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Reiseprospekte als Werbetexte

Par Heike Baldauf-Quilliatre : Maître de conférences - Université Lumière Lyon 2
Publié par mduran02 le 03/10/2010

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In diesem Artikel wird die Textsorte "Reiseprospekt" näher vorgestellt. Sie wird als besondere Art von Werbekommunikation verstanden und zunächst auch unter diesem Aspekt untersucht. Im zweiten Teil werden die einzelnen Teiltexte (sprachliche Texte und Bildtexte) analysiert und einige ihrer Verknüpfungen beschrieben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Untersuchung der Beschreibung der einzelnen Reisen, die mit der Präsentation der jeweiligen Reiseregion den Kernbereich des Textes darstellen. Ein letzter Teil widmet sich noch einmal den verschiedenen Arten von Bildern und versucht, einige Besonderheiten ihrer Verwendung in dieser Textsorte aufzuzeigen.

Einführung

Reiseprospekte bzw. -kataloge sind - auch - Werbekommunikation, genauer gesagt Wirtschaftswerbung; geworben wird für eine Dienstleistung. So vielfältig die Untersuchungen von Werbetexten auch sind, Reiseprospekte gehörten bis jetzt jedoch kaum dazu (Ausnahmen sind etwa Baldauf-Quilliatre 2009 und Gansel 2008). Daher möchte ich im Folgenden versuchen diese Textsorte etwas genauer zu beschreiben. In einem ersten Teil sollen Reiseprospekte als besondere Art von Werbetexten untersucht werden (Abschnitt 1). Anschließend möchte ich die Textsorte Reiseprospekt anhand der Analyse von vier Prospekten für klassische Studienreisen näher beschreiben und dabei vor allem auf die beiden wesentlichen Teile des Kernbereichs eingehen (Abschnitt 2.1 und 2.2). Reiseprospekte sind Sprache-Bild-Texte. In einem letzten Teil sollen daher einige Besonderheiten der Funktionen der Verwendung von Bildern in den unterschiedlichen Teiltexten aufgeführt und untersucht werden (Abschnitt 3).

Reisen kann man auf verschiedene Art und so sind auch die Veranstalter (und damit die Prospekte) auf verschiedene Formen von Reisen spezialisiert: entsprechend des primären Transportmittels (Busreisen, Schiffsreisen), der primären Aktivität (Badereisen, Studienreisen, Wanderreisen) oder des Reiseziels (Fernreisen, Städtereisen). Die folgenden Überlegungen beschränken sich vor allem auf die so genannten klassischen Studienreisen, bei denen der Besucher in erster Linie an den kulturellen und landschaftlichen Sehenswürdigkeiten einer Region interessiert ist.

Reiseprospekte sind eng verbunden mit anderen Werbetexten des Reiseveranstalters: Dieser kann etwa durch Plakate, Anzeigen, Banner o.ä. an seine Existenz erinnern (Erhaltungs- oder Erinnerungswerbung) oder versuchen, sich auf dem Markt zu behaupten (Stabilisierungswerbung). Parallel dazu stellt er in der Regel jedes Jahr sein (mehr oder weniger neues) Programm vor (Einführungswerbung). Diese Vorstellung erfolgt sowohl im Rahmen des Reiseprospekts, der hier in erster Linie interessieren soll, als auch auf der Internet-Homepage des Unternehmens (zumindest ist dies immer öfter der Fall). Zusätzlich werden teilweise zu Beginn jeder Saison kleinere Prospekte mit Sonderangeboten, zusätzlichen Informationen u.Ä. verteilt, die das Produkt noch einmal in Erinnerung rufen sollen (Erinnerungswerbung) (vgl. Janich 2003, 18-29).

Wie andere Werbetexte auch haben Reiseprospekte keine homogene Leser- bzw. Zielgruppe. Neben denjenigen, die schon im Voraus als Kunden gewonnen sind (weil sie den Veranstalter kennen und schätzen), gibt es die Unentschlossenen, die den Veranstalter zwar kennen, sich für ihn aber nur als eine Möglichkeit unter vielen interessieren oder diejenigen, denen nur der "Name" (also das "Image") bekannt ist, wenn überhaupt. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass die Leser bereits in gewisser Weise interessiert sind, dass also nicht mehr um ihre Aufmerksamkeit geworben werden muss (siehe dazu auch unten).

Reiseprospekte stellen zudem eine besondere Art von Werbekommunikation dar, da sie a) für mehrere Produkte/Dienstleistungen gleichzeitig werben, b) die beworbenen Produkte/Dienstleistungen nur bedingt neu sind und c) Texthandlungen zu finden sind, die nicht prototypisch für Werbetextsorten sind.

1. Reiseprospekte - eine besondere Art von Werbekommunikation

Betrachten wir diese Besonderheiten im Folgenden etwas genauer: Anzeigen, Werbespots oder andere Werbetextsorten werben in der Regel für ein Produkt oder eventuell eine Produktreihe (sofern es sich um eine Produktwerbung handelt). Bei den hier untersuchten Reiseprospekten ist die Sache jedoch etwas komplizierter. Es handelt sich eher um eine Art Katalog, in dem ein bestimmtes Angebot präsentiert wird, aus dem der Kunde auswählen kann (und soll). Die einzelnen Produkte, in unserem Fall die Reisen, treten nur bedingt in Konkurrenz zueinander. Solange der Kunde aus dem Angebot auswählt, ist das Ziel des Veranstalters erreicht. Allerdings kann man sicher nicht davon ausgehen, dass der Kunde die Kaufentscheidung einzig mit Hilfe des Reiseprospekts trifft, wie das etwa im Versandhandel üblich ist, zumindest nicht bei dieser Art von Reisen. Er trifft wohl eher eine Vorentscheidung, die im Reisebüro präzisiert und auch geändert werden kann. Das Produkt Reise kann zudem weder in Augenschein genommen, noch bei Nichtgefallen zurückgegeben werden, da es sich um eine Art Dienstleistung handelt. Trotz dieser Besonderheiten weisen Reiseprospekte viele Gemeinsamkeiten mit Katalogen auf, nicht nur hinsichtlich der Funktion, sondern auch der Form: So werden in beiden Fällen verschiedene Textmuster verknüpft (siehe etwa Fix 1999), etwa eine Art Editorial, ein Kalender, Informationen zu Land bzw. Region, Reiseverlauf usw. In beiden Fällen gibt es einen Kern mit der Präsentation der einzelnen Produkte bzw. Reisen und einen peripheren Teil mit allgemeinen Informationen und Hinweisen.

Wie der Katalog ist auch der Reiseprospekt zum einen Imagewerbung für den Veranstalter. Primäres Ziel ist es, den Veranstalter bekannt zu machen bzw. wieder in Erinnerung zu rufen und ihn aufzuwerten. Der Veranstalter konkurriert mit anderen Veranstaltern der gleichen Sparte. Zum anderen werden verschiedene Produkte/Reisen vorgestellt, aus denen der Kunde mindestens eine(s) auswählen soll, d.h. es wird in gewissem Sinne Produktwerbung betrieben. Man informiert über diese Produkte/Reisen, bewertet sie, liefert Argumente für deren Erwerb etc. Auch wenn der Kunde aus diesen Produkten auswählen soll, wird doch kaum eine Konkurrenz aufgebaut. Ganz im Gegenteil: Jedes Produkt/jede Reise zielt auf eine ganz bestimmte Kundengruppe. Diese beiden Seiten zeigen sich ganz deutlich in der Gestaltung des Reiseprospekts. So weisen zum Beispiel Papierqualität, Qualität der Fotografien, das "Motto" des Veranstalters (intensiverleben bei Studiosus) oder dessen Eigenpräsentation (etwa übertitelt: In besten Händen bei Studiosus) auf die Selbstdarstellung des Veranstalters hin. Gleichzeitig wird viel Sorgfalt auf eine möglichst detaillierte Präsentation der einzelnen Reisen verwendet. Man informiert den Kunden über Allgemeines und Details (Art der Reise, Highlights, Reiseverlauf, Termine, Hotels etc.), allgemeine Informationen, etwa zu Land/Region oder zu den Kaufbedingungen (etwa Rücktrittversicherung) werden in den peripheren Teil ausgelagert. Jede Reise erfährt dabei auch immer eine (positive) Bewertung, ohne dass damit jedoch eine implizite Abwertung einer anderen Reise des gleichen Veranstalters verbunden wäre. Alle Informationen und Bewertungen dienen natürlich in erster Linie als Argumente für den Kauf. Die Veranstalter argumentieren sowohl produktbezogen (z.B. indem sie sich auf den Markt beziehen und Preise und dafür gebotene Leistungen nennen), als auch senderbezogen (z.B. indem sie auf ihre Erfahrung als Reiseveranstalter und ihre selbst auferlegten Qualitätstests verweisen) oder empfängerbezogen (indem sie die Reiseregion/das -land mit positiven Werten wie Erholung, Exotik, etwas Erleben etc. verbinden und es so emotional aufwerten).

