. Dann lagern sie reihenweise in Eimern mit kaltem Wasser auf racks (Regalen) in einem Kühlhaus bei 4°C, bis sie schließlich in Schachteln von Standardgröße verpackt zum Transport in Kühllastwagen zum Frachtflughafen von Nairobi gebracht werden. Dort erledigen spezialisierte Betriebe die Zollformalitäten und führen die Pflanzenschutzkontrollen durch. Dann werden sie in Frachtflugzeuge nach Europa oder an zweiter Stelle in die Golfstaaten verladen. In Europa angekommen, meistens in Amsterdam, eine für ihre nahtlose Logistik berühmte multimodale Drehscheibe, passieren sie erneut Zoll- und Pflanzenschutzkontrollen und werden entweder zur Versteigerung in racks an den potentiellen Käufern vorbeigerollt, oder aber zu Lastwagen gebracht, die sie an ihren Zielort bringen.

 Der Flughafen von Nairobi, vom Gewächshaus zum Flugzeug

plan de l'aéroport de Nairobi

Zur genaueren Lokalisierung der Rosenanbaugebiete Kenias, siehe diese Karte aus dem in Carto erschienenen Dossier (Calas, 2013).

Vor vierzig Jahren noch wurde praktisch die gesamte Blumenproduktion aus Afrika auf absteigenden Auktionen in Alsmeer, Holland ((Vergleiche mit der dieser Institution gewidmeten Seite des Michelin-Führers.)), verkauft. Zwar noch immer vorherrschend (50 % der Blumen werden dort umgesetzt), so verlieren diese Orte doch allmählich ihre dominierende Position zugunsten anderer Vermarktungszweige. Zunächst einmal haben die großen Einkaufszentralen und die Supermarktkonzerne (Tesco, M&S, Carrefour, usw.) ein vertraglich vereinbartes System, direct sale genannt, aufgebaut. Durch den Abschluss von jährlichen Lieferverträgen direkt mit den Großfarmen werden die Auktionshäuser umgangen, was die Versorgung sicherstellt, und was natürlich auch dazu beiträgt, dass die afrikanische Landwirtschaft im Rahmen einer sich verbreitenden Vertragslandwirtschaft vereinnahmt wird, insbesondere für die verderblichen Erzeugnisse der Gegensaison.

Neuerdings erleichtern die immer engere logistische Verkeilung Afrikas mit der übrigen Welt sowie der Anstieg des e-Handels die sogenannten special sales, welche nicht mehr die großen Einkaufszentralen, sondern die Einzelhändler an die Farmen anbinden, und zwar nicht mehr auf jährlicher, sondern auf punktueller Basis. In dieser Hinsicht ähnelt dieses System dem Modell der kurzen Vertriebswege, weil ohne Zwischenhändler, aber … über sehr weite Entfernungen.

2.2. Die Umsiedlung der Rosenzucht nach Afrika

Der Verbrauch von Rosen stieg zwischen 1990 und 2008 kontinuierlich um jährlich 10 %. Seither hat sich das Tempo wegen der Finanzkrise und ihren Folgen verlangsamt. Die Öffnung des Ostblocks, die Entstehung von neuen Mittelschichten in den südlichen Ländern erklären das Wachstum der Weltproduktion seit den 1980er Jahren. Hinzugekommen ist eine bedeutende räumliche Umverteilung.

War in den 1960er Jahren die Erzeugung von Schnittrosen überwiegend im Norden angesiedelt, insbesondere in Holland, oder in den mediterranen Klimazonen – Italien, Kalifornien, Côte d’Azur – aber auch rund um die großen westlichen Metropolen wie Paris, so kam seit den 1970er Jahren eine umfassende Umsiedlung in Gang. Zunächst einmal von den Vereinigten Staaten erst nach Mexiko, dann nach Kolumbien und vor allem Ecuador, später, in den 1980ern, von Holland aus. Ihrerseits haben die holländischen Blumenerzeuger einen Teil ihrer Produktionseinheiten in höher gelegene Tropengebiete ausgelagert : hauptsächlich nach Ecuador, Kenia und Äthiopien. Diese Umsiedlungsbewegung gehört damit vollständig zur neuen inernationalen Arbeitsteilung.

