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Das Trainieren der interkulturellen Kompetenz im DaF-Unterricht anhand deutscher und französischer Werbeanzeigen

Par Nadine Rentel : Professeure de langues romanes - Westsächsische Hochschule Zwickau
Publié par mduran02 le 25/11/2010

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Das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede zwischen Sprach- und Kulturräumen wird im Kontext der Globalisierung immer bedeutender. Aus diesem Grund sollte das Vermitteln solcher Kompetenzen in einem modernen Fremdsprachenunterricht zu einem möglichst frühen Zeitpunkt auf dem Lehrplan stehen. Werbeanzeigen eignen sich in diesem Kontext in besonderem Maße für die Arbeit mit den Lernenden, da Werbekommunikation in verdichteter Form kulturelle Werte thematisiert und sich durch kulturspezifische Kommunikationsstile auszeichnet. In diesem Beitrag soll ein Unterrichtsmodell vorgestellt werden, das anhand von 5 deutsch-französischen Vergleichsanalysen, exemplifiziert wird. Die detaillierte Besprechung der Beispiele erlaubt einen sofortigen Einsatz im eigenen Unterricht ab der Niveaustufe B1.

Das Vermitteln interkultureller Kompetenzen nimmt in einem modernen fremdsprachlichen Unterricht einen immer höheren Stellenwert ein. Ganz gleich, ob die Schüler und Studierenden eine berufliche Perspektive als Lehrende oder in Unternehmen anstreben, so ist das Bewusstsein für kulturell geprägte Verhaltensnormen unabdingbar für erfolgreiches kommunikatives Handeln in einem interkulturell geprägten Umfeld. Die Vertrautheit mit solchen kulturellen Besonderheiten ist oft wichtiger als die lexikalische oder grammatikalische Korrektheit einer sprachlichen Äußerung (vgl. dazu die im Sammelband zusammengetragenen Forschungsergebnisse von Held/ Bendel, 2008).

Im vorliegenden Beitrag soll ein didaktischer Ansatz zum Trainieren der interkulturellen Handlungsfähigkeit Deutsch-Französisch vorgestellt werden, der mit Lehramtsstudierenden im zweiten Studienjahr an einer Pariser Universität erprobt worden ist. Bei der Suche nach einer für diesen Zweck geeigneten und motivierenden Vermittlungsform fiel die Wahl aus mehreren Gründen auf Anzeigen aus dem Bereich der Automobilwerbung. Werbekommunikate allgemein und Werbeanzeigen im Besonderen eignen sich aus verschiedenen Gründen für eine Didaktisierung im fremdsprachlichen Unterricht. Ein Vorteil im Vergleich zu anderen Textsorten ist der zentrale Stellenwert von Werbeanzeigen in unserer Alltagskultur (cf. Stöckl, 2004, 233), wodurch die Studierenden bereits Erfahrungen mit dem Unterrichtsgegenstand gesammelt haben und daher in der Lage sind, zum Unterrichtsgespräch beizutragen. Ein weiterer Vorteil ist die relative Kürze und Überschaubarkeit der Texte, was den Zugang für die Kursteilnehmer bereits auf niedrigen Kompetenzniveaus erleichtert. In der werblichen Kommunikation werden weiterhin kulturelle Werte einer Sprachgemeinschaft vermittelt (zur Kulturgebundenheit von Werbung vgl. Hahn, 2000, 28 ff.; Schroeder, 1994, 33; Stöckl, 2004, 244), so dass neben fremdsprachlichen Fertigkeiten das landeskundliche Wissen erweitert werden kann. Auf diese Weise werden ein Vergleich mit der eigenen Kultur und das kritische Hinterfragen von Wertvorstellungen möglich. Der Einsatz von Werbeanzeigen im Fremdsprachenunterricht erlaubt es weiterhin, unterschiedliche Fertigkeiten zu trainieren, etwa das Leseverstehen, die eigene Textredaktion und Strategien der mündlichen Präsentation. In besonderer Weise können Werbeanzeigen im Unterricht in unterschiedlichen Sozialformen eingesetzt werden; so kann beispielsweise die Analyse des Aufbaus und der Funktion einer Werbeanzeige sowie die anschließende Präsentation der Ergebnisse in Partner- oder Gruppenarbeit stattfinden. Die semiotische Komplexität durch die Sprache-Bild-Kombination (zur semiotischen Komplexität von Werbeanzeigen vgl. Bucher, 2007 und Schmitz, 2007) schließlich bietet vielfältige Ansatzpunkte für die Analyse und den Gebrauch im Unterricht. Die Kommunikationstechnik der Bildbeschreibung kann ebenso trainiert werden wie die gezielte Erweiterung des Lernerwortschatzes hinsichtlich lexikalisch komplexer Einheiten, deren Bedeutung durch den Sprache-Bild-Bezug transparent wird.

Da in Automobilanzeigen, im Vergleich zu anderen Produktkategorien, neben den rein sachlichen bzw. technischen Produktdetails Emotionen und kulturellen Wertvorstellungen ein hoher Stellenwert eingeräumt wird, fiel die Wahl auf diese Produktklasse. Potentielle Käufer dieses hochpreisigen Gebrauchsgutes identifizieren sich in der Regel stark mit dem kulturgebundenen Image einer Marke, welches sich in der Werbeanzeige auf allen Ebenen des Textes manifestiert.