Wie Kataloge auch, sind Reiseprospekte keine einmaligen Werbeaktionen, sondern erscheinen regelmäßig (bei den hier untersuchten Prospekten einmal pro Jahr) und immer wieder in derselben Form. Dabei sind die Informationen nur bedingt neu. Häufig werden die gleichen Reisen mehrere Jahre lang angeboten; was sich ändert, sind die Reisedaten, der Reiseleiter und eventuell einige weitere "Details". Dies ermöglicht es, bis zu einem gewissen Grad Reiseprospekte auch längerfristig im Voraus zu konsultieren. Dennoch handelt es sich hier nicht um Erinnerungswerbung: Der Reiseprospekt wird, ebenso wie der Katalog, jedes Jahr neu konzipiert, ob eine Reise in der gleichen Form oder mit leichten Abwandlungen übernommen wird, kann der potenzielle Kunde nicht wissen und selbst minimale Veränderungen können von großer Bedeutung sein. So spielen etwa die Reisedaten eine wesentliche Rolle, ebenso wie der Preis, der variieren kann oder die aktuelle Lage in der Reiseregion. Dennoch scheint mir diese Besonderheit der Kataloge/Reiseprospekte wichtig, in Hinblick auf die Zielgruppe ebenso wie auf die Rezeption des Textes. Reiseprospekte (zumindest der Art, die hier interessiert) richten sich, wie bereits erwähnt, an Personen, die "ein subjektives Interesse am Beworbenen haben" (Janich 2003, 25). Es handelt sich um High-Involvement-Werbung (ebd.), auch wenn die von Janich beschriebenen Merkmale von High-Involvement-Anzeigen nur bedingt zutreffen. Dies zeigt sich bereits in der Verteilung. Die Reiseprospekte der Studienreiseveranstalter werden in der Regel nur an Kunden automatisch verschickt, die bereits an einer Reise teilgenommen haben und damit in der Kundendatei gespeichert sind. Ein "Erstkunde" muss in der Regel selbst Kontakt mit dem Veranstalter aufnehmen oder den Weg in ein Reisebüro suchen. Insofern kann der Veranstalter von einem generellen Interesse des Lesers ausgehen. Dieser nutzt die Prospekte zur Information, sei sie allgemeiner (Welche Reisen werden angeboten? Zu welchem Preis?) oder spezieller Art (Findet Reise X zu einem mir genehmen Zeitpunkt statt? Welchen Service erhalte ich für den Preis?). Für den "Erst- oder Neukunden" sind alle angebotenen Produkte unbekannt. Andere mögen Wiederholungen finden. Das ist aber insofern nicht problematisch, als der Leser/Kunde sich dessen bewusst ist, ja diese unter Umständen sogar erwartet. Er kann dadurch Reisen bis zu einem gewissen Grad länger vorausplanen. Reiseprospekte lassen sich somit nicht nur als im Augenblick gültige Katalogtexte lesen, sondern auch als länger gültige Information, welche Reisen es in eine bestimmte Region gibt, was als sehenswert gilt, mit welchem Preis man rechnen muss usw. Selbst wenn in den darauffolgenden Jahren nicht mehr die genau gleiche Reise angeboten wird, gibt es doch oft ähnliche Produkte. Durch die Wiederholung kann der Reiseprospekt auch nach dem Kauf des Produkts noch interessant sein. Im Gegensatz zu anderen Produkten oder Dienstleistungen findet bei Reisen eine Art "Nachverbrennung" statt: Man versucht mit unterschiedlichen kommunikativen Mitteln, die Reise zu verarbeiten und damit auch die Erinnerung wachzuhalten. Der Katalog- oder Prospekttext kann zum Mittel der "Verarbeitung" der Reise werden, wenn nämlich die Beschreibung der absolvierten Reise in einem späteren Prospekt neu gelesen wird, um Erinnerungen aufzufrischen. Reiseprospekte sind daher langlebiger als andere Werbetexte und auch langlebiger als Kataloge. Sie sind nicht nur im Moment aktuell, sondern für einen längeren Zeitraum und sie zu konsultieren kann auch im Voraus und im Nachhinein sinnvoll sein.

Diese Besonderheit der Reiseprospekte zeigt sich auch, wenn man versucht, das Textmuster genauer zu betrachten. Die für Produktwerbung als dominierend beschriebenen Texthandlungen oder Textillokutionen wie INFORMIEREN und ZUM KAUF BEWEGEN WOLLEN sind sicher auch hier bedeutend, aber gleichbedeutend sind ebenso die positive Selbstdarstellung des Veranstalters (prototypisch für Imagewerbung) oder Sprachhandlungen, die eher untypisch sind für Werbetexte wie RATEN oder sogar WARNEN. Auch in der Textlokution, d.h. den konventionellen sprachlichen Mitteln der Textsorte (siehe dazu Fix/Poethe/Yos 2001, 24-26), findet sich für Werbetexte Untypisches. So sind die Reiseprospekte für Werbetexte ungewöhnlich lang. Allein der Beschreibung einer einzelnen Reise wird eine Doppelseite gewidmet, nicht zu reden von den zusätzlichen, zum Teil mehrseitigen praktischen Informationen zur Reiseregion und den im peripheren Teil enthaltenen allgemeinen Hinweisen zu Buchung, Anreise, Versicherungen u.Ä.. Auch findet sich ungewöhnlich viel Sprachtext. Dies mag zwar in anderen Werbetexten vereinzelt als Mittel eingesetzt werden, um Aufmerksamkeit zu erregen und/oder eine bestimmte soziale Zielgruppe anzusprechen (siehe etwa die Untersuchung von Stöckl (2003) zur Sektwerbung), ist bei Reiseprospekten aber systematisch der Fall und daher prototypisch: Der Veranstalter kann davon ausgehen, dass der Leser bereit ist, dem Text seine Aufmerksamkeit für längere Zeit zuzuwenden. Teiltexte wie die Allgemeinen Reisebedingungen mögen sicher dazu dienen, den Leser zu INFORMIEREN, allerdings betreffen diese Informationen die Reise nur am Rande, sie WEISEN auf die Rechte und Pflichten des Veranstalters und des Lesers/Kunden HIN, sollte sich dieser zum Kauf einer Reise entscheiden. Aber auch innerhalb des Kerntextes, der Vorstellung der Reise, sind Texthandlungen obligatorisch, die nicht auf einen Werbetext deuten. So STELLT der Veranstalter etwa FORDERUNGEN AUF (Reisepass erforderlich) oder DETAILLIERT sehr ausführlich. Diese Texthandlungen weisen auf eine Mustermischung hin: Reiseprospekte sind eben nicht nur Werbetexte, sondern dienen auch der Sachinformation und der Imagebildung des Veranstalters. Der Leser wird auf bestimmte Punkte aufmerksam gemacht, die nicht der Kontrolle und Einflussnahme des Veranstalters unterliegen. Nicht der Veranstalter fordert einen Reisepass, sondern die politischen Autoritäten des Landes, der Veranstalter selbst WEIST den Leser nur auf diese Forderung HIN, er zitiert die Regierung und STELLT SICH dabei selbst als zuverlässig und seriös DAR. Ebenso wirbt der Veranstalter mit Papierqualität, Qualität der Fotografien, warmen Farben und einer ruhigen, ausgeglichenen Anordnung der einzelnen Elemente des Teiltextes Reisebeschreibung nicht nur für die Reise, sondern auch für sich selbst als seriöses, klassisches, qualitativ hochwertiges, "stilvolles" Unternehmen.

