Vous êtes ici : Accueil / Langue(s) / Langue et normes / Die Banater Schwaben – eine deutsche Minderheit in Rumänien

Die Banater Schwaben – eine deutsche Minderheit in Rumänien

Par Tanja Schönborn : Lektorin - ENS de Lyon
Publié par cferna02 le 03/10/2014

Activer le mode zen

Ces dernières années, la question de la valeur et de la place des dialectes, notamment dans l'enseignement, connaît un regain d'intérêt important, particulièrement en Bavière.Tanja Schönborn s'attache à retracer les conditions historiques qui ont vu naître et s'épanouir le dialecte des Souabes du Banat, la plus grande minorité de langue allemande installée en Roumanie. Elle en relève les principales caractéristiques morphologiques et lexicales avant de livrer quelques pistes pour l'exploitation en cours de ce sujet.

Ihre Geschichte – ihr Dialekt – ihre Integration in Deutschland

Einleitung

[Die] Sprache der Mutterschicht [ruht] auf eigenen Lebensgesetzen, die aus den geschichtlichen Schicksalen der einzelnen Räume hervorgegangen sind. Sie stellt sich, nicht gehemmt von gelehrten oder oberschichtlichen Einflüssen, den in ihr wirksamen Antrieben des Fortschritts, nimmt neues Gut unablässig auf, paßt es sich an und ein, läßt verdorren, was verdorren will, hält nur fest, was ihr gefällt oder wertvoll erscheint (Bernhard Martin, S. 11).

Dieser Auszug aus Bernhard Martins Werk „Die deutschen Mundarten“ bringt den Eigenwert der Mundarten im Gegensatz zur Schriftsprache zum Ausdruck. Während die Standardsprache nämlich einem Zwang durch äußere Sprachnormierungen unterworfen ist, entwickelt sich die Mundart aus einer inneren Dynamik heraus, die sich aus dem zugrunde liegenden Sprachmaterial, den geschichtlichen Rahmenbedingungen und der Beschaffenheit des Lebensraumes ergibt. In diesen mehr oder weniger abgeschlossenen Sprachgemeinschaften entstehen eigenständige regionale Idiome, welche durch „ihre unbeschwerte Schöpferkraft […] das Eigentümliche des deutschen Sprachwesens“ (Ebd. S. 12) aufrechterhalten und daher in ihrer Ausdruckskraft dem Standard oft überlegen sind. Im Zuge der Verstädterung und Globalisierung hat die Hochsprache vor allem in öffentlichen Kommunikationssituationen eine Vormachtstellung eingenommen. Nichtsdestotrotz hält sich der Dialekt weiterhin als Sprache des privaten und familiären Bereichs, daher sind seine Auswirkungen auf den Menschen auch nicht zu verleugnen, wie Martin Walser feststellt:

Der Dialekt ist eben genau so wichtig wie die untergegangene Kindheit. Deren Untergegangenheit ist nicht zu bezweifeln. Unbezweifelbar ist aber auch ihre Nachwirkung. Und ihre mächtigste Wirkung tut sie, kommt mir vor, in ihrem teuersten Zeugen: im Dialekt. (Martin Walser, S. 57).

Walser vergleicht den Dialekt mit der in der Vergangenheit liegenden Kindheit. Einer Kindheit, die im Laufe der Zeit immer mehr in Vergessenheit gerät und doch weiterhin nachwirkt und den Menschen in seiner Weltsicht und seinem Ausdrucksvermögen prägt. Eine solche Prägung durch den Dialekt gilt in besonderem Maße für das Banatschwäbische, das eine Sprachinsel in Rumänien bildet, denn „[i]m Banat weicht die Mundart viel langsamer als im geschlossenen deutschen Sprachbereich vor der Umgangssprache und der Schriftsprache zurück.“ (Johann Wolf, S. 20f.). Das heißt, dass diese Mundart sich als Volks- und Alltagssprache weit mehr entfalten konnte als andere innerdeutsche Dialekte, weshalb sie ein interessantes Beispiel deutscher Sprachentwicklung darstellt. Ziel dieses Artikels ist es daher, den Dialekt der Banater Schwaben vorzustellen, um so einen Eindruck von dessen Eigenart zu gewinnen. Im Sinne der traditionellen Mundartforschung soll zunächst eine kurze Zusammenfassung der geschichtlichen Hintergründe, welche die Entstehung des Dialekts bedingt haben, gegeben werden, ehe dessen sprachliche Merkmale in den Fokus der Betrachtung rücken. Angesichts des begrenzten Umfangs des Artikels soll eine Auswahl morphologischer und lexikalischer Merkmale vorgestellt werden, zur vertieften Beschäftigung mit der Thematik findet sich weiterführende Literatur in der Bibliographie.

