Christoph Hein: «Willenbrock» und Frau «Frau Paula Trousseau»
Aufgewachsen in Bad Düben bei Leipzig, Christoph Hein (geboren 1944), dem als Sohn eines evangelischen Pfarrers der Besuch der weiterführenden Schule in der DDR verwehrt wurde, wurde 1958 Internatsschüler eines humanistischen Gymnasiums in Westberlin. Wegen des Mauerbaus musste er 1961 die Schule ohne Abitur verlassen, das er drei Jahre später auf einer Abendschule nachholen konnte. Nach einem Studium der Philosophie und der Logik arbeitete er als Dramaturg unter der Leitung von Benno Besson an der Berliner Volksbühne.
Seit 1979 ist er als freier Schriftsteller tätig. Den literarischen Durchbruch erlebte Hein in beiden deutschen Staaten mit der Novelle Der fremde Freund (1982), die in Westdeutschland ein Jahr später unter dem Titel Drachenblut veröffentlicht wurde. Christoph Hein wurde mehrmals ausgezeichnet (u.a. Erich Fried-Preis 1990, Schiller-Gedächtnis-Preis 2004, Uwe-Johnson-Preis 2012).
Neuester Roman: Glückskind mit Vater, Suhrkamp, Berlin, März 2016, 527 Seiten.
Christoph Hein était l'invité du Goethe-Institut de Lyon le mercredi 7 octobre 2015 pour un entretien animé par Nicole Colin, Professeur à l'Université d'Aix-Marseille, et par Joachim Umlauf, directeur de l'Institut Goethe de Lyon, au sujet de deux de ses romans, Willenbrock et Frau Paula Trousseau. La traduction était assurée par Marie Comard-Rentz, chargée de communication du Goethe-Institut.
Zu den Videos
Video 1: Biographische Betrachtungen
Dauer ca. 14 Minuten
Nach der Vorstellung der Teilnehmer werden die Romane Willenbrock (2000) und Frau Paula Trousseau (2007) kurz vorgestellt. Daraufhin kommt Christoph Hein auf wichtige Momente aus seinem Leben zurück.
Fragen, die an Christoph Hein gestellt wurden:
- Wie konnte er im Osten groß werden und trotzdem eine Schule im Westen besuchen?
- War es Zufall, dass er in Ost-Berlin geblieben ist?
- Hat er den Wechsel Anfang der Siebziger Jahre mit dem Machtantritt Honeckers für sich persönlich gespürt oder blieb es schwierig?
- Man findet in seinen Büchern wenig Verbitterung über sein eigenes Schicksal. Die Beschreibung der DDR unterscheidet sich eigentlich gar nicht so wesentlich von dem, was man aus der BRD kennt.
- Trotz der ganzen Widerstände ist es ihm gelungen, ans Theater zu kommen, zu studieren und eine künstlerische Laufbahn einzuschlagen, und er hat mit Benno Besson zusammengearbeitet.
https://video.ens-lyon.fr/eduscol-cdl/2015/2015-10-07_ALL_Hein_intro.mp4
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Video 2: Zum Roman Willenbrock
Dauer ca. 16 Minuten
Willenbrock, Suhrkamp, Berlin, 2000, 319 Seiten.
Traduction française de Nicole Bary: Willenbrock, Editions Métailié, Paris, 2001, 324 p.
Die Hauptfigur des Romans Bernd Willenbrock, der früher Ingenieur in einem DDR-Betrieb war, betreibt in Berlin in den späten neunziger Jahren erfolgreich einen Gebrauchtwagenhandel. Alles im Leben scheint ihm zu gelingen. Doch allmählich beginnen alle Sicherheiten des zivilisierten Lebens zu bröckeln: Diebstahl, Raubüberfall, Einbruch folgen aufeinander. Und Willenbrocks Antwort heißt Gewalt.
Der ausgewählte Auszug, von Herrn Hein selbst gelesen, schildert die komplizierte Beziehung Bernd Willenbrocks zu seinem Bruder Peter.
Fragen an Christoph Hein:
- Es gibt eine Reihe von Verbrechen, die den Helden Willenbrock destabilisieren. Ist das ein Kontrapunkt zur Abgeschiedenheit der DDR, zu diesem geschlossenen Klima, auf einmal diese Zeit danach, wo man sozusagen keine Sicherheit und Stabilität mehr findet?
- Hat er ein amerikanisches Motiv einsetzen wollen, indem er Willenbrock darstellt, wie er sich, angesichts der Tatsache, dass die Verbrechen seiner Meinung nach nicht bestraft werden, bewaffnet, um Gerechtigkeit zu fordern?
https://video.ens-lyon.fr/eduscol-cdl/2015/2015-10-07_ALL_Hein_Willenbrock.mp4
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Video 3: Zum Roman Frau Paula Trousseau
Dauer ca. 17 Minuten
Frau Paula Trousseau, Suhrkamp, Frankfurt am Main, 2007, 537 Seiten.
Traduction française de Nicole Bary: Paula T. une femme allemande, Editions Métailié, Paris, 2010, 432 p.
Der zweite, von Herrn Hein ausgewählte Auszug setzt ein, als die Heldin Paula endlich das Malstudium aufnehmen darf. Sie ist hochschwanger und soll in einer Malstunde als Aktmodell dienen. Dabei wird sie zum Star der Hochschule.
Fragen an Christoph Hein:
- Zitat von Alice Schwarzer: "Die Mutterschaft ist der einzige kreative Akt, den die herrschende Ideologie Frauen gestattet."
- Anders als bei Fontane und Flaubert erzählt der Roman die Geschichte einer Frau, die alle Möglichkeiten hat, ihr Leben erfolgreich zu gestalten, dennoch endet es nicht besser als in seinen literarischen Vorbildern.
- Die DDR wird oft als ein Staat dargestellt, in dem alles schrecklich war, außer der Frauenpolitik. Wie steht der Roman zu diesem Bild der DDR?
- Scheitert Paula Trousseau nicht am freien Markt, dort wo sie in der DDR eine relativ etablierte Stellung hatte?
https://video.ens-lyon.fr/eduscol-cdl/2015/2015-10-07_ALL_Hein_02.mp4
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Video 4: Fragen des Publikums
Dauer ca. 8 Minuten
Fragen des Publikums:
- Schafft man Distanz mit der Sprache, wenn man DDR-Begriffe benutzt? (Fall der österreichischen Schriftsteller, die in deutschen Verlagen veröffentlichen und die deswegen manche österreichische Wörter vermeiden.)
- Frage zur Übersetzung Heins von Racine und Molière.
- Wie ist das Motiv des weißen Bildes entstanden?
https://video.ens-lyon.fr/eduscol-cdl/2015/2015-10-07_ALL_Hein_03.mp4
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Pour citer cette ressource :
Christoph Hein, "Christoph Hein: «Willenbrock» und Frau «Frau Paula Trousseau»", La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), février 2016. Consulté le 05/11/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/litterature/litterature-contemporaine/entretiens/christoph-hein-willenbrock-und-frau-paula-trousseau