Im Folgenden soll ein Unterrichtsmodell für die Arbeit mit Werbeanzeigen vorgestellt werden, wie es mit der konkreten Arbeit mit Deutschlernenden an einer französischen Universität Verwendung gefunden hat. Im Anschluss werden fünf ausgewählte Beispielanalysen detailliert dargestellt, die einen sofortigen Einsatz im eigenen Unterricht ermöglichen.

Das Unterrichtsmodell

Zu Beginn der Unterrichtseinheit werden die Studierenden in zwei Gruppen eingeteilt, wobei jede Gruppe eine Kopie des zu vergleichenden Anzeigenpaares bekommt. Im Anschluss daran werden im Plenum Wortschatz- und Grammatikfragen geklärt, bevor sich die Teilnehmenden jeder Gruppe in Partnerarbeit an die Beschreibung der deutschen bzw. französischen Werbeanzeige begeben. Im Mittelpunkt stehen dabei die Headline, der Fließtext sowie der bildliche Anzeigenteil (die Terminologie und Funktion der Anzeigenbestandteile wird in einer einführenden Sitzung erläutert). Anhand eines gemeinsam erarbeiteten Kriterienkatalogs werden die Headline und der Fließtext auf Formen der Adressatenorientierung (welche sich anhand von Imperativen, Personal- und Possessivpronomina manifestiert), auf den Gebrauch von fremdsprachlichem Wortschatz sowie auf die zentralen Werbeargumente hin überprüft. Die Argumentation wird dabei an lexikalischen Schlüsselelementen festgemacht. Zudem soll die Struktur der Headline beschrieben werden. Für den bildlichen Anzeigenteil sollen die Lernenden die darin enthaltenen visuellen Bestandteile zusammenfassen und überlegen, ob und warum sich diese als kulturspezifisch einordnen lassen. In einer sich an diese Arbeitsphase anschließende Diskussion werden die Ergebnisse zusammengetragen und festgehalten. Auf der Basis der jeweiligen Beschreibung der deutschen und der französischen Anzeige sollen die Teilnehmer im Plenum die wichtigsten Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten zwischen der deutschen und der französischen Anzeige zusammenstellen und kritisch diskutieren, ob die Gestaltung des Werbekommunikats geeignet erscheint, um auf die Zielkultur einzugehen. Die im Folgenden dargestellten Detailanalysen von 5 deutsch-französischen Anzeigenpaaren sollen lediglich als Anregung für den eigenen Unterricht dienen. Wenngleich sie sich unmittelbar einsetzen lassen, kann der Komplexitätsgrad der Analyse an das Niveau der Lerngruppe angepasst werden. In Anlehnung an das Modell ist die Erweiterung des Materialkorpus, je nach thematischer Orientierung des Unterrichts, möglich (konkrete Anregungen dazu bietet Janich, 1999), jedoch sollte dabei aus methodischen Gründen darauf geachtet werden, dass die Beispiele tatsächlich vergleichbar sind (vgl. Spillner, 1997, 119). Dies bedeutet, dass man nicht einfach zwei beliebige Automobilanzeigen einander gegenüberstellen darf, sondern dass es sich um exakt dieselbe Marke und dasselbe Modell im Deutschen und im Französischen handeln muss (zur weiterführenden Lektüre des so genannten tertium comparationis, das in der Sprachwissenschaft kontrastiven Vergleichsstudien zugrunde gelegt wird, vgl. Adamzik, 2001 und Spillner, 2005).

Beispielanalyse I

  • Le Nouvel Observateur 25.3.09, S. 129

"Le Nouvel Observateur" 25.3.09, S. 129Die Headline der französischen Anzeige (Nouvelle Seat Exeo. Faites de chaque trajet un moment extraordinaire) ist zweigliedrig konzipiert. Während im ersten Teil der Produktname mit dem Zusatz, dass es sich um ein neues Modell handelt, kommuniziert wird, wird im zweiten Teil die Fahrt im beworbenen Seal Exeo als Erlebnis herausgestellt. Sprachlich wird dies realisiert durch den Gebrauch des Imperativs faites, durch den der Adressat unmittelbar angesprochen wird.

Der Fließtext beginnt mit mehreren Imperativen (installez-vous, faites). Diese Adressatenspezifik wiederholt sich im weiteren Textverlauf und endet mit einer imperativischen Trias am Ende des Fließtextes (choisissez, allumez, faites). Durch den häufigen Gebrauch von Verben im Text entsteht eine fingierte Dialogizität, die Interaktion mit dem Rezipienten wird intensiviert. Der Fließtext vermittelt keine Informationen zu Preis- oder Verbrauchsangaben, hingegen wird das Argument des Komforts, des Luxus und der Sicherheit mehrfach herausgestrichen (agréablement installé, la quiétude, le confort, faire un beau voyage).

Im Bildteil fährt das beworbene Fahrzeug von der rechten zur linken Seite, das Nummernschild (75) weist auf eine Zulassung in Paris hin, der Hintergrund zeigt einen hochmodernen Autobahnring. Dominierend ist ein kühles, technisch anmutendes Ambiente, hervorgerufen durch die Dynamik der visuellen Darstellung und die gleißenden Lichter der anderen Fahrzeuge.