In den 1970er Jahren haben in Holland und auch sonst in Europa mehrere Push- oder abweisende – Faktoren ihren Beitrag geleistet : steigende Energiekosten zur Beheizung der Gewächshäuser besonders in den Wintermonaten, Lohnerhöhungen, verstärkte gesetzliche Umweltauflagen. Das auslösende Moment war jedoch die Aufhebung des Verkaufsverbots von nicht in den Niederlanden erzeugten Blumen auf den Auktionen Hollands. Diese genossenschaftlichen Auktionen, im Grunde nichts anderes als Börsen, an denen die weltweiten Kurse für Blumen festgelegt werden, waren bis dahin den holländischen Erzeugern vorbehalten. Die Aufhebung dieses Monopols hat bestimmte holländische Produzenten dazu veranlasst, einige ihrer Produktionseinheiten in den Süden zu verlegen und damit den ausländischen Erzeugern erlaubt, die über mehrere Jahrhunderte für den Handel mit Gartenerzeugnissen gut geölte holländische Logistik zu nutzen.

Die von Afrika ausgehende Attraktivität erklärt sich aus mehreren Faktoren. Mit ihrer Niederlassung verwandeln die Unternehmen die Merkmale dieser hochgelegenen tropischen Gebiete in Ressourcen, wenn nicht in ausgesprochene Vorteile im Vergleich zu den europäischen Produktionsbedingungen. In über 1700 m Höhe, manchmal bis zu 2700 m, in geschützter Lage vor den vorherrschenden Winden (im Windschatten von Mount Kenia, im geschützten Klima der Cayembe-Ebene in Ecuador, im Rift Valley in Äthiopien oder Kenia), bieten die hochgelegenen Gegenden am Äquator, und zwar umsonst, eine hohe Lichtqualität (56 Klx), eine gleichmäßige Sonnenbestrahlung, tägliche Temperaturunterschiede (zwischen 12°C und 19°C nachts und 25°C und 30°C tagsüber), die für die optimale Fotosynthese der Rosen erforderlich sind, und somit ideale Bedingungen für eine Massenproduktion von geradstieligen, farbenprächtigen Rosen mit großen Knospen, welche auf dem Markt am meisten gefragt sind. Was fehlt, ist allein der Duft. Dessen Gen schließt das Gen für Langlebigkeit in der Vase aus, welches eine entscheidende Eigenschaft dieser weit reisenden Rosen ist. Die Merkmale der Tropenhochlage sind demnach von den Unternehmern auf der Suche nach alternativen Produktionsstandorten in Vorteile für die Produktion verwandelt worden.

Außerdem war die Verfügbarkeit von Wasserressourcen zur Irrigation ein wichtiges Auswahlkriterium für die Produktionsstandorte. Die ersten kenianischen Niederlassungen befanden sich um den Naivasha-See ; die ersten äthiopischen Standorte in der Nähe des Debre Zeyit-Sees. Mittlerweile haben die Unternehmer die Orte vervielfacht, von den Seeufern hinauf an höher gelegene Hänge. Jedoch bleibt die Wasserversorgung – Gebirgsbäche am Mount Kenia, tiefer gelegenes Grundwasser – eine wichtige Bedingung, von der man nicht absehen kann.

Zur Tropenlage kommen die recht guten Einrichtungen und Transportinfrastrukturen insbesondere der Flughäfen hinzu, welche für die direkte und schnelle Verbindung der äquatorialen Produktionsregionen mit den Märkten sorgen. Die Rose lässt sich recht gut transportieren, und besitzt, im Gegensatz zu weniger robusten Blumen, eine höhere Lebenserwartung in der Vase, eine unumgängliche Eigenschaft für eine Schnittblume : zwischen 11 und 17 Tage für die widerstandsfähigsten. Der Jomo Kenyatta International Airport von Nairobi, und der Flughafen von Bole in Addis gehören zu den leistungsfähigsten Flughäfen Afrikas und verfügen über eine ausgedehnte Zone für den Frachtverkehr, die speziell für leicht verderbliche Erzeugnisse der Gegensaison ausgelegt ist (s. o. den Plan des Flughafens).

