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Siegfried Lenz: «Deutschstunde»

Par Boris Foucault : Elève - ENS de Lyon
Publié par mduran02 le 05/11/2012

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((Deutschstunde)) de Siegfried Lenz est un classique de la littérature de langue allemande. Les relations de pouvoir entre Siggi, son père policier et un artiste à qui les autorités ont interdit de continuer à peindre, illustrent le sentiment exacerbé du devoir et le conflit de l’individu face à la domination totalitaire. L’art peut-il échapper à l’emprise du pouvoir politique ? Der Konflikt zwischen dem Vater und dem Sohn, das Malverbot des Malers stellen die Frage nach dem Pflichtgefühl und dem Gehorsam. Wie kann Kunst widerstehen ?

„Das war ein Vorspiel nur, dort wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen“. Dieses Zitat Heines aus seinem Trauerspiel Almansor (1820) nimmt vorweg, was sich 120 Jahre später unter der Herrschaft der NSDAP zutragen wird. Im Roman Deutschstunde von Siegfried Lenz, der 1968 erschienen ist, wird das Thema des Autodafés durch die Zerstörung von Gemälden angeschnitten und lässt im Rahmen eines Weilers in Norddeutschland die Gräueltaten der Nazis erahnen. Es wird sich hier darum handeln, einen Überblick über diesen großen Bucherfolg der 60er Jahre zu verschaffen.

Biografische Anhaltspunkte

· Siegfried Lenz wurde 1926 in Lyck geboren. Nach dem frühen Tod seines Vaters wurde er von seiner Großmutter erzogen. Nach dem Notabitur wurde er 1943 zur Marine eingezogen.

· Nach Unterlagen des Berliner Bundesarchivs ist Lenz in der Zentralkartei der NSDAP verzeichnet. Lenz wusste davon nach eigenem Bekunden nichts und geht davon aus, dass er ohne sein Wissen in einem Sammelverfahren in die NSDAP aufgenommen wurde. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, als er einen aufsässigen Kameraden erschießen sollte, weigerte er sich und desertierte.

· 1945 geriet er in britische Kriegsgefangenschaft, betätigte sich als Dolmetscher und kam nach kurzer Zeit wieder frei.

· Nach dem Krieg studierte Lenz in Hamburg Anglistik, Literaturwissenschaft und Philosophie. 1948, während des Studiums, begann er als Volontär bei der Zeitung Die Welt und wurde von 1950 bis 1951 Redakteur dieser Zeitung. Dort lernte er auch seine zukünftige Ehefrau Liselotte kennen, die einige seiner Bücher illustrierte. Er heiratete sie im Jahre 1949.

· 1951 unternahm er eine Reise nach Kenia, die von dem Honorar für seinen ersten Roman Es waren Habichte in der Luft finanziert wurde. Nach seiner Rückkehr beschließt er, in Hamburg als freier Schriftsteller zu leben. Er war regelmäßiger Gast der Gruppe 47.

· Wie Günter Grass engagierte er sich für die SPD. 1970 reiste er zusammen mit ihm auf Einladung von Bundeskanzler Willy Brandt mit nach Warschau zur Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrags. Er gehörte zum Hamburger Büro des Kongresses für kulturelle Freiheit.

· 2011 wurde er Ehrenbürger seiner Geburtsstadt. Er ist Ehrenmitglied der Freien Akademie der Künste Hamburg. Seit 2003 ist er Gastprofessor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

· Was sein Gesamtwerk anbetrifft, kann man die folgenden wiederkehrenden Themen hervorheben: Seine Bücher kennzeichnen sich durch eine realistische, volkstümliche Erzählweise, durch die Beschreibung der norddeutschen Küstenlandschaft. Die Problematisierung des Heimatgedankens und der deutschen Identität haben Lenz ganz besonders beschäftigt. Ihm liegt auch viel daran, die Inszenierung des Konflikts des Individuums mit totalitären Herrschaftsstrukturen in seinen Werken wiederzugeben.

· Zu den wichtigen Romanen von Lenz vor seinem größten Erfolg Deutschstunde zählt man : Es waren Habichte in der Luft (1951) / So zärtlich war Suleyken (1955) / Der Mann im Strom (1956); Das Vorbild (1973) / Heimatmuseum (1978) und Arnes Nachlass (1999) fanden besonders Beifall beim Publikum nach dem Erfolg der Deutschstunde.