2. Textsorte Reiseprospekt

Für die folgende Untersuchung habe ich die Papierversion von vier klassischen Studienreiseanbietern (Studiosus, Gebeco, Marco Polo und Dr. Tigges) genauer analysiert. Die Aussagen über Aufbau und Gestaltung treffen mehr oder weniger ausgeprägt auch auf andere Veranstalter der gleichen Sparte zu, sind jedoch im Detail nur in den Katalogen dieser vier Anbieter untersucht worden. Die Beispiele stammen alle aus dem Studiosus- Katalog Intensiverleben 2009/2010 Nord-, Mittel- und Südamerika / Ost- und Westafrika / Südliches Afrika (S) und dem Dr. Tigges-Katalog Ferne Länder entdecken Januar-Dezember 2009 Asien, Afrika, Orient und Amerika (T).

Die Prospekte sind alle ähnlich aufgebaut. Auf den ersten Seiten stellt der Veranstalter sich und eventuell sein Motto vor, das er durch Texte und Bilder illustriert. Er BESCHREIBT seine Philosophie und STELLT (besonders bei Fernreisen) sein soziales und ökologisches Verantwortungsbewusstsein HERAUS. Deutlich wird bereits hier die Bedeutung des Reiseleiters: Auswahlkriterien werden OFFEN GELEGT und AUFGABEN BENANNT. Der Veranstalter HEBT alle Informationen HERVOR, die ihn seines Erachtens auszeichnen, indem er diesen einen eigenen Teiltext widmet, sie DETAILLIERT und ILLUSTRIERT. All diese Teiltexte liefern für den Leser nur bedingt wesentliche Informationen, sie dienen im Grunde dazu, das Image des Veranstalters aufzuwerten (positive Selbstdarstellung). Sie gehören zum peripheren Teil. Eine andere Gruppe von Teiltexten, die sich zum Teil am Anfang, zum Teil am Ende des Reiseprospekts befindet, bietet dem Leser allgemeine Informationen, die mehr oder weniger alle angebotenen Reisen betreffen (Modalitäten der Buchung, Auswahl der Transportmittel, Anreise zum Abreiseort etc.) oder FASST für ihn bestimmte Punkte ZUSAMMEN. So beinhaltet der Prospekt von Studiosus etwa einen Reisekalender, der alle Reisen chronologisch AUFLISTET oder einen Schulferien-Kalender. Alle diese Teiltexte bilden den peripheren Teil und rahmen den Kern des Gesamttextes ein.

Der Kern des Reiseprospektes enthält ebenfalls verschiedene Muster und Arten von Teiltexten. Die Teiltexte sind hier nach Region bzw. Land gruppiert: In einem ersten Teiltext werden Region/Land mit mehr oder weniger landesspezifischen Informationen und allgemeinen Hinweisen zu Klima, Sicherheit, Gesundheit, Reiseformalitäten u.Ä. vorgestellt. Die primären Texthandlungen sind hier INFORMIEREN, RATEN, VERANSCHAULICHEN und EMOTIONALISIEREN. Jede einzelne Reise wird im Weiteren auf einer Doppelseite präsentiert, Sehenswürdigkeiten werden BENANNT und POSITIV BEWERTET, der Reiseverlauf BESCHRIEBEN, auf Besonderheiten AUFMERKSAM GEMACHT, die Leistungen des Veranstalters HERVORGEHOBEN etc. Unter Umständen werden diese beiden Textmuster durch ein oder zwei weitere ergänzt: So BESCHREIBT/BEWERTET etwa Studiosus gesondert die Hotels der einzelnen Reisen oder bietet Verlängerungsmöglichkeiten (etwa als Badeverlängerung) an und INFORMIERT dabei über Preise, BESCHREIBT und BEWERTET Hotels und WEIST auf die im Preis enthaltenen Leistungen HIN.

Während alle bisher erwähnten Teiltexte irgendwie miteinander verknüpft sind, so dass man sie in ihrer Gesamtheit als einen zusammenhängenden Text betrachten kann, ist dies bei einem bisher noch nicht erwähnten "Teiltext" nicht der Fall: Manche Reiseprospekte enthalten Werbeanzeigen, die zwar auf das Thema "Reisen" bezogen sind, es besteht jedoch keine Verbindung zum Gesamttext (z.B. Werbeanzeigen für eine Fluggesellschaft). Ich möchte diese eingeschobenen Anzeigen daher aus der Betrachtung ausklammern.

Betrachten wir im Folgenden die wesentlichen Teile des Kernbereichs näher.

2.1 Vorstellung der Region

Dem Leser wird als Erstes die Region vorgestellt. Diese Vorstellung folgt im Wesentlichen zwei Zielen: ihn EINSTIMMEN auf die Länder und Sehenswürdigkeiten, die ihn da erwarten und ihn INFORMIEREN über für ihn eventuell wichtige Besonderheiten. Stimmung wird im Wesentlichen durch großformatige oder zahlreiche kleinformatige Bilder erzeugt. Aber auch sprachlich wird zunächst vor allem EMOTIONALISIERT: Man BEWERTET direkt und benutzt dafür Gefühlsvokabular (Hermanns 1996, 2002) (genießen Sie, die fantastische Aussicht, T91) oder intensivierende Ausdrücke (die einzigartige Fluss-Oase Ägypten, T91), man BEWERTET, indem man Sachverhalte BESCHREIBT, die mit Emotionen verbunden sind (Fiehler 1990) (Südafrika ist reich. Reich an Bodenschätzen, an Kulturen, wunderbaren Menschen. Beinahe zehn Prozent aller Pflanzenarten der Welt sind hier zu finden. Und natürlich die Big Five: Büffel, Nashorn, Elefant, Leopard und Löwe!, S129) man VERANSCHAULICHT emotionsgeladene Situationen oder Aktivitäten (Am Morgen wecken Sie die Stimmen der Wildnis und begleiten Sie durch den Tag, T91) und vieles mehr.

Neben BEWERTEN, EMOTIONALISIEREN und SPANNUNG ERZEUGEN soll der Leser in dieser Vorstellung der Region aber auch über für ihn wesentliche, mehr oder weniger praktische Belange INFORMIERT werden. Beide Funktionen sind relativ klar getrennt. Der eher informierende Teil folgt auf den eher Spannung erzeugenden. Kohäsion wird über die Fotos und vor allem bei Studiosus über die Farben vermittelt. Der zweite, eher informierende Teiltext ist in zahlreiche Abschnitte untergliedert, deren Titel jeweils auf das Thema hinweisen (bei Dr. Tigges: Wichtig für die Einreise, Gesund auf Reisen, Flug, Unterwegs, Unterbringung, Klima und Kleidung, Essen und Trinken usw.). Hier wird der Leser über vom Veranstalter unabhängige Anforderungen (Deutsche Staatsbürger benötigen für die Einreise nach Südamerika einen noch 30 Tage gültigen Reisepass, T92) und über Organisatorisches (Während der Wildbeobachtungsfahrten in Kenia und Tansania erhalten Sie unterwegs auch Lunchpakete., T93) IN KENNTNIS GESETZT, ihm wird zu bestimmten vorbereitenden Handlungen GERATEN (In einige Ländern ist jedoch u.U. eine Malariaprophylaxe oder Gelbfieberimpfung empfehlenswert, Auch sollten Sie an gutes Schuhwerk denken, T92/93) oder von bestimmten Handlungen ABGERATEN (keine Hartschalenkoffer!, T92), ihm werden Zustände wie etwa das Klima BESCHRIEBEN (Im August und September blüht es in der Region überall. Die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht können beträchtlich sein; so herrschen tagsüber frühlingshafte oder sommerliche Temperaturen, am Abend kann das Thermometer bis auf 5°C sinken., T92) usw. Alle Elemente werden in der Regel positiv dargestellt. Sollte das nicht der Fall sein, wie etwa bei Einschränkungen, mit denen gerechnet werden muss, weist der Veranstalter deutlich darauf hin, dass es sich um etwas handelt, dass sich seinem Einfluss entzieht: Einreise- oder Zollbestimmungen, Klima oder eine geringere Qualität, die auf die vor Ort herrschenden Bedingungen zurückzuführen ist. Dadurch dient auch dieser Teiltext der positiven Bewertung des Veranstalters und somit der Imagewerbung bzw. der positiven Bewertung und dem Erzeugen von Interesse für die Region und damit der Aufforderung, die folgenden Produkte, die angebotenen Reisen in diese Region, wohlwollend in Augenschein zu nehmen und somit der Werbung für die jeweiligen Reisen mit diesem Veranstalter.