  • Der Spiegel Nr. 16/2009, S. 52

voiture-1B.jpgAuch die deutsche Headline (Jede Fahrt ein Erlebnis. Der neue Seat Exeo) ist zweigliedrig gestaltet. Im Gegensatz zur französischen Anzeige wird jedoch bereits im ersten Teil das Fahrerlebnis unterstrichen, während erst im zweiten Teil der Produktname kommuniziert wird. Bei der deutschen Headline handelt es sich um eine verblose Äußerung (Nominalphrase), wodurch der Grad an Adressatenorientiertheit erheblich reduziert wird.

Der Schwerpunkt des deutschen Fließtextes liegt auf ausgewählten Produktvorteilen und Ausstattungsdetails wie dem Fahrverhalten und der Motorisierung. Diese werden durch positiv wertende Adjektive, auch im Superlativ (modernste) hervorgehoben, Verben treten hingegen nur vereinzelt auf. Somit ist die Adressatenansprache, wie bereits für die Headline festgestellt, im Vergleich zum Französischen eher gering ausgeprägt. Am Ende des Fließtextes erfolgt der Hinweis auf eine mögliche Probefahrt unter Angabe von Kontaktdaten. Ebenso erhält der Leser detaillierte Angaben zum Kraftstoffverbrauch sowie zum Kaufpreis des Seat Exeo.

Im Bildteil zeigt die Motorhaube des beworbenen Fahrzeugs nach rechts; das Fahrzeug fährt entweder sehr langsam oder befindet sich im Stillstand. Im Hintergrund sieht der Leser eine Altstadt mit Straßenlaternen, die ein weiches, gelbliches Licht verbreiten. Das eher romantische und stressfreie Ambiente wird durch visuelle Details wie das Kopfsteinpflaster, die Straßenbahnschienen und die Fußgänger evoziert.

Beispielanalyse II

  • Le Nouvel Observateur 26.3.09, S. 213

2A_pti.jpg

Die französische Headline (Le jour où les jolies filles tomberont du ciel, je serai prêt) besteht aus einem Satz, der keinerlei Bezug auf die Modellbezeichnung oder die Produktkategorie erkennen lässt. Ohne den Bildteil wäre die Headline somit nicht verständlich. Hervorgehoben wird die Beziehung zwischen Männern und Frauen, der Bereich des Flirts. Durch den Gebrauch des Personalpronomens in der ersten Person Singular wird die Aussage personalisiert, wobei offen bleibt, ob sich das Personalpronomen je auf das abgebildete Fahrzeug oder den potentiellen Käufer und somit letztendlich auf den Anzeigenrezipienten bezieht.

Der Fließtext enthält eine detaillierte Aufzählung von Ausstattungsdetails und Produktvorteilen (Verdeck, Design, Always Open Timer, Motorisierung, Bremssystem, Umweltfreundlichkeit). Der Anglizismus wird durch einen Asterisk markiert und im unteren Anzeigenteil ins Französische übersetzt. Eine direkte Anrede des Lesers erfolgt zum Zweck der Kontaktaufnahme mit dem Händler am Ende des Fließtextes (anhand des Imperativs Rendez-vous). Die Verbrauchsangaben befinden sich klein gedruckt am Ende des Textes.

Im Bildteil der Anzeige ist ein blau lackiertes Mini Cabrio mit einem stilisiertem Nummernschild (Mini Cabrio) zu sehen; weitere visuelle Elemente werden nicht verwendet.

  • Der Spiegel Nr. 16/2009, S. 141

voiture-2B.jpgDie deutsche Headline besteht vollständig aus einem Anglizismus (State of the kart), der zudem die Äußerung State of the art durch Hinzufügen des Graphems <k> modifiziert. Dieses Wortspiel auf der formalen Ebene ist in besonderem Maße dazu geeignet, die Aufmerksamkeit des Rezipienten zu erregen und desweiteren die Merkbarkeit der Headline zu erhöhen, verweist doch das Lexem kart (Sportwagen) auf den Mini.

Im deutschen Fließtext lässt sich kein Adressatenbezug nachweisen.

Hervorheben wird das Design des Mini sowie die die technische Ausstattung, der Fahrspaß sowie die dadurch entstehende Freiheit des Besitzers.

Wie bereits in der Headline tritt ein Anglizismus auf (Gokart-Feeling), wenn das Fahrerlebnis beschrieben wird. Am Ende des Fließtextes erfolgt die Aufforderung zur Kontaktaufnahme durch die Angabe der Internetseite und den Verweis auf den Händler, eine sprachliche Adressierung des Lesers erfolgt dabei jedoch nicht. Im unteren Anzeigenteil befinden sich Zusatzinformation zum Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs.

Im Bildteil der Anzeige ist das gelb lackierte Mini Cabrio frontal aufgenommen, wodurch der Eindruck einer höheren Dynamik bzw. Aggressivität entsteht als im französischen Beleg.

Beispielanalyse III

  • Le Nouvel Observateur 10.12.2009, S. 81

Voiture-3A.jpgWie in der ersten Beispielanzeige für den Seat Exeo besteht die französische Headline aus zwei Elementen (Nouvelle Citroën C3. Le Visiodrive). Die Informationen zur Produktkategorie, zur Marke und Modellreihe werden zu Beginn angeführt, während der zentrale Produktvorteil als Substantiv im zweiten Teil genannt wird. Die Headline wird durch einen Zusatztext ergänzt, der dem Rezipienten Informationen über den geringen Kraftstoffverbrauch sowie die niedrigen CO2-Emissionen des Fahrzeugs vermittelt.