Schließlich spielte für diese Attraktivität die Verfügbarkeit von verlassenem Agrarland im Zuge des postkolonialen Übergangs von Kenia eine entscheidende Rolle, ebenso die « thermidorische Entwicklungspolitik » ((Die äthiopische Entwicklung beruht auf einem Gewaltmarsch in die liberale Moderne, die sich auf eine demokratische Rhetorik stützt und einen erneuerten politischen Autoritarismus maskiert.)) in Äthiopien, zu denen sich vor allem zahlreiche, preiswerte, wenig fordernde und recht gut ausgebildete Arbeitskräfte gesellten.

Die ersten Investoren in diesem Sektor waren die Holländer, wie z.B. Zwager, Besitzer von Oserian, der größten Rosenfarm Kenias, seit langem im Land ansässig, und der Initiator der ersten Rosenfarm zu Beginn der 1980er Jahre. Weitere niederländische Erzeuger sind nachgekommen ; und die Holländer haben nach wie vor ihren Einfluss in der Gegend bewahrt. Bald kamen weiße Kenianer dazu, Nachkommen der Siedler, auch Südafrikaner und Simbabwer, sowie kenianische Politiker wie z.B. der ehemalige Präsident Moi (Sian Roses, 100 Hektar), der ehemalige Minister Nyachahe (Simbi Farm), oder die Familie des ehemaligen Leibarztes von Jomo Kenyatta (Magana Flowers). Schließlich, als dritte Gruppe, tragen transnationale Konzerne, oft, aber nicht ausschließlich, in indischer Hand, manchmal Filialen von Giganten wie Unilever, zur Dynamik dieser Gegend bei.

Der weltweite Rosenhandel

 

carte du marché mondial des roses

Karte darf zu Unterrichtszwecken in Schulklassen eingesetzt werden.

3. Auswirkungen auf die Produktionsräume

Die Gewächshäuser schaffen direkte (ca. 90 000 für Kenia, 80 000 für Äthiopien) und indirekte (500 000 in Kenia, 180 000 in Äthiopien) Arbeitsplätze, stellen so wertvolle Exporteinnahmen für die Länder (600 bzw. 200 Mio. Dollar) bereit und tragen damit durch die Diversifizierung der Einnahmequellen zum Strukturwandel der Wirtschaft bei.

3.1. Integrationseffekte auf allen Ebenen

Der Unterschied zwischen diesen beiden Staaten ist insofern interessant, als er eine Vision der Entwicklung unterstützt, in der diese als fortschreitende Reifung der wirtschaftlichen Innovation erscheint. Die äthiopische Rosenzucht ist jünger (1997) als die kenianische Industrie (1980), weniger rentabel (200 Mio. Dollar für 280 000 direkte und indirekte Arbeitsplätze gegenüber 600 Mio. Dollar für 590 000 direkten und indirekten Arbeitsplätzen), weniger dicht (80 Unternehmen gegen 180). Die kenianische Industrie hat frühzeitig eine cluster Rosenzucht aufgebaut, während die äthiopische Produktion von großen Konzernen beherrscht wird, welche auf der Suche nach willigen und billigen Arbeitskräften sind. Die technologische Integration der Produktionsmittel ist demnach in der kenianischen Rosenzuchtindustrie weiter entwickelt als in Äthiopien. Die äthiopische « produktive Exklave » unterscheidet sich so vom kenianischen cluster, der afrikanischen Schaltstelle in der europäischen Wertschöpfungskette.

Über diese makroökonomischen und nationalen Auswirkungen hinaus haben die Gewächshäuser auch vor Ort eine Reihe von spektakulären Verwandlungen eingeleitet. Denn der Zustrom von Arbeitskräften, angezogen von den ausbezahlten Löhnen (70 EUR für die Arbeiter) hat eine Explosion im Wohnungsbau, im Handel, im Angebot von öffentlichen und privaten Dienstleistungen, im Verkehrswesen usw. verursacht. Neue Märkte, neue Läden, immer mehr Öffnungen von Schulen, Gesundheitseinrichtungen, Entbindungsstationen, Polizeiwachen, Kirchen, usw. tragen zur Bildung der dynamischsten Ballungsgebiete des Landes um die Gewächshäuser bei. Die Bevölkerung von Naivasha hat sich in 20 Jahren vervierfacht. Natürlich führt das zunächst einmal zu allen möglichen Engpässen in Bezug auf Einrichtungen, Gesundheit und Sicherheit, aber nach und nach werden diese Lücken durch Partnerschaften zwischen Unternehmen und dem Staat, durch Entwicklungsprojekte mit internationalen Geldgebern und NROs gefüllt.