2.2 Beschreibung der Reisen

Im zweiten Teil des Kernbereichs wird jede einzelne Reise auf die gleiche Art, dem gleichen Textmuster folgend beschrieben:

  1. Sie wird kurz vorgestellt, indem man das Reisegebiet BENENNT, eventuelle Schwerpunkte durch einen Titel PRÄZISIERT, Highlights AUFZÄHLT und die Besonderheiten HERAUSSTELLT.
  2. Der Reiseverlauf wird detailliert, indem man das Programm für jeden einzelnen Tag BESCHREIBT und dabei weitere Sehenswürdigkeiten POSITIV BEWERTET und bestimmte Aspekte HERVORHEBT.
  3. Die Besonderheiten der Reise werden ZUSAMMENGEFASST, zusätzliche Angaben zu Preis, Reisedauer, Terminen etc. HINZUGEFÜGT.

Darauf möchte ich im Weiteren etwas genauer eingehen.

2.2.1 Erste Annäherung

Die Benennung des Reisegebiets erlaubt dem Leser eine erste Orientierung in der ausgewählten Region. Ein zusätzlicher Titel kann eventuelle Schwerpunkte präzisieren und so Reisen, die in dasselbe Gebiet führen, voneinander abgrenzen. Dr. Tigges etwa präsentiert vier Reisen nach Südafrika. Die Titel Südafrikanische Impressionen entlang der Gartenroute, Zwischen Wildnis und Kultur, Magisches Südafrika und Naturzauber und Traditionen lassen die Schwerpunkte der einzelnen Reisen erahnen, auch wenn die Reise, auf die der Titel verweist, nicht immer den Versprechungen entspricht. So kann der Leser mit Impressionen "erste, eher unsystematische Eindrücke" assoziieren, also eher an eine eher kurze Reise zum Kennenlernen der Gegend denken. Gartenroute lässt sich für den mit der Region nicht vertrauten deutschen Leser mit einer Fahrt durch eine blühende, gepflegte, sicher exotische, aber nicht wilde Gegend verbinden, der versierte Leser erkennt sicher sofort die eingedeutschte Variante der "garden route", einer Küstenstraße zwischen Kapstadt und Port Elizabeth. Erst in der Kurzvorstellung später erfährt er, dass auch Wildbeobachtungen, nämlich im Addo-Elephant-Nationalpark und in der Kariega Game Reserve, auf dem Programm stehen. Und auch nach aufmerksamer Lektüre des Reiseverlaufs kann der Leser durch die systematische Wortwiederholung nur erahnen, dass es sich bei der Gartenroute nicht um eine Erfindung des Veranstalters handelt. In einer zweiten Reise werden Wildnis und Kultur als Antipoden gegenübergestellt, man kann also eine vielseitige, abwechslungsreiche Reise mit sowohl (wilder) Natur, als auch kulturellen Sehenswürdigkeiten in Form von Denkmälern und Monumenten oder auch eine Begegnung mit Einheimischen erwarten. Es handelt sich in gewisser Weise um die "klassische Form" der Studienfernreisen. Dies wird in der anschließenden Kurzvorstellung bestätigt und präzisiert, indem man nämlich erfährt, dass sich die Kultur auf die Begegnung mit Afrikanern, Europäern und Asiaten und Informationen zur Geschichte des Landes (Sie [...] hören vom Goldfieber und vom Burenkrieg) bezieht. Erst bei der Lektüre des Reiseprogramms wird deutlich, dass es sich bei dem Kulturteil eher um eine Besichtigung und ein Kennenlernen der bedeutenden Städte Südafrikas handelt, die Begegnung mit Afrikanern, Europäern und Asiaten ist eher nebensächlich und gehört nicht zum Programm.

Die Kurzvorstellung der Reise beschreibt einige wesentliche Aspekte und macht auf die wichtigsten Sehenswürdigkeiten aufmerksam. Ein Vergleich von zwei Textabschnitten aus der Vorstellung zweier verschiedener Südafrika-Reisen des Veranstalters Studiosus (DOK 1a Seite 152 und DOK 1b Seite 144 im PDF-Format) soll dies veranschaulichen.

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In beiden Texten wird der Leser über die Art der Reise INFORMIERT: Mit Muße, auf geruhsame Art, Erholung [wird] großgeschrieben, viel Zeit zum Entspannen auf der einen Seite (1, S152), Impressionen, zweiwöchige Studienreise, Höhepunkte auf Höhepunkte, ein abwechslungsreiches Programm auf der anderen (2, S144). Während die erste also eher diejenigen Leser ansprechen soll, die relativ langsam reisen möchten und Erholung suchen, ist die zweite an Personen adressiert, die möglichst viel in möglichst wenig Zeit sehen möchten. Beide Texte ZÄHLEN Sehenswertes bzw. Highlights des Reisegebiets und der Reise selbst AUF: weltberühmte Sehenswürdigkeiten Südafrikas zwischen Krügerpark und Kap der Guten Hoffnung, Ihr Reiseleiter schildert Ihnen, wie sich das Land in den letzten Jahren politisch und kulturell verändert hat, Besuch einer Straussenfarm, Weinprobe auf einem historischen Weingut, Austernprobe, komfortable Hotels für (1), Metropolen Johannesburg und Kapstadt, legendärer Krügerpark, Idylle der Gartenroute, Ausflug zu den Viktoriafällen, Hotels mit hohem Standard für (2). Auch hier wird auf den Tenor der Reise und damit auf den Adressaten hingewiesen. Der fast atem-beraubenden Aneinanderreihung von Sehenswürdigkeiten in (2) stehen ruhige, erholsamere Aktivitäten wie eine Weinprobe oder das Rezipieren von Schilderungen des Reiseleiters in (1) gegenüber. Diese erste Annäherung an die Reise wird unterstützt durch Fotos, Landschafts- oder Personenaufnahmen, die meistens keine bekannten Sehenswürdigkeiten, sondern einen "alltäglichen Ausschnitt" zeigen, eine Kirche bei (1), ein Wohnhaus vor dem Hintergrund eines Berges bei (2). Typisch für Studiosus ist im Weiteren eine Kurzcharakterisierung in Form eines Kastens mit festgelegten Kategorien. Dieser Kasten ist bei (1) mit ServicePlus-Studienreise betitelt (welche Charakteristika Reisen dieser Kategorie aufweisen, wird im Serviceteil des Prospekts genauer erklärt), er enthält in Stichworten die Reiseroute (vom Krügerpark zum Kap der Guten Hoffnung), wichtige Informationen zum Verlauf (vier Übernachtungen in Kapstadt) und Hinweise auf besondere Aspekte, die die Reise aufwerten (gute Hotels mit Stil, viel Zeit zum Entspannen und Erholen, mehrere Termine mit ärztlicher Begleitung). Auf einer kleinen Skala STUFT der Veranstalter anschließend den Erholungsgrad der Reise entsprechend der Dichte des Programms EIN. Andere Reiseveranstalter weisen eine andere Organisation auf, aber überall finden wir eine Verknüpfung von Sprach- und Bildtext und die dominierenden Texthandlungen AUFMERKSAM MACHEN, BEWERTEN und Schwerpunkte der Reise HERAUSSTELLEN, wobei vor allem letzteres bereits deutlich auf den Adressaten verweist. Diese hier beschriebene Organisation variiert von Veranstalter zu Veranstalter, die dominierenden Texthandlungen und die Art der Verknüpfung von Sprach- und Bildtext sind jedoch immer gleich.