· Deutschstunde ist schnell zu einem großen Bucherfolg geworden: nach kurzer Zeit wurden 250 000 Exemplare verkauft. Das lässt sich größtenteils darauf zurückführen, dass das Erscheinungsdatum des Romans der 68er Generation zupasskam.

Zusammenfassung

cover-deutschstunde-vignett_1352112157337.jpgDer Roman gliedert sich in zwanzig Kapitel, die mit einem eigenen Titel versehen sind, und den ganzen Text hindurch wird eine Haupthandlung in eine Rahmenhandlung eingeblendet.

Diese Rahmenhandlung lässt Siggi Jepsen, den Ich-Erzähler, auftreten: Er sitzt im Jahre 1954 in der Hamburger Jugendstrafanstalt und soll einen Aufsatz über die Freuden der Pflicht verfassen. Weil er in der Flucht von Erinnerungen und Einfällen gleichsam ertrinkt, gelingt es ihm nicht, etwas anderes als ein leeres Heft abzugeben. Der Direktor der Anstalt ordnet demnach die Fortsetzung des Aufsatzes als Strafarbeit an. Siggi muss also in einer Einzelzelle seine Strafe abbüßen, wobei ihm der Umfang der Arbeit und die Zeit, die er dafür braucht, freigestellt werden.

Die Niederschrift Siggis bildet die eigentliche Haupthandlung. Sie wird nur im mittleren Teil des Romans und am Schluss durch Hinweise auf seine gegenwärtige Schreibsituation unterbrochen, um auf die Beziehungen Siggis zu seinem Wärter oder zu seinem Psychologen hinzuweisen. Dieser Psychologe namens Mackenroth soll eine Diplomarbeit über den Fall Siggis verfassen, wobei er dem Jungen versichert, dass er durch diese Studie seine Diebstähle rechtfertigen will.

Das Wachrufen der Erinnerungen Siggis nimmt also den größten Platz im Roman ein : diese Erinnerungen reichen im Wesentlichen bis in das Jahr 1943 zurück, als die nationalsozialistischen Kulturfunktionäre ein Malverbot über Max Ludwig Nansen verhingen ( das Modell für den Maler war Emil Nolde, dem im Jahre 1941 auch ein Malverbot erteilt wurde). Die Handlung spielt im Wesentlichen in dem fiktiven norddeutschen Ort Rugbüll nahe der deutsch-dänischen Grenze. Der Vater Siggis, der Polizist ist, muss dieses Malverbot überwachen, und wird im Laufe der Zeit immer strenger und eifriger, was die Einhaltung dieser Maßnahme betrifft. Siggi steht meistens zu seinem Dienst, um den Maler zu bespitzeln. Gleichzeitig verbündet er sich mit dem Maler und wird zu seinem bevorzugten Vertrauten. Aus dieser Situation ergibt sich, dass Siggi zwischen seinem Gehorsam gegenüber dem Vater und seiner Bewunderung für den Maler hin- und hergerissen ist.

In seiner Erzählung tritt außerdem die Beschreibung der Stimmung im Elternhaus hervor, in dem die Mutter, der Vater, Siggi und seine Geschwister Hilke und Klaas wohnen, obwohl Klaas selten zu Hause ist, denn er ist an die Front gegangen. Diese ständige Stille, die man zum Beispiel auch im Roman von Herta Müller Der Mensch ist ein großer Fasan auf der Welt wiederfinden kann, fällt besonders auf : Die Eltern verkörpern unmenschliche Prinzipientreue, unnachgiebige Strenge und keines der drei Kinder kann sich daran anpassen. Interessant zu beobachten ist, wie diese drei Kinder abwechselnd aus der Familie ausgestoßen werden : Der Name von Klaas darf nicht mehr zu Hause ausgesprochen werden, nachdem er während des Krieges desertiert ist, indem er sich selbst eine Verletzung zugefügt hat. Hilke wird vorgeworfen, das Haus in Verruf gebracht zu haben, weil sie dem Maler als Modell gedient hat. Und Siggi tut es seinen Geschwistern gleich, da er nun in einer Jugendstrafanstalt sitzt. Diese drei Beispiele bringen das Scheitern des Erziehungsmodells der Eltern zum Vorschein.