Der französische Fließtext hebt die emotionale Wirkung des beworbenen Fahrzeugs auf seinen Besitzer hervor (expérience sensorielle; les sensations de conduite; vivre l'expérience). Ein weiterer Akzent liegt auf der ästhetischen Dimension des Automobils; bei der Beschreibung seines ansprechenden Designs in Form einer Aufzählung einzelner Alleinstellungsmerkmale (design avant-gardiste, un profil athlétique, des courbes avenantes, ergonomie, confort intérieur) erfolgt ein Vergleich des Citroën mit dem menschlichen Körper, wodurch der affektiv-emotionale Aspekt erneut betont wird. Eine zentrale Rolle in der Argumentationsstrategie des Fließtextes spielt weiterhin das Herausstellen der Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs, welche bereits im der Headline nachgestellten Zusatztext thematisiert wurde (Avec une technologie au service de l'environnement [...] son moteur n'émet que 99g de CO2/ km et ne consomme que [...].).

Schließlich verweisen zwei lexikalische Einheiten auf die visuelle Dimension und damit auf die guten Sichtverhältnisse, die der Visiodrive dank seiner großen Fenster bietet (pare-brise, surface vitrée). Im Laufe des Fließtextes wendet sich der Textproduzent in zwei Fällen explizit an den Rezipienten. Diese Adressatenansprache findet sich in Form eines Personalpronomens im Rahmen der Aufforderung, sich von den Vorteilen des beworbenen Fahrzeugs selbst zu überzeugen ([...] vous invitent à vivre l'expérience) sowie als Imperativ am Ende des Textes, wenn es um die Aufforderung zu einer Probefahrt geht (Laissez-vous surprendre).

Im visuellen Anzeigentext ist der Citroën Visiodrive vor einem schwarzen Hintergrund abgebildet. Sowohl in der Front- als auch in den Seitenscheiben spiegeln sich Schönwetterwolken an einem blauen Himmel, wodurch der Gedanke an Freiheit und Abenteuer evoziert wird. Den individuellen Assoziationen des Rezipienten wird dabei jedoch ein hoher Stellenwert eingeräumt.

  • Auto, Motor, Sport Nr. 3/2010, S. 35

Voiture-3B.jpgDie deutsche Headline (Mehr sehen von der Welt) unterscheidet sich hinsichtlich ihrer Struktur, ihrer sprachlichen Gestaltung und der kommunizierten Inhalte vom französischen Vergleichstext. Der Affirmativsatz, bestehend aus einem Infinitiv mit instruktiver Funktion, gliedert sich nicht in zwei Teile wie in der französischen Anzeige, und weder die Produktkategorie, noch die Marke oder gar die Modellbezeichnung werden genannt. Mittels des Verbs sehen liegt der Fokus der Werbebotschaft auf den zahlreichen und großen Fenstern des Fahrzeugs, die dem Fahrer und den Passagieren eine außergewöhnliche und exzellente Rundumsicht ermöglichen. Auf einer zweiten, abstrakteren Interpretationsebene verweist die Headline-Aussage zudem auf den Fahrspaß und auf die Möglichkeit, mit Hilfe des Citroën neue und faszinierende Orte kennenzulernen. Ein sowohl hinsichtlich der Struktur als auch die sprachliche Form und den Inhalt betreffend mit der französischen Headline identischer Zusatztext, der sich aufgrund seiner Position in der Anzeige als Überschrift des Fließtextes klassifizieren lässt (Der neue Citroën C3. Der Visiodrive), vermittelt die fehlenden Angaben zur Fahrzeugmarke und zum Modell. Explizite Angaben zum Schadstoffausstoß und zum Kraftstoffverbrauch erfolgen, anders als in der französischen Anzeige, nicht.

Der deutsche Fließtext ist um das Wortfeld Sehen angeordnet, nimmt auf diese Weise den Aspekt des Visuellen aus der Headline auf und stellt die Vorteile und Annehmlichkeiten heraus, die sich aus den Panoramascheiben des Fahrzeugs ergeben (Windschutzscheibe, Panorama-Rundumsicht, Aussichten, Lichtblick). Zusätzlich verweisen die Textproduzenten auf Ausstattungsdetails wie das Raumangebot (Raumkonzept, kompakte Außenmasse, großzügiger Innenraum) und den Fahrspaß. Emotional geprägte Verkaufsargumente oder eine Personifizierung des Fahrzeugs wie im französischen Fließtext lassen sich in der deutschen Anzeige nicht nachweisen. Der Fokus ist somit anders gesetzt und auf sachliche Argumente hin orientiert. Ebenfalls spielt der im französischen Fließtext explizit thematisierte Umweltaspekt im deutschen Anzeigentext keine Rolle. Schließlich soll erwähnt werden, dass sich die einzige Form des expliziten Adressatenbezugs am Ende des Fließtextes befindet; in Form eines Aussagesatzes wird der Rezipient hier aufgefordert, einen Termin für eine Probefahrt zu vereinbaren (Mehr vom Citroën C3 sehen Sie bei einer Testfahrt oder schon ab € 12.700).