2.2.2 Reiseprogramm

Ein zweiter Textteil beschreibt relativ detailliert den Reiseverlauf Tag für Tag in Form eines Reisetagebuchs. Der Veranstalter INFORMIERT den Leser hier über die an jedem Tag stattfindenden Aktivitäten, die Länge eventueller Fahrten, den Ort der Übernachtung usw. Diese ausführliche Beschreibung erlaubt es, für das Reiseziel im Allgemeinen und diese Reise im Besonderen zu werben, die bisher mehr oder weniger expliziten Versprechungen zu BEKRÄFTIGEN und zu ILLUSTRIEREN und den Adressaten weiter zu bestimmen, indem man diesen darüber informiert, was der Veranstalter bietet, aber auch, was er von ihm erwartet. Ein Ausschnitt (DOK 2 im PDF-Format) soll dies im Folgenden illustrieren. Dok-2-grand-format.jpgEs handelt sich um die ersten vier Tage der zuvor unter (1) beschriebenen ServicePlus-Studienreise Südafrika. Jeder Tag wird mit einem für Interesse werbenden Resümee des Tagesprogramms in Form eines Titels überschrieben. Es kann sich um rationale, beschreibende Titel handeln wie Abflug nach Südafrika (1.Tag) oder um Interesse weckende, Spannung erzeugende wie Welcome to South Africa (2.Tag). Das Tagesprogramm lässt sich im zweiten Fall nur mit Hilfe kulturellen Wissens vage deuten, dass nämlich dieser erste Tag dem "Ankommen" im Sinne von "sich vertraut machen" gewidmet ist. Andere Titel erzeugen Spannung, indem sie auf für den deutschen Leser ungewöhnliche, "exotische" Handlungen oder Situationen hinweisen (3.Tag: Auf Safari, 4.Tag: Spuren der Goldgräber). Auch der einzelne "Tagebuchartikel" oszilliert zwischen Spannung erzeugender ERZÄHLUNG (Die aufgehende Sonne Südafrikas heißt uns willkommen. [...]) und sachlich-neutraler BESCHREIBUNG (Wir landen in den Morgenstunden in Johannesburg. [...]).

Diese Präsentation des Tagesprogramms erlaubt es zunächst, die zahlreichen Sehenswürdigkeiten relativ detailliert aufzuzählen. Am 4. Tag werden dem Reisenden laut Prospekt Pilgrim's Rest, eine landschaftlich reizvolle Strecke, Trauer- und [...] Freudenfluss, "Drei Rundhütten", die Tiefen des Blyde River Canyon und das "Fenster Gottes" geboten. Es geht dabei meines Erachtens in erster Linie gar nicht darum, den Leser auf die einzelnen Sehenswürdigkeiten hinzuweisen, die auf dem Programm stehen, sondern vielmehr darum, ihm zunächst zu zeigen, wie viel ihm geboten wird. Erst in einem zweiten Schritt, wenn sich nämlich der Leser anderswo über diese Sehenswürdigkeiten informiert hat und mit diesen Bezeichnungen etwas verbinden kann, bekommt diese Aufzählung die Qualität einer tatsächlichen Information über das Programm. An anderer Stelle wird nicht nur AUFGEZÄHLT, sondern auch ERKLÄRT, worin das Sehenswerte besteht. So steht am 3. Tag der Besuch eines Wildreservats auf dem Programm, in dem Sie neben Büffeln und Nashörnern 17 verschiedene Antilopenarten entdecken können. Hier erfährt der Leser nicht nur, dass das Wildreservat sehenswert ist, sondern auch, warum.

Neben der Aufzählung von Sehenswertem stellen die Artikel den Tagesablauf und die einzelnen für diesen Tag geplanten Aktivitäten vor. Bleiben wir beim 3. Tag: Da beginnt der Tag (in frischer Morgenluft) mit einer ersten (Foto-)Pirschfahrt, bei der man Tiere entdecken kann, weiter geht es mit einem Brunch im Busch, nach dem eine längere Ruhepause eingelegt wird, bevor man am Nachmittag zu einer weiteren Wildbeobachtungsfahrt aufbricht. Der Leser erfährt, wie dieser Tag ablaufen soll und was er selbst tun kann oder soll. Die Darstellung variiert zwischen Beschreibung, mit oder ohne direkter Adressierung (Wir landen in den Morgenstunden in Johannesburg vs. Anreise nach Frankfurt) und Aufforderung. Die Leser werden in der Höflichkeitsform adressiert ([...] begrüßt Sie Ihr Studiosus-Reiseleiter), häufig findet sich ein inklusives wir, mit dem der Veranstalter den kommerziellen Charakter VERSCHLEIERT und versucht, die Leser/Reisenden und sich selbst als Gruppe mit gleichen Zielen zu INSZENIEREN (In Pilgrim's Rest suchen wir nach den Spuren der Goldgräber.). Selten präsentiert sich der Veranstalter als eigenständig Handelnder (bevor wir Sie am Nachmittag zu einer weiteren Wildbeobachtungsfahrt einladen). Zusätzlich zu Sehenswürdigkeiten und Aktivitäten wird der Leser über die Anzahl der Übernachtungen an einem Ort (2. Tag: Zwei Übernachtungen in einem privaten Wildreservat) und die Länge eventueller Fahrstrecken (4. Tag: 125km) informiert.

Alle Informationen der einzelnen Artikel dienen zum einen einer weiteren, noch genaueren Bestimmung des Adressaten/Kunden, zum anderen wird gleichzeitig die Reise positiv bewertet und damit auch für sie (und den Veranstalter) geworben. Wie bereits erwähnt deuten der Titel der Reise und die Kurzbeschreibung im ersten Teiltext auf die Zielgruppe hin. Dies wird in der Beschreibung des Reiseverlaufs noch weiter verstärkt, indem man beispielsweise ILLUSTRIERT, warum die Reise für diese Zielgruppe konzipiert ist. Mit Muße hatte Studiosus die hier vorgestellte Reise betitelt und dieses Thema findet man in den Artikeln zum Reiseverlauf wieder (2. Tag: Der Nachmittag bleibt zur Akklimatisierung ohne Programm., 3. Tag: Nach einem Brunch im Busch haben Sie sich eine längere Ruhepause verdient [...]). Fettdruck hebt es zudem noch graphisch hervor. Die positive Bewertung folgt den gleichen Strategien, die man bereits im ersten Teiltext beobachten konnte: Die Bewertung ist in gewisser Hinsicht adressatenspezifisch, indem nämlich BESCHREIBUNGEN benutzt werden, die man aufgrund seines Wissens und seiner Interessen als positiv bewertend, hier im Sinne von "exotisch" lesen kann (2. Tag: Maisfelder, Rinderfarmen und Bergwerke säumen unseren Weg nach Osten.). Dabei handelt es sich in diesem Fall sogar um etwas, das dem deutschen Leser durchaus vertraut sein könnte, aber die sprachliche Gestaltung (Farmen an Stelle von Bauernhöfen, säumen als Ausdruck eines gehobenen, "überneutralen"Stils, der Weg in den Osten als Metapher für Unbekanntes etc.) INSZENIERT eine anziehende Fremdheit. Ebenso kann die AUFZÄHLUNG von geographischen Orten, Sehenswürdigkeiten oder Aktivitäten der positiven Bewertung dienen, selbst wenn der Leser vielleicht zunächst noch nichts Genaueres darüber weiß. Allein die fremdsprachigen Bezeichnungen (Pilgrim's Rest, Blyde River Canyon) oder die metaphorischen, verschleiernden deutschen Ausdrücke (Fenster Gottes) wecken unter Umständen Interesse. Aber die BEWERTUNG erfolgt ebenso explizit und nur bedingt adressatenspezifisch, wenn nämlich bestimmte Elemente der Reise als positiv HERAUSGEHOBEN werden (eine landschaftlich reizvolle Strecke).