Dann, nach dem Krieg, bemerkt man, dass weder Siggi noch der Vater, der inzwischen von seinem Posten abgesetzt worden ist, sich mit der neuen Lage abfinden können; der ehemalige Polizist kann einfach nicht anders als für die Einhaltung des Malverbots zu sorgen, obwohl es längst aufgehoben ist; er verfolgt also den Maler weiter und Siggi ertappt ihn bei der Zerstörung von Gemälden. Siggi kann seinerseits nicht aufhören, den Maler zu schützen und dieses Verhalten verwandelt sich ins Kriminelle: Er stiehlt von Ausstellungen Nansens Gemälde, um sie in Gewahrsam zu nehmen. Und wenn man das Ende des Romans heranzieht, entdeckt man, dass diese Phobie nach einem besonderen Vorfall entstanden ist und zwar nachdem eine Mühle, die als Versteck für Siggi diente (in der er unter anderem Gemälde sichergestellt hatte) durch einen Brand zerstört worden ist. Siggi verdächtigt seinen Vater, die Mühle in Brand gesetzt zu haben, und von da an entwickelt sich bei ihm eine Angst vor seinem eigenen Vater, was ihn dazu zwingt, die Gemälde von Nansen zu schützen.

Siggi wird also zum Bilderdieb und muss inhaftiert und umerzogen werden. So verfügen sich Haupthandlung und Rahmenhandlung. Siggi ist am Ende des Buches mit der Strafarbeit fertig und darf aufgrund seines guten Verhaltens die Anstalt vorzeitig verlassen. Besonders wichtig ist zum Schluss die Art und Weise, mit der er seine Strafe als „stellvertretend“ für seinen Vater zusammenfasst. Der ist für seine Straftaten verantwortlich und sollte an seiner Stelle die Strafe abbüßen.

Erzählperspektive

Die Eigentümlichkeit der Erzählperspektive muss ans Licht gebracht werden. Die Erzählgegenwart ist die Zeit, in der Siggi monatelang seine Strafarbeit verfasst und in seinem Text aktualisieren sich seine Erinnerungen. Das heißt, dass er geschehene Ereignisse in die Gegenwart hereinholt und gleichzeitig wird im Laufe des Schreibens die Gegenwart zur Vergangenheit. Aus diesem wechselseitigen Durchdringen beider Zeitebenen ergibt sich, dass Siggi, also das schreibende Ich, sich zugleich durch das Schreiben ändert, wenn er seine Erinnerungen wachruft, wenn er sich mit sich selbst auseinandersetzt. Er wird reifer, denn er reift im Akt des Schreibens. Das heißt, dass sich aus den Fragen über seine Vergangenheit die Antworten für seine Zukunft entwickeln; diese Zukunft bleibt zwar am Ende des Buches offen, aber da er seine Vergangenheit bewältigt beziehungsweise verstanden hat, ist er im Stande nun die Anstalt zu verlassen und auch zu handeln. Deshalb gilt der Roman als Entwicklungsroman.

Themen

Das Pflichtgefühl

Das Thema der Pflicht nimmt zunächst eine zentrale Stellung im Roman ein. Man bemerkt nämlich, dass alle drei Protagonisten, Siggi, sein Vater und der Maler, aus Pflicht handeln. Der Vater Siggis ist pflichtbewusst und gehorsam. Er kann und will die Überwachung des Malers nicht aufgeben, selbst nach dem Krieg. Er ist also unfähig, die Befehle der Obrigkeit in Frage zu stellen:

„Ich frage nicht, was einer gewinnt dabei , wenn einer seine Pflicht tut, ob es einem nützt oder so. Wo kämen wir hin , wenn wir uns bei allem fragten: und was kommt danach? Seine Pflicht, die kann man doch nicht nach Laune tun „ (zwölftes Kapitel)

Die blinde Pflichterfüllung steht der Selbständigkeit des Malers gegenüber, der sich weigert, sich jeder Bevormundung, jeder Autorität zu unterwerfen („Pflicht, das ist für mich nur blinde Anmaßung“). Trotz des Malverbots malt er weiter. Und was Siggi anbelangt, sieht er es als seine Pflicht, die Bilder vor weiteren Zerstörungen zu schützen. Also drei Protagonisten, die aus Pflicht handeln, denn Siggis Vater folgt seinen behördlichen Befehlen, der Maler folgt seinem inneren Auftrag und Siggi folgt seiner kindlichen Zuneigung zu dem Maler.