Und nicht zuletzt, nach anfänglich bedauernswerten Arbeitsbedingungen in den Treibhäusern und einem skrupellosen Umgang mit Abfällen, die von den Unternehmern einfach in die Umwelt geschleust wurden, hat sich unter dem Druck der Zivilgesellschaft, der NROs, der Verbrauchervereinigungen, der Zertifizierungsbehörden, der Medienwelt, die Praxis in Richtung von mehr Verantwortung, mehr Ethik, mehr Umweltbewusstsein weiterentwickelt. Sicherlich ist es eine schwierige und längst nicht vollendete Aufgabe, aber die Existenz dieser Industrie trägt dazu bei, Kenia ideologisch an zeitgemäße Normen und Vorschriften zu binden. Und schließlich ist  die Lohnarbeit auch ein Vektor für den Aufbau einer selbstbewussten Arbeiterschaft und für Frauenemanzipation.

3.2. Im Zentrum der umweltpolitischen Kontroverse : das Wasser

Schon bald nach der Gründung der ersten Farmen wurde bei der Frage der Auswirkung der Blumenzucht auf die Umwelt das Wasser zum Indikator für die Schädlichkeit dieser Produktion erklärt. Leidenschaftliche Debatten haben den Farmen die vermeintliche Schuld am Sinken des Wasserspiegels des Sees und seiner Wasserqualität zugewiesen. Das zunehmende Bewusstsein über Nachhaltigkeit in der kenianischen Zivilgesellschaft hat sehr polemische Diskussionen um den Preis des Wasserverbrauchs ausgelöst, und die Farmen haben ihre Praxis anpassen müssen. Die Rosenstöcke verbrauchen nur etwa 60 % des Wassers, das ihnen zugeführt wird ; und so, nach einer ersten Periode, während derer sich die Rosenzüchter kaum um den « ökolonomischen » Preis ihrer Abwässer geschert hatten, sind sie nun dazu übergegangen, das von den Blumen nicht verbrauchte Wasser zu sammeln und zu recyceln. Dabei wird ein doppeltes Ziel verfolgt : Wasser und flüssige Ausgangsmaterialien zu sparen.

Um die Wasserrechnungen zu senken, während der kenianische Staat – in Übereinkunft mit dem Washingtoner Konsens und den Vorschriften der Geldgeber – immer mehr die Vermarktung des Wassers vorantreibt, reagieren die Farmen durch die Anwendung von Maßnahmen zur Regenwassersammlung (rain harvesting). So kann eine 25 ha große Farm in Naivasha den Gegenwert von 3 Monaten Wasserverbrauch allein durch die Regenwassersammlung von den Dächern ihrer Gewächshäuser gewinnen.

Über die aufmerksamere Handhabung der wasserpolitischen Probleme hinaus wenden sich die Farmen, besonders die größeren, immer mehr der Nutzung von Geothermie und Solarenergie zu, um einen Teil ihres Strombedarfs zu decken. Und so tragen diese potenziell stark verschmutzenden Unternehmen mit ihrem hohen Verbrauch von Ausgangsmaterialien als ein Archetyp der forcierten Landwirtschaft auf unserem Planeten dazu bei, in Afrika einige « ökolonomische » Spitzentechnologien zu verbreiten. Dies ist eines der Paradoxe der kenianischen political ecology (Rouillé et al., 2015).

Die Wasseraufbereitung in der kenianischen Rosenzucht

schéma représentant le traitement des eaux dans la rosiculture kenyane

Nach David Blanchon, mit Ratschlägen und freundlicher Genehmigung des Autors.

Schlussfolgerung : Welche Entwicklungen sind in den europäischen Erzeugerländern zu erwarten?

Der Rückgang der europäischen Blumenproduktion liegt zum Teil am Wettbewerb mit konkurrenzfähigeren Produktionseinheiten im Süden. Nichtsdestoweniger ist die europäische Produktion nicht völlig verschwunden und es blühen noch Rosen im Umland Amsterdams, in der Randstadt Holland, an den Küsten des Mittelmeers und auch in der Umgebung einiger europäischer Metropolen. Sie konzentriert sich auf die rentabelsten Marktnischen mit den neuesten, am besten duftenden Sorten, die gerade sehr gefragt sind. Sie versorgt den Markt zwischen April und September.