2.2.3 Praktische Informationen

DOK-3-format-moyen.jpgEin dritter Teiltext (DOK 3 im PDF-Format) umfasst alle weiteren praktischen Informationen (Reisedaten und -preise, im Preis enthaltene Leistungen, Verlängerungsmöglichkeiten, erforderliche Papiere und Impfungen, Abflugsorte und die entsprechenden Zuschläge, Hotels und deren Kategorie usw.). Dieser dritte Teil wird graphisch als ZUSAMMENFASSUNG präsentiert, die einzelnen Informationen erscheinen in tabellarischer Form, als graphisch abgesetzte Aufzählung in Nominalgruppen bzw. als Schema. Noch deutlicher als in den anderen Teiltexten steht hier Knappheit und Dichte im Vordergrund. Auch inhaltlich werden bereits erwähnte Elemente zusammengefasst. So finden wir etwa im Reiseverlauf detaillierte Aktivitäten wieder oder können dem Reiseverlauf auf einer kleinen Karte folgen. Es handelt sich allerdings nur bedingt um eine Zusammenfassung, da der größte Teil der Informationen für den Leser neu und nicht unwichtig ist (z.B. der Preis und die Termine der Reise). Und auch da, wo es sich scheinbar um eine tatsächliche Zusammenfassung handelt (etwa bei den bereits im Reiseverlauf detaillierten Aktivitäten) treten neue Informationen hinzu - dass nämlich diese Aktivitäten im Preis enthalten sind. Auch die auf einer Karte eingezeichnete Reiseroute PERSPEKTIVIERT bekannte Informationen neu. Der Reiseverlauf wird nicht nur bildlich dargestellt (und die Information durch die andere Wahrnehmungsart INTENSIVIERT), es werden auch Informationen HERAUSGESTELLT, die im Sprachtext des Reiseverlaufs weniger deutlich sichtbar werden, etwa die Entfernungen, die Lage der einzelnen Orte oder die benutzten Transportmittel. Andere Veranstalter wie Dr. Tigges integrieren die Karte mit der Reiseroute in den zweiten Teiltext (Beschreibung des Reiseverlaufs), dies ändert aber kaum die Interpretation.

Auch in diesem Teiltext sind die dominierenden Handlungen INFORMIEREN und BEWERTEN. Dem Leser werden zunächst bestimmte, auf den ersten Blick neutrale Fakten genannt: Termine, Preise, Namen der Reiseleiter etc. Auf den zweiten Blick erscheinen jedoch auch diese Zahlen und Namen weitaus weniger neutral. So BEWERTET der relativ hohe Preis auch gleichzeitig die Reise, indem er nämlich Erwartungen bezüglich der Qualität weckt. Der Reisetermin ist insofern nicht neutral, als es "bessere" und "schlechtere" Reisezeiten gibt. Die hier untersuchte Reise wird in den Monaten Februar, März, Oktober und November angeboten, die Reise im März ist ca. 150€ billiger als in den anderen Monaten, und im allgemeinen Informationsteil (Teiltext 1) heißt es über die ideale Reisezeit: In Südafrika zählen dazu die Monate Oktober, November sowie März und April (S 130). Außerdem steht bei einigen Reiseterminen ein begleitender Arzt zur Verfügung, was ebenfalls für die Bewertung durch den Leser/Kunden ausschlaggebend sein kann. Und auch wenn die Namen der ReiseleiterInnen an sich keine Bewertung enthalten, so ist der Titel oder die anschließend in Klammern angegebene Spezialisierung (Geschichte bzw. Archäologie) durchaus bewertend, indem nämlich der Reiseleiter als ausgewiesener Spezialist auf einem Gebiet präsentiert wird.

Neben diesen Fakten werden die im Preis enthaltenen Leistungen BESCHRIEBEN und dabei implizit oder explizit POSITIV BEWERTET. Implizit (im Sinne von Stegert (1993), zit. nach Sandig (2006, 250)) insofern, als die Bewertung allein durch stilistische Mittel erfolgt. So werden etwa Leistungen erwähnt, die Qualität und einen gewissen Anspruch unterstreichen (bequeme Reisebusse mit Klimaanlage, Austernprobe mit Sekt, speziell qualifizierte Reiseleiter). Gleiches gilt für den chiffrierten Wert einer bestimmten Leistung (Eintrittsgelder und Nationalparkgebühren (ca.100€)). Hier weist sowohl das Vokabular (bequem, Austern, Sekt, qualifiziert), als auch die beschriebenen Handlungen (bequeme Busse benutzen, Austern probieren, von qualifizierten Reiseleitern geführt werden) auf einen gehobenen Stil und in gewisser Hinsicht auch auf eine bestimmte soziale Gruppe hin, die dieselben Werte teilt. Die Chiffrierung von Leistungen RECHTFERTIGT einerseits den Preis und dient andererseits der positiven Bewertung, indem nämlich HERAUSGEHOBEN wird, welche scheinbar zusätzlichen Leistungen der Veranstalter bei dieser Reise bietet. Ähnliches trifft auf die Angabe der Hotelkategorie zu. In einer kleinen Tabelle werden sämtliche Übernachtungen nach Ort, Anzahl der Übernachtungen, Name des Hotels und Hotelkategorie noch einmal zusammengefasst. Neben den bereits im Reiseverlauf erwähnten Informationen (Ort und Anzahl der Übernachtungen) finden sich weitere Angaben, die es dem Leser auch erlauben, sich zu einigen Hotels auf einer Extraseite näher zu informieren und/bzw. eine erste Bewertung anhand der Hotelkategorie zu treffen.

Alle hier untersuchten Veranstalter nutzen diesen dritten Teiltext ganz explizit zur positiven SELBSTDARSTELLUNG und zur ABGRENZUNG von anderen Studienreiseveranstaltern. Bei Studiosus gibt es eine Rubrik, übertitelt mit bei Studiosus außerdem inklusive, die dem Leser suggeriert, dass andere Veranstalter diese Leistungen nicht bieten. Bei Dr. Tigges heißt sie Ihr Dr. Tigges Mehr-Wert und auch hier ist zu verstehen (siehe ausführlich dazu von Polenz 1988), dass andere Veranstalter diesen zusätzlichen Wert nicht haben. HERAUSGESTELLT wird diese zusätzliche Leistung noch durch die parallele Anordnung von "üblichen", d.h. zu erwartenden Leistungen (im Reisepreis enthalten bei Studiosus, eingeschlossene Leistungen bei Dr. Tigges) und zusätzlichen Leistungen, die die Reise und den Veranstalter aufwerten (bei Studiosus außerdem inklusive bzw. Ihr Dr. Tigges Mehr-Wert). In einigen wenigen Fällen folgt bei Studiosus ein dritter Teil Nicht enthalten, der bestimmte im Reisepreis nicht enthaltene "Leistungen" aufzählt. Dabei handelt es sich jedoch in der Regel um minimale Beträge für obligatorische Trinkgelder u.Ä..

Ein kleiner, graphisch etwas abgegrenzter Kasten WEIST bei Studiosus noch einmal auf eventuelle Besonderheiten der Reiseart (ServicePlus-Studienreise) HIN oder BESCHRÄNKT die Verantwortung des Veranstalters in Hinblick auf mögliche Reklamationen. So gibt es etwa bei einigen Reisen den Kasten Ein offenes Wort, indem beispielsweise "offen" über Unannehmlichkeiten, die während der Reise auftreten können gesprochen wird. Der Veranstalter STELLT diese Unannehmlichkeiten als von seinem Willen unabhängig DAR (etwa die Witterung) und WEIST damit jede Verantwortung VON SICH. Andere Reisen enthalten einen Kasten Reisen in X, der ebenfalls zu erwartende Einschränkungen oder Unannehmlichkeiten erwähnt. Indem man den Leser über diese möglichen Einschränkungen IN KENNTNIS SETZT, wird er zum "Mitwisser" gemacht, der - wenn er sich für den Kauf der Reise entscheidet - mit vollem Wissen handelt. Ein weiterer Kasten BESCHREIBT besondere Aktivitäten o.Ä., die bei bestimmten Reisedaten auf dem Programm stehen (etwa: Bambara-Feste (Okt.-Jan.), Elefantenpirsch (Feb.), S203) oder WEIST den Leser auf bestimmte Eigenarten und Gepflogenheiten des Landes HIN (etwa: Das Diamanten-Sperrgebiet, S177 oder Ein Lächeln öffnet Herzen..., S205). Hier werden zusätzliche Informationen gegeben, die Sehenswertes HERAUSSTELLEN, die Reise AUFWERTEN und/oder dem Reisenden eine Art Gebrauchsanweisung liefern. Andere Kästen BESCHREIBEN die Transportmittel oder WEISEN auf deren Besonderheiten HIN (MS Veendam, S31 bzw. Flüge nach Madagaskar, S207). Auch hier geht es darum, entweder die Reise durch Hinweise auf Luxus und Exklusivität AUFZUWERTEN oder eventuelle Einschränkung als unabhängig von Willen und Einfluss des Veranstalters DARZUSTELLEN. Diese Kästen bilden meist den Übergang zwischen dem zweiten und dritten Textteil. Ein Beispiel dafür findet sich im Kasten (DOK 4 im PDF-Format). DOK-4.jpg