Bei der Beschreibung des Bildteils der deutschen Anzeige fallen im Vergleich zum Französischen deutliche Unterschiede in der Wahl der visuellen Schlüsselelemente auf. Zunächst steht auch im deutschen Beleg das beworbene Fahrzeug im Mittelpunkt, das vor einem schwarzen Hintergrund abgebildet ist. Während sich in der französischen Anzeige aber Wolken in den Scheiben wiederspiegeln, sieht der Leser in der deutschen Anzeige die bunte Silhouette des Eiffelturms in der Windschutzscheibe und typisch französische Bürgerhäuser, wie man sie am Seine-Ufer der Innenstadt findet, in den Seitenscheiben. Aus dieser Tatsache lässt sich der Schluss ziehen, dass die deutschen Textproduzenten im visuellen Anzeigenteil gezielt nationale Symbole und Stereotype Frankreichs aktivieren, um das französische Automobil auf dem deutschen Markt zu bewerben. Der Eiffelturm steht dabei als Sinnbild für Frankreich und als Symbol für die in Deutschland mit dem Nachbarland, insbesondere mit der Hauptstadt Paris assoziierte Idee der Romantik und des unbeschwerten Alltagslebens in Frankreich. Diese Assoziationen sollen vom Rezipienten auf das beworbene Fahrzeug übertragen werden. Würden diese nationalen Symbole in der französischen Anzeige verwendet, würde dies vermutlich lächerlich wirken, da der Eiffelturm bzw. die Referenz auf die französische Hauptstadt bei einem Franzosen völlig andere Assoziationen hervorrufen als bei einem deutschen Rezipienten. Eine (nicht repräsentative) Umfrage unter den Kursteilnehmern bestätigt diese Vermutung. Die Studierenden gaben an, dass die meisten Franzosen, die aus beruflichen Gründen gezwungen sind, in Paris zu leben, das Image der Stadt wegen des dichten Verkehrs, der hohen Preise, der Wohnungsnot und der Enge als eher negativ bewerten

Beispielanalyse IV

  • Le Nouvel Observateur 19.11.2009, S. 7/8

Voiture-4A.jpg Die Headline der französischen Anzeige besteht aus einem einzigen Aussagenteil und enthält keinerlei Informationen hinsichtlich der Produktkategorie oder der Marke (La joie a toujours la permission de minuit). Als zentrale lexikalische Einheit kann das Substantiv la joie und damit der Verweis auf den Fahrspaß im Kontext einer Automobilwerbung bezeichnet werden. Die für das Anzeigenverständnis erforderlichen weiteren Informationen muss der Rezipient sich jedoch aus den übrigen Anzeigentexten erschließen.

Das lexikalische Schlüsselelement joie wird im französischen Fließtext insgesamt fünf Mal wiederaufgenommen und dabei personifiziert. Durch Aussagen wie La joie n'aime pas faire comme tout le monde. La joie, elle, préfère continuer. La joie aime les aventures. La joie a l'esprit grand ouvert werden la joie menschliche Empfindungen und Verhaltensweisen zugeschrieben. So werden im weiteren Textverlauf keine sachlichen Produktvorteile hervorgehoben; stattdessen spielen Gefühle, Abenteuer und Romantik eine entscheidende Rolle, wenn der zukünftige Fahrer des BMW aufgefordert wird, in seinem Fahrzeug unbekannte Stadtviertel zu entdecken und sich Aktivitäten wie dem Zelten in freier Natur und dem Beobachten des nächtlichen Sternenhimmels hinzugeben (Partir sur un coup de tête à la découverte d'un quartier encore inconnu, ou même partir un soir à la conquête des étoiles, le coffre chargé d'un télescope et de sacs de couchage).

Die Kohärenz zwischen den Aussagen der beiden verbalen Anzeigentexte und dem visuellen Teil wird durch die Abbildung des BMW X1 bei Nacht geschaffen, der durch ein beleuchtetes Hafengebiet fährt. Im Autolack spiegeln sich das Mondlicht sowie die Lichter der erleuchteten Stadt im Hintergrund; zusätzlich spiegeln sich diese auf dem regennassen Asphalt.

  • Der Spiegel Nr. 44/2009, S. 85

Voiture-4B.jpgAuch die deutsche Headline besteht lediglich aus einem Teil (Freude ist der schönste Start in den Tag) und vermittelt keine produktrelevanten Informationen. Die Tatsache, dass es sich um eine Werbung für einen BMW handelt, könnte bei Bekanntheit des Slogans der BMW-Gruppe (Aus Freude am Fahren) vom Rezipienten erschlossen werden; dazu müsste dieser jedoch wissen, dass es sich um eine Anzeige aus dem Automobilbereich handelt. Wie im französischen Text auch müssen die fehlenden Informationen durch die weiteren Anzeigentexte ergänzt werden. Der augenfälligste Unterschied zwischen der deutschen und der französischen Headline ist die semantische Opposition zwischen dem Tag und der Nacht (minuit). Dieser Kontrast findet sich auch im Bildteil der Anzeige wieder. Während das Lexem minuit in der französischen Headline die Assoziation an nächtliche Abenteuer weckt, evoziert der Tag im Deutschen den Gedanken an den Start in einen erfolgreichen Arbeitstag.