Wenn die afrikanischen Länder es auch erreicht haben, ihre globalen Marktanteile auf spektakuläre Weise zu erhöhen, so beweist die Zähigkeit der europäischen Vorherrschaft in der Kreierung von neuen Sorten, dass die Wertschöpfungskette der Rose einer Regel der Internationalen Arbeitsteilung unterliegt : Produktionstätigkeit und bestimmte Aufwertungsverfahren können delokalisiert werden, die Innovationen jedoch mit ihrer hohen Wertsteigerung bleiben in den entwickelten Ländern konzentriert, vor allem bei Innovationen, die den internationalen Rechten am geistigen Eigentum unterliegen.

Anmerkungen

Bibliografie

  • Anseeuw W., Freguin-Gresh S., Gamba P. (2008). « Une nouvelle politique agricole au Kenya : nécessaire, mais suffisante ? ». In Devèze J.-C. (dir.), Défis agricoles africains. Paris, Éditions Karthala, Agence française pour le développement, p. 209-229.
  • Becht R. (2007). Environmental effects of the floricultural industry on the Lake Naivasha basin, unpublished paper, ITC Naivasha Database, Enschede, The Netherlands
  • Calas Bernard, 2011, « La rose coupée entre tropiques, hors-sol et mondialisation », in F. Bart (dir.) Natures tropicales, Actes des XIIIèmes journées de géographie tropicale, Espaces tropicaux n° 20, PUB, Pessac, p. 239-252
  • Calas Bernard, 2014, « Le marché florissant et mondialisé de la rose », in Bautzmann A. (dir.), Atlas géopolitique mondial, p.174-177
  • Calas Bernard, 2013, « La rose mondialisée », Carto n° 17, p. 41-44. (einschließlich dieser Karte)
  • Calas Bernard, « Mondialisation, Clusterisation et recyclage colonial », EchoGéo, 26 | 2013
  • Chenntouf Tayeb, « L'Afrique face à la mondialisation », Présence Africaine, 1/2006 (N° 173), p. 213-224.
  • Calas Bernard et Fautras Mathilde, 2009, « Fermes de roses du lac Naïvasha », Mambo, n° 8, IFRA-Nairobi, 6 p. 
  • Dubresson Alain, Moreau Sophie, Raison Jean-Pierre et Steck Jean-Fabien, L’Afrique subsaharienne, une géographie du changement. Paris, A. Colin, 2011
  • Fouéré M.-A., Maupeu H. (dir.), 2015, « Une nouvelle Afrique de l’Est », Afrique contemporaine 253, p. 13-129.
  • Hornberger K., et alii, 2007. Kenya’s Cut-Flower Cluster. Harvard Business School, 30 p.
  • Cahiers des IFRE, n° 2, 2015, « L'Afrique dans la globalisation »
  • Rouillé Gaële, Blanchon David, Calas Bernard et Temple-Boyer Élise, « Environnement, écologisation du politique et territorialisations : les nouvelles politiques de l’eau (gire et pse) au Kenya », L’Espace géographique, 2/2015 (Tome 44)

Das Projekt RosesMondes (FR)

 

Léa BENOÎT, Bernard CALAS, Sylvain RACAUD (Gemischte Forschungseinheit - Afrika in der Welt)
Olivier BALLESTA und Lucie DREVET-DEMETTRE (Gemischte Forschungseinheit - Passagen)

Mitglieder der Einheit Orte des Projekts RosesMonde, Finanzierung : Nationale Forschungsagentur ANR.

aus dem Französischen übersetzt von Charlotte MUSSELWHITE-SCHWEITZER
Professeure des écoles retraitée, académie de Rennes.

 

Website : Jean-Benoît Bouron

Pour citer cette ressource :

Léa Benoît, Bernard Calas, Sylvain Racaud, Olivier Ballesta, Lucie Drevet-Demettre, Rosen aus Afrika, Rosen der Welt, La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), février 2021. Consulté le 06/12/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/civilisation/civilisation/rosen-aus-afrika-rosen-der-welt