3. Bilder

Fast jeder Teiltext des Reiseprospekts enthält Bilder/Fotos und auch wenn diese bereits im Zusammenhang mit dem dazugehörigen Sprachtext erwähnt wurden, soll zum Abschluss noch einmal gesondert darauf eingegangen werden. Bilder scheinen konstitutiv für die Textsorte zu sein, auch wenn sie im Wesentlichen illustrativen Charakter haben. Die Zusammenfassung aller Bildtexte in einem eigenen Abschnitt lässt sich m.E. durch ihre grundsätzlich gleichen Funktionen rechtfertigen. Sie ERGÄNZEN und ILLUSTRIEREN den dominierenden Sprachtext ohne Brüche oder Widersprüche zwischen Sprach- und Bildtext. Es handelt sich um "elaborierte Sprache-Bild-Verknüpfungen" (siehe Stöckl, i.E.). Das lässt sich folgendermaßen erklären. Zum einen muss nicht, wie bei Anzeigen oder vergleichbaren Werbetexten die Aufmerksamkeit des Lesers erregt werden (siehe Janich 2003, Stöckl i.E.), der Veranstalter kann von einem prinzipiellen Interesse ausgehen. Zum anderen wird hier ein bestimmter sozialer Stil vermittelt, nämlich der wohlhabender, eher traditioneller, kulturinteressierter Personen mittleren Alters und älter, die keine "Extravaganzen" suchen. Diesen eher gehobenen Stil, klassisch, ästhetisierend, sich von modischen Erscheinungen abgrenzend und auf "zeitlose Eleganz" setzend, der sich bereits im Sprachtext gezeigt hat, findet man auch wieder, wenn man die Bilder und ihre Einbindung in den Sprachtext betrachtet: Es handelt sich um unterschiedlich große, quadratische oder rechteckige Fotografien, die im Kernbereich des Reiseprospekts immer an der gleichen Stelle stehen (sowohl bei der Vorstellung der Region, als auch bei der Beschreibung der Reisen). Betrachten wir die Anordnung bei einer Dr. Tigges-Reise im Folgenden etwas genauer: Die Reisebeschreibung enthält drei Fotos und eine Karte (DOK 5 im PDF-Format).

 
 

Ein großes Foto befindet sich im ersten Teiltext, direkt nach Nennung des Reiselandes und des Titels der Reise. Es dominiert durch seine Größe (eine halbe DIN A4-Seite) diesen ersten Teil. Ein zweites, kleines Foto in schwarz-weiß überlagert das erste leicht und ist eng verbunden mit einem für diesen Veranstalter typischen Zusatz, in dem in der Art eines Reiseführers über eine Sehenswürdigkeit oder Besonderheit der Region INFORMIERT wird. Die Karte und ein drittes kleines Foto befinden sich im zweiten Teiltext, dem Reiseprogramm. Alle vier Bilder können zunächst unabhängig vom Sprachtext betrachtet und in einem zweiten Schritt in den Gesamttext integriert werden. Durch das Layout (teilweise Umrahmung der Bilder durch den Sprachtext) und die in der Karte enthaltenen sprachlichen Elemente, die sich auch im Sprachtext wiederfinden, wird Kohäsion zwischen Bildern und Sprachtext hergestellt. Die auf den Fotos dargestellten visuellen Elemente (Meer, Felsen, Himmel, Häuser, Schiffe) können den gleichen frames (Natur, Hafen) zugeordnet werden. Die Versprachlichung dieser Elemente im Text lassen Sprache und Bilder kohärent erscheinen. Die Karte erlaubt eine geografische Situierung und macht die wesentlichen Stationen der Reise, die Reiseroute und die verwendeten Transportmittel sichtbar. Auch hier finden sich die im Sprachtext vorkommenden frames wieder. Die Untersuchung der Sprache-Bild-Beziehungen soll hier nur angedeutet werden, eine genauere Analyse aller Textmerkmale (in Anlehnung an Sandig 2000, 4 und 2006, 307-485) lässt die Besonderheiten noch deutlicher werden.

Man findet überwiegend zwei Arten von Fotografien. Die einen zeigen kulturelle oder landschaftliche Sehenswürdigkeiten oder Denkmäler, die anderen sind eine Art Impressionen, die in erster Linie das Exotische PERSPEKTIVIEREN und (deutsche) Stereotype über das Land/die Region bedienen (siehe dazu auch Baldauf-Quilliatre 2009). So findet der Leser/Betrachter ganz Unspektakuläres wie durch Agaven halb verdeckte Straßenschilder (S 66) oder Schiffe im Hafen (T97). Häufiger noch stellen die Fotos Menschen (idealerweise vor einer "exotischen" Landschaft) dar, die scheinbar für sie alltäglichen Verrichtungen nachgehen oder die sich dem Betrachter in Großaufnahme freundlich, lachend oder zumindest lächelnd präsentieren. Vor allem diese Alltagsszenen EMOTIONALISIEREN, sie dienen dazu SPANNUNG zu ERZEUGEN und den Betrachter IN EINE bestimmte emotionale STIMMUNG zu VERSETZEN. Bilder sind dazu grundsätzlich gut geeignet, da sie ganzheitlich wahrgenommen werden und "dank ihrer biophysikalischen Vernetzung mit dem Gefühl und wegen ihrer semantischen Dichte sehr gut Stimmungen und Anmutungen" evozieren (Stöckl i.E., 10). Fotos von Tieren oder Kindern bieten sich besonders an. So erscheinen denn die abgebildeten Tiere auch entweder majestätisch und beeindruckend oder niedlich und putzig, nie aber bedrohlich (selbst dann nicht, wenn der Sprachtext mit Pirschfahrten und Safaris eher Abenteuer suggeriert). Die Darstellung von anderen Menschen bietet die Möglichkeit der Identifikation, der Betrachter kann sich an die Stelle des Anderen projizieren und damit - wenn auch aus der Ferne - den Alltag in einer fremden Kultur erleben. Einige Fotos zeigen Szenen aus dem Alltag des Reisenden, als "reines Stimmungsbild" (etwa gefüllte Weingläser, S153) oder als "Vorschau" auf die Aktivitäten, die der Veranstalter ihm auf dieser Reise suggeriert (z.B. das Sitzen an einem klaren blauen See mit Blick auf schneebedeckte Gipfel der Rocky Mountains, die sich im Wasser spiegeln, S44). Nur wenige Bilder haben neben der bewertenden auch eine erkennbare informierende Funktion. Dies trifft überwiegend auf Fotos der Transportmittel (Schiff, Zug etc.) oder der Hotels zu.

Die überwiegende Mehrzahl der Fotos ist in warmen Farben gehalten, kalte Farben finden sich als Grundtöne nur bei Fotos, die Meer und Himmel (blau) oder Wälder und Wiesen (grün) in den Vordergrund rücken. Dies ist sicher auch auf die Reiseziele zurückzuführen, die in den hier untersuchten Prospekten angeboten werden. Insgesamt zeugen die Fotos von relativ hohem handwerklichem Können, etliche von ihnen könnten ebenso in klassischen Bildbänden zu finden sein. Im Vordergrund steht das DARSTELLEN einer ästhetisierten Exotik bzw. Fremdheit und das ERZEUGEN VON EMOTIONEN, die Suche nach Originalität ist eher gering. Nur wenige Fotos verlangen eine etwas komplexere Interpretationsleistung des Betrachters: eine überschaubare Zahl kohärenter visueller Elemente, die klare Gliederung des Layouts und eine schnelle Identifikation des dargestellten Sachverhalts vermeiden Lesbarkeitsprobleme (siehe dazu auch Stöckl i.E.).