Im deutschen Fließtext liegt der Schwerpunkt auf dem Herausstellen technischer Produktdetails wie des Raumangebots, der Motorisierung oder der Umweltfreundlichkeit. Textuelle Kohäsion wird durch den Gebrauch von Elementen des Wortfelds Freude geschaffen, das bereits in der Headline enthalten ist (Freude/Fahrfreude/Vorfreude). Die Repetition des lexikalischen Schlüsselelements joie konnte auch im französischen Fließtext beobachtet werden, jedoch wird an dieser Stelle ein sprachsystematischer Unterschied zwischen den beiden Einzelsprachen deutlich: Während die Kompositabildung ein äußerst produktives Verfahren der Wortbildung im Deutschen darstellt, ist dieses morphologische Verfahren im Französischen, das auf andere Strategien zurückgreift, seltener. Das erklärt, weshalb sich der französische Fließtext durch ein mehrfaches Auftreten des Basislexems la joie auszeichnet und Paraphrasen sowie Explikationen hinzugefügt werden, die den semantischen Gehalt modifizieren. Abschließend sei bemerkt, dass sich der französische Fließtext durch einen hohen Personalisierungsgrad auszeichnet, wohingegen sich im deutschen Text lediglich eine explizite Rezipientenansprache finden lässt (Mehr bei Ihrem BMW-Partner).

Der bereits erwähnte Kontrast zwischen Tag in der deutschen und Nacht in der französischen Anzeige spiegelt sich im visuellen Anzeigenteil wieder. Während im deutschen Beleg das Sonnenlicht auf dem Autolack reflektiert und die bildliche Darstellung sich durch Dynamik auszeichnet, die den Gedanken an den Beginn eines arbeitsreichen Tages hervorruft, stehen im Französischen, wie beschrieben, andere Inhalte im Vordergrund.

Beispielanalyse V

  • Le Nouvel Observateur 11/2009, S. 7/8

5A_pti.jpg Die französische Headline (Il y a des lignes qui se passent des mots) besteht aus einem Aussagesatz ohne Adressatenbezug und ohne einen Hinweis auf die Produktkategorie. Inhaltlich ist die französische Headline auf das Design des Audi A5 fokussiert. In einer Subheadline erhält der Rezipient die nötigen Informationen zur Fahrzeugmarke und zum Modell (Audi A5 Sportback. Jamais l'utile n'a été aussi désirable). Dieser Zusatztext stellt heraus, dass als objektiv einzustufende Produktvorteile (l'utile) Emotionen und das Verlangen, das Fahrzeug zu besitzen (désirable) einander nicht ausschließen. Der Fließtext entwickelt die Idee der Vereinbarkeit von Fahrzeugdesign und Ästhetik einerseits und technischer Performanz andererseits, die der Audi A5 Sportback bietet, weiter (combiner design et fonctionnalité). Die antithetische Konstruktion Vu de l'extérieur, les proportions d'un coupé. A l'intérieur, l'espace d'une Avant verstärkt das zentrale Werbeargument, dass auf den ersten Blick gegensätzlich erscheinende Produktvorteile wie der hedonistische Fahrspaß und ansprechendes Design mit eher grundständigen Eigenschaften von Fahrzeugen wie Raumangebot, Komfort und Funktionalität in einem einzigen Automobil vereint werden. Eine wichtige Rolle spielt weiterhin die emotionale Wirkung des beworbenen Fahrzeugs auf seinen Besitzer. Im bildlichen Anzeigenteil sieht der Rezipient den Audi A5 von der Seite, abgestellt vor einem modernen Bürogebäude. Vor der Motorhaube ist der Schatten einer Person zu erkennen.  

  • Auto, Motor und Sport 19/2009, S. 6/7

5B_pti.jpg Die deutsche Headline (Sie werden seine Fahrdynamik schätzen. Ein Blick genügt) weist durch das Personalpronomen Sie, in diesem Fall entgegengesetzt zum französischen Vergleichstext, eine direkte Adressatenansprache auf. Die Referenz des Possessivums seine findet seine Auflösung im visuellen Teil, da es auf den abgebildeten Audi A5 rekurriert. Auf diese Weise werden innerhalb der Anzeige durch das Zusammenspiel von sprachlichen und bildlichen Elementen Kohäsion und Kohärenz geschaffen und so die Textbedeutung konstituiert. Ohne dieses Zusammenspiel der beiden semiotischen Modi würde nicht deutlich, welche Fahrzeugmarke beworben wird; einzig das Substantiv Fahrdynamik gibt einen Hinweis darauf, dass es sich um die Produktkategorie der Automobile handelt. Das zentrale Verkaufsargument ist im Lexem Fahrdynamik konzentriert. Es ist somit ein technisches Argument, das in der deutschen Headline, im Gegensatz zur französischen Headline, die auf das Fahrzeugdesign abhebt, im Vordergrund steht. Eine der Headline nachgestellte Subheadline bzw. ein Zusatztext benennt Marke und Modell und stellt das Fahrzeugdesign heraus (Der Audi A5 Sportback. Die Kraft des klaren Designs). Die Kombination der lexikalischen Einheiten Fahrdynamik und Design unterstreicht die Tatsache, dass Spitzentechnologie und Ingenieurskunst einerseits und Design bzw. Ästhetik andererseits im Audi A5 Sportback auf überzeugende Weise miteinander vereint werden.