Der politische und geschichtliche Hintergrund

Lenz lässt seine Figuren in einem sehr begrenzten Ort auftreten lässt. Am Ende spielt zwar die Szene in Hamburg, aber das ist die einzige Ausnahme im Buch; alle Kapitel geschehen um das fiktive Dörfchen Rugbüll im äußersten Norden Deutschlands. Und man stellt fest, dass der politische und geschichtliche Hintergrund immer wieder durchscheint: Das ist zum Beispiel der Fall in der Schule Siggis, wo man den Schülern rassistische Vorurteile eintrichtert, die natürlich an das nazistische Gedankengut erinnern („unwertes Leben muss zugrunde gehen, damit wertes Leben bestehen und bleiben kann“, dreizehntes Kapitel). An Hinweise auf den Krieg fehlt es nicht: Im dreizehnten Kapitel sollen beispielsweise die britischen Truppen den Bewohnern das Ende des Krieges ankündigen. Die große Geschichte spiegelt sich immer in der kleinen Geschichte des Dorfes wider, das einer Art Mikrokosmos gleichzusetzen ist.

Macht und Kunst

Als aufschlussreich erweist sich auch der Konflikt zwischen Macht und Kunst, der fast den ganzen Roman durchherrscht. Die Frage, die sich stellt, lautet: Welche Mittel muss die Kunst beziehungsweise der Maler und seine Anhänger einsetzen, um den Einfluss der politischen Macht loszuwerden? Es leuchtet gleich ein, dass diese Mittel sich im Laufe des Romans an die Strenge des Polizisten anpassen müssen. Am Anfang unterschätzt der Maler das Malverbot, indem er den Polizisten in karikierender Weise im Bild „Lachmöwen im Dienst“ darstellt. Er malt trotz des Verbots weiter und seine Haltung kann als direkte Herausforderung empfunden werden. Dann aber werden allmählich seine Bilder beschlagnahmt und er muss eine andere Lösung finden, und zwar die der unsichtbaren Bilder, das heißt also leere Blätter (in Anlehnung an die ungemalten Bilder von Emil Nolde), die kaum als Gemälde betrachtet werden können. Doch auch sie werden von dem Vater Siggis beschlagnahmt; der Maler muss sich also dazu durchringen, die Bilder mit Hilfe von Siggi zu verstecken und das zeigt die Machtlosigkeit der Kunst gegenüber der blinden und sturen Pflichterfüllung. Was die Kunst betrifft, geht man also von einem Versuch aus, Widerstand zu leisten, zu der zwangsläufigen Anerkennung der Unterlegenheit gegenüber der politischen Macht, die sich durch die geheime Ausübung des Malerberufs ausdrückt.

Schluss

Die Deutschstunde ist der Ort, an dem das Aufsatzthema als Klassenarbeit gestellt wird. Es ist aber auch der Ort, wo Werte vermittelt werden, die zur Gesinnungsformung zugunsten des politischen Regimes beitragen, wie es das Aufsatzthema „die Freuden der Pflicht“ zeigt, das der Lehrer seinen Schülern auferlegt. Diese Indoktrinierung hat Lenz betonen und anprangern wollen, indem er auch darauf anspielt, dass alles wie zur Zeit des Nationalsozialismus geblieben ist; deshalb kann der Roman auch als eine Kritik an dem Schulsystem im Allgemeinen verstanden werden.

 

Pour citer cette ressource :

Boris Foucault, "Siegfried Lenz: «Deutschstunde»", La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), novembre 2012. Consulté le 26/04/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/bibliotheque/siegfried-lenz-deutschstunde-

Weitere Buchbesprechungen

Dieter Wunderlich : dieterwunderlich.de

"Deutschstunde" im Unterricht

Proposition didactique de M.-H. Salamito et F. Menot (2012) sur le site de l'académie de Créteil (extrait du texte et mise en parallèle avec un tableau de Nolde dans une séquence sur l'expressionnisme) : allemand.ac-creteil.fr

Deutschstunde als Rollenspiel : iz.shuttle.de

Kommentare und Beispiel eines Schülerreferats : bildungsserver.hamburg.de

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