Nicht näher eingehen möchte ich auf die Nutzung von Bildern als Hintergrund für Sprachtexte, wie dies etwa bei Studiosus der Fall ist : Das Bild liefert hier in gewisser Hinsicht den Textträger (im Sinne von van Dijk 1980, 158), es ist das wesentliche Element der Strukturierung und weist, im Gegensatz zu den anderen Verwendungen von Bildern keine scharfen Konturen auf (siehe dazu auch die Untersuchungen von Androutsopoulos (2000) zu Flyern als visuell strukturierter Textsorte oder von Sandig (2000, 19-27) zur Materialität bei Sprache-Bild-Texten).

Zusammenfassung und Ausblick

Bereits die erste Beschäftigung mit dem Thema zeigt, dass es sich bei Reiseprospekten bzw. -katalogen um eine sehr komplexe Textsorte handelt, die sich aus vielen verschiedenen Teiltexten und Textmustern zusammensetzt, die ihrerseits auch wieder aus mehreren Teilen bestehen. Reiseprospekte sind zudem Sprache-Bild-Texte, bei denen unterschiedliche Arten von Bildern zu verschiedenen Zwecken eingesetzt sind. Sie können m.E. nur dann sinnvoll analysiert werden, wenn man a) Sprache und Bild im Zusammenhang betrachtet und den Gesamttext als Einheit von Sprache und Bild ansieht und b) die einzelnen Teiltexte als Teile eines Ganzen untersucht und dabei versucht, die verschiedenen Verknüpfungen zu entwirren. Dies habe ich hier versucht anzudeuten.

Reiseprospekte sind eine bislang in der Forschung kaum zur Kenntnis genommene Textsorte, die jedoch viele interessante Aspekte in sich birgt (vergleichbar mit Katalogen). Auch hier gäbe es noch viel zu sagen. So konnte zum Beispiel nur am Rand auf Aspekte des sozialen Stils eingegangen werden, dessen Untersuchung analog zur der von Fix (2009) für Kataloge durchgeführten sehr fruchtbar wäre. Ebenso sind die einzelnen Textteile, vor allem diejenigen des peripheren Teils, nur ansatzweise beschrieben worden. Eine genauere Analyse wäre notwendig, um die Verknüpfungen der einzelnen Teile zu zeigen. Auch die Inszenierung einer bestimmten Sicht auf die Welt ist hier gar nicht, an anderer Stelle nur sehr kurz behandelt worden (Baldauf-Quilliatre 2009). Dabei wäre es auch aus politischer Sicht durchaus interessant zu untersuchen, welches Weltbild bzw. welche Weltbilder hier vermittelt werden. Und schließlich habe ich in diesem Aufsatz vor allem den Werbecharakter in den Vordergrund gestellt. Eine Analyse der Prospekte aus einer anderen Sicht, beispielsweise im Vergleich mit Reiseführern, würde sicher weitere, interessante Aspekte ins Blickfeld rücken. Insofern ist die hier vorgeschlagene Textanalyse als erste Annäherung an die Textsorte zu verstehen, die Anregungen geben möchte, bei der allerdings noch viele Fragen offen bleiben.

Literatur

Androutsoupoulos, Jannis. "Zur Beschreibung verbal konstituierter und visuell strukturierter Textsorten: das Beispiel Flyer" in: Fix, Ulla / Wellmann, Hans (éds.): Bild im Text - Text und Bild. Heidelberg: Winter, 2000, p.343-366.

Baldauf-Quilliatre, Heike. "Luxus, Exotik und Abenteuer. Reisekataloge, ihre Versprechen und die Darstellung der Welt." in: Baldauf-Quilliatre, Heike / Poitou, Jacques / Prak-Derrington, Emmanuelle (éds.): Histoires de textes. Mélanges pour Marie-Hélène Pérennec, 2009 [http://langues.univ-lyon2.fr/1184-Histoires-textes.html

van Dijk, Teun A. Textwissenschaft. Eine interdisziplinäre Einführung. München: dtv, 1980.

Fiehler, Reinhard. Kommunikation und Emotion. Theoretische und empirische Untersuchungen zur Rolle von Emotionen in der verbalen Interaktion. Berlin, New York: de Gruyter, 1990.

Fix, Ulla. "Textsorte - Textmuster - Textmustermischung. Konzepte und Analysebeispiele" in: Pérennec, Marie-Hélène (éd.): Textlinguistik. An- und Aussichten. Etudes Germaniques N°2/37, 1999, p.11-23. Fix, Ulla / Poethe, Hannelore / Yos, Gabriele. Textlinguistik und Stilistik für Einsteiger. Frankfurt a.M.: Lang, 2001.

Fix, Ulla. "Die sprachlich-stilistische Konstruktion des 'Kundenbildes' in Warenkatalogen von Pro-Idee, Ikea und Manufactum" in: Baldauf-Quilliatre, Heike / Poitou, Jacques / Prak-Derrington, Emmanuelle (éds.): Histoires de textes. Mélanges pour Marie-Hélène Pérennec, 2009 [http://langues.univ-lyon2.fr/1184-Histoires-textes.html

Gansel, Christina. "Textsorten in Reisekatalogen - Wirklichkeitskonstruktion oder realitätsnahe Beschreibung" in: Gansel, Christina (éd.): Textsorten und Systemtheorie. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2008, p.155-170.

Hermanns, Fritz. "Emotion im Wörterbuch" in: Wiegand, Herbert Ernst (éd.): Wörterbücher in der Diskussion II. Tübingen: Niemeyer, 1996, p.256-278.

Hermanns, Fritz. "Dimensionen der Bedeutung III: Aspekte der Emotion" in: Cruse, Alan D. et.al. (éds.): Lexikologie. Ein internationales Handbuch zur Natur und Struktur von Wörtern und Wortschätzen. 1.Halbband. Berlin, New York: de Gruyter, 2002, p.356-362.

Janich, Nina. Werbesprache. Ein Arbeitsbuch. Tübingen: Narr, 1999/2003. von Polenz, Peter. Deutsche Satzsemantik. Grundbegriffe des Zwischen-den-Zeilen-Lesens. Berlin, New York: de Gruyter, 1988.

Sandig, Barbara. "Textmerkmale und Sprache-Bild-Texte" in: Fix, Ulla / Wellmann, Hans (éds.): Bild im Text - Text und Bild. Heidelberg, Winter, 2000, p.3-30.

Sandig, Barbara. Textstilistik des Deutschen. Berlin, New York: de Gruyter, 2006.

Stöckl, Hartmut. "Texts with a view - Windows onto the world. Notes on the textuality of pictures" in: Thiele, Wolfgang / Neubert, Albrecht / Todenhagen, Christian (éds.): Text, varieties, translation. ZAA studies: language, literature, culture vol.5, 2001, p.81-107.

Stöckl, Hartmut. "'Prickeln, Perlchen, Phantasie...' Sozialer Stil in der Sektwerbung" in: Habscheid, Stephan / Fix, Ulla (éds.): Gruppenstile. Frankfurt: Lang, 2003, p.211-233.

Stöckl, Hartmut. "Sprache-Bild-Texte lesen. Bausteine zur Methodik einer Grundkompetenz" in: Diekmannshenke, Hajo / Klemm, Michael / Stöckl, Hartmut (éds.), Bildlinguistik. Berlin: E.Schmidt, à paraître.

Ausschnitte aus Reiseprospekten

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Im Artikel benutzten Bilder:

- Studiosus Studienreise Südafrika

DOK 1a Kurzvorstellung "Mit Muße"

DOK 1b Kurzvorstellung "Impressionen"

DOK 2 Reiseverlauf

DOK 3 Praktische Infos

DOK 4 Kasten Namibia

- Dr. Tigges Studienreise Südafrika

DOK 5 Bilder

 

Pour citer cette ressource :

Heike Baldauf-Quilliatre, "Reiseprospekte als Werbetexte", La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), octobre 2010. Consulté le 27/04/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/langue/linguistique-textuelle/reiseprospekte-als-werbetexte