Der deutsche Fließtext nimmt genau diese Argumentation wieder auf, indem im Detail die Vorteile des Audi A5, Design und Emotionen auf der einen und Funktionalität auf der anderen Seite, diskutiert werden (Emotionales Design und Funktionalität hervorragend miteinander zu verknüpfen; Steigerung der Fahrdynamik, die seinem Design absolut ebenbürtig ist). Hier ähneln sich die beiden Vergleichstexte in ihrer inhaltlichen Fokussierung. Am Ende des deutschen Fließtextes wird der Rezipient unmittelbar angesprochen (Aber das haben Sie vermutlich gleich gesehen) und als Experte dargestellt, der sich mit Automobilen im Allgemeinen und insbesondere mit der Marke Audi bestens auskennt und daher nicht auf weitere Erklärungen seitens der Textproduzenten angewiesen ist.

Im bildlichen Anzeigentext befindet sich der Audi A5 in voller Fahrt vom rechten zum linken Anzeigenrand. Im Hintergrund befinden sich zwei moderne Bürotürme. Diese visuell hervorgerufene Dynamik lässt das Fahrzeug im Vergleich zum französischen Bildteil aggressiver erscheinen; zudem wirkt die Darstellung ohne den menschlichen Schattenwurf technikorientierter bzw. weniger persönlich.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Diskussion der im universitären DaF-Unterricht verwendeten Beispiele macht deutlich, dass sich deutsche und französische Werbeanzeigen aus dem Bereich der Automobilwerbung auf mehreren Ebenen durch kulturelle Unterschiede auszeichnen, die im Fremdsprachenunterricht an Schulen und Universitäten in unterschiedlicher Analysetiefe als Grundlage dafür dienen können, bei den Lernenden ein interkulturelles Bewusstsein zu schaffen. In der Regel kann ein Werbekonzept nicht einfach von einer Ausgangs- auf eine Zielkultur übertragen werden kann, ohne den kulturspezifischen Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen. Trotz des weltweit zu verzeichnenden Globalisierungsprozesses orientieren sich die Konsumenten heute verstärkt hin zu ihren nationalen, sprachlichen und kulturellen Identitäten.

Hochentwickelte Transport- und Informationsnetze haben aus der Welt zwar ein global village gemacht, aber dennoch bleiben tiefe Differenzen. Nach wie vor bestimmen auch in der Europäischen Union kulturelle Traditionen und Bindungen, und damit Unterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten, das alltägliche Leben und überwiegen gegenüber der ökonomisch-technischen Standardisierung. (Hahn, 2000, 23)

Wenn (Werbe-)kommunikation im interkulturellen Kontext gelingen soll, so gilt es, die kulturell geprägten Erwartungen des Kommunikationspartners bei der Konzeption von Aussagen zu berücksichtigen. In Werbetexten, die in besonderem Maße kulturelle Vorstellungen und Werte thematisieren, lässt sich die kulturelle Bedingtheit der Botschaften in verdichteter Form finden, weshalb sich die Texte gut für den Einsatz im Fremdsprachenunterricht eignen. An dieser Stelle sei jedoch darauf verwiesen, dass es sich bei der kulturspezifischen Gestaltung von Werbetexten stets um Tendenzen und um graduelle Unterschiede handelt. Es ist m.E. schwierig, wenn nicht unmöglich, einen kommunikativen Stil ausschließlich einer Einzelsprache bzw. -kultur zuzuweisen.

Drei ausgewählte und besonders auffällige Unterschiede zwischen dem Deutschen und dem Französischen, wie sie im Unterricht erarbeitet wurden, sollen hier kurz zusammengefasst werden. Der Katalog an Analysekriterien erhebt dabei keinen Anspruch auf Vollständigkeit und kann von der Lehrperson modifiziert werden. Ein erster Punkt betrifft die Strukturierung der zweigliedrigen Headlines, die im Deutschen und im Französischen die Informationen diametral entgegengesetzt anordnen. Während in den deutschen Headlines die zentrale Werbebotschaft im ersten Teil angeführt wird, gefolgt von Angaben zum Produkt, zur Marke oder zum Modell, stehen diese Basisinformationen im Französischen zu Beginn der Headline. Die Werbebotschaft werden diesen nachgestellt (vgl. dazu die Ergebnisse von Hahn, 2000, 161).

Hinsichtlich der in der Headline und im Fließtext angeführten Verkaufsargumente scheint es so, dass die deutschen Werbeanzeigen tendenziell die technische Performanz des Fahrzeugs in den Vordergrund stellen, während die französischen Texte auf Emotionen, Design und Ästhetik abheben (vgl. dazu die Ergebnisse von Payen, 1990, 37). Dies gilt in besonderem Maße für die Fließtexte, die in den deutschen Anzeigen häufig länger sind als im Französischen und eine höhere Anzahl technischer Details anführen. Das Argument der Umweltfreundlichkeit, konkretisiert durch Angaben zum Kraftstoffverbrauch sowie zum Schadstoffausstoß, nimmt hingegen in den französischen Anzeigen einen höheren Stellenwert ein.

Ein weiterer kultureller Unterschied betrifft die Häufigkeit und Intensität der direkten Ansprache des Rezipienten. In vielen Fällen sind es gerade die französischen Headlines oder Fließtexte, die sich mittels Imperativen, Personal- oder Possessivpronomen gezielt an den Rezipienten wenden. Hahn kommt in seiner deutsch-französischen Kontraststudie aus dem Jahr 2000 zur sprachlichen Interaktion zwischen Textproduzent und -rezipient in der Werbekommunikation zu ähnlichen Ergebnissen. Er weist dem deutschen Kommunikationsstil einen instrumentellen Charakter zu, wohingegen die französische Kommunikationsstrategie auf Emotionen und Affektivität basiere, da die Textproduzenten bemüht seien, die Nachricht durch einen regelmäßigen Bezug auf den Leser zu personalisieren (vgl. Hahn, 2000, 32). In einigen der hier besprochenen Beispiele trifft diese Einschätzung zu, jedoch sei darauf hingewiesen, dass bei solch generalisierenden, teilweise auch stereotypisierenden Aussagen Vorsicht geboten ist. In anderen Vergleichsanzeigen ist es nämlich der Fall, dass gerade das Deutsche besonders adressatenorientiert kommuniziert. So geht Schroeder m.E. zu weit, wenn er, in Bezug auf den Kommunikationsstil in Werbeanzeigen in unterschiedlichen Kulturen, von zwei völlig gegensätzlichen kommunikativen Stilen im Deutschen und im Französischen spricht (Schroeder, 1994, 33).

Als letzter Punkt sei noch der Gebrauch fremdsprachlichen Wortschatzes in deutschen und französischen Werbeanzeigen erwähnt. Anglizismen treten in der deutschen Automobilwerbung vergleichsweise häufig auf, insbesondere, wenn es um technische Ausstattungsdetails geht. In den französischen Anzeigen hingegen werden fremdsprachliche Einflüsse aufgrund der Sprachgesetzgebung vermieden bzw. tritt ein englisches Wort auf, so wird dieses ins Französische übersetzt.

Abschließend soll die Frage beantwortet werden, welchen Nutzen, abgesehen vom Einsatz im Fremdsprachenunterricht, der Vergleich von Werbeanzeigen in unterschiedlichen Sprachen und Kulturen haben kann. Aus der Perspektive der Angewandten Linguistik können die Ergebnisse solcher Kontraststudien von Werbeagenturen genutzt werden, die mit der Konzeption und Gestaltung einer Werbekampagne beauftragt sind. Die Resultate aus der empirischen Forschung können einen Beitrag zur Textoptimierung im Bereich der interkulturellen Kommunikation leisten (vgl. Stöckl, 2004, 233 ff.), da sie als Entscheidungsgrundlage für die Wahl einer angemessen kommunikativen Strategie dienen können. So kann die effizienteste Art der Rezipientenansprache in einer Zielsprache bzw. -kultur gewährleistet werden (vgl. Kittel, 2004, 272). Deutschlernenden an Universitäten, deren Berufsperspektive nicht der Lehrerberuf ist, sondern die in internationalen Wirtschaftsunternehmen oder vielleicht in Werbe- und PR-Agenturen tätig werden, zeigt der Vergleich des Werbediskurses in den beiden Ländern somit Fallstricke, aber auch Potentiale in der interkulturellen Kommunikation zwischen Deutschen und Franzosen auf.

Literaturangaben

Adamzik, Kirsten: "Grundfragen einer kontrastiven Textologie", in: Kirsten Adamzik/Roger Gaberell/Gottfried Kolde (dir.): Kontrastive Textologie. Untersuchungen zur deutschen und französischen Sprach- und Literaturwissenschaft. Tübingen: Stauffenburg, 2001, S. 15-32.

Bucher, Hans-Jürgen: "Textdesign und Multimodalität. Zur Semantik und Pragmatik medialer Gestaltungsformen", in: Sven Kersten Roth/Jürgen Spitzmüller (dir.): Text design und Textwirkung in der massenmedialen Kommunikation. Konstanz: Uvk, 2007, S. 49-77.

Hahn, Stephan: Werbediskurs im interkulturellen Kontext. Semiotische Strategien bei der Adaption deutscher und französischer Werbeanzeigen. Wilhelmsfeld: Egert-Verlag, 2000.

Held, Gudrun/Bendel, Sylvia (dir.): Werbung - grenzenlos. Multimodale Werbetexte im interkulturellen Vergleich. Frankfurt/Main u.a.: Peter Lang, 2008.

Janich, Nina: Werbesprache. Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Narr, 1999.

Kittel, Harald (dir.): Übersetzung. Translation. Traduction. Ein internationales Handbuch zur Übersetzungsforschung. Berlin: de Gruyter, 2004.

Lüger, Heinz-Helmut/Lenk, Hartmut E. H.: "Kontrastive Medienlinguistik. Ansätze, Ziele, Analysen", in: Heinz-Helmut Lüger/Hartmut E.H. Lenk (dir.): Kontrastive Medienlinguistik. Landauer Schriften zur Kommunikations- und Kulturwissenschaft. Landau: Verlag Empirische Pädagogik, 2008, S. 11-28.

Payen, Gabriele: Adaptationen in der Werbesprache. Dissertation: Universität Zürich, 1990.

Rentel, Nadine: Bild und Sprache in der Werbung. Die formale und inhaltliche Konnexion von verbalem und visuellem Teiltext in der französischen Anzeigenwerbung der Gegenwart. Frankfurt/Main: Peter Lang, 2005.

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Pour citer cette ressource :

Nadine Rentel, Das Trainieren der interkulturellen Kompetenz im DaF-Unterricht anhand deutscher und französischer Werbeanzeigen, La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), novembre 2010. Consulté le 14/11/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/langue/linguistique-et-didactique/das-trainieren-der-interkulturellen-kompetenz-im-daf-unterricht-anhand-deutscher-und-franzosischer-werbeanzeigen