Historischer Überblick

Um das Zustandekommen der sprachlichen Charakteristika der Banater Mundart zu verstehen, muss man zunächst einen Blick auf die Entstehungsgeschichte dieser Kommunikationsgemeinschaft werfen. Das Banat, welches den Landstrich zwischen Donau, Theiß und Marosch beschreibt, wurde 1716 mit der Eroberung der Festung Temeswar durch die Truppen Eugens von Savoyen von türkischer Herrschaft befreit und gelangte so in den Besitz der Habsburger. Damit wurde von österreichisch-ungarischer Seite aus den Deutschen der Weg zur Besiedlung des Gebiets gebahnt, wobei sich dieser Prozess in drei größeren Schüben vollzog, den sogenannten „Schwabenzügen“. Bereits im Jahre 1718 trafen rund 20000 deutsche Siedler im Banat ein. Bedingt durch das ungewohnte Klima fiel jedoch ein Großteil Seuchen zum Opfer, weshalb die Kolonisation bis 1729 schließlich zum Erliegen kam. Dieser erste Schwabenzug wird auch als „Karolinische Ansiedlung“ bezeichnet, da er unter der Herrschaft Karls VI. stattfand. Bedingt durch wirtschaftliche und militärpolitische Faktoren wurde die Besiedlung des Gebiets durch deutsche Bauern im Jahre 1734 wieder aufgenommen (Manfred Engelmann, S. 9). Die sogenannte „Theresianische Ansiedlung“ wurde durch den Regierungsantritt Maria Theresias eingeleitet und vollzog sich von 1744 bis 1772. Das von der Kaiserin erlassene Kolonisierungspatent, welches den Bauern eine sechsjährige und den Handwerkern sogar eine zehnjährige Steuerfreiheit einräumte, stellte dabei einen besonderen Anreiz für die Siedler dar. In der Zeit zwischen 1763 und 1772 strömte die größte Einwanderungswelle, der eigentliche „große Schwabenzug“ ins Land und führte mehr als 40000 Deutsche ins Banat. Die dritte Einwanderungsperiode, die von 1782 bis 1787 andauerte, fand während der Regentschaft Josephs II. statt und erhielt daher den Namen „Josephinische Ansiedlung“. Sie stellt den letzten Einwanderungsschub in größerem Umfang dar. Der Kaiser beauftragte eigens Werbeagenturen, um die Ansiedlung voranzutreiben (Nikolaus Berwanger, S. 8f.), wobei die Anforderungen an die möglichen Siedler unter dem Einfluss des aufklärerischen Gedankenguts nunmehr gelockert wurden. Beispielsweise war die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche nicht mehr zwingend erforderlich (Manfred Engelmann, S. 9.). Im Verlauf des 18. Jahrhunderts schritt die wirtschaftliche Entwicklung trotz widriger Bedingungen in dem zunächst noch sumpfigen Gebiet stetig voran. Als Folge davon überstiegen die landwirtschaftlichen Erträge sogar den Bedarf des Gebiets und die Kolonisation förderte den wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung des Banats, da die eingewanderten Handwerker die Entwicklung des Gewerbes beschleunigten. Der wirtschaftliche Wohlstand wurde jedoch durch den Abtritt des Banats von Österreich an Ungarn im Jahre 1778 stark beeinträchtigt und brachte die selbstständige nationale und kulturelle Entwicklung der Siedlungen ins Wanken. Dies äußerte sich vor allem in der ungarischen Schulpolitik. 1831 wurde das Madjarische in allen Schulen des Banats zur alleinigen Unterrichtssprache erklärt. Ein Begehren der deutschen Minderheit nach „Förderung der deutschen Sprache und ihrer Einführung als öffentliche Amtssprache“ (Alina Florina Toma, S. 51) durch einen dem Kaiser unmittelbar unterstellten deutschen Grafen blieb 1849 erfolglos. Auch ein 1868 erlassenes Gesetz, das den Volksgruppen zum Sprechen und zur Ausbildung in ihrer Muttersprache verhelfen sollte, wurde nie umgesetzt. Die Durchsetzung des Ungarischen als verpflichtendes Unterrichtsfach hatte eine Dezimierung der deutschsprachigen Volksschulen von 192 auf lediglich 34 im Jahre 1913/14 zur Folge. Ziel dieser Madjarisierungspolitik war eine Assimilierung der Minderheiten, die deren kulturelle Identität bedrohte und den Erhalt ihrer Muttersprache und ihres Brauchtums gefährdete. Als das Banat 1849 von Ungarn abgetrennt wurde, löste das Deutsche das Ungarische als Amtssprache ab, was die kulturelle Entfaltung etwas erleichterte. Dem stark ausgeprägten Nationalbewusstsein der Deutschen in diesem Gebiet tat auch die wiederholte Angliederung an Ungarn 1867 keinen Abbruch. 1918 konnte schließlich die erneute Einführung des Deutschen als Unterrichtssprache durchgesetzt werden. Infolge des Zerfalls der österreichisch-ungarischen Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg wurde auch das Banat 1923 zur Grenzregulierung zwischen Rumänien und Jugoslawien aufgeteilt (Ebd., S. 52). Dabei fielen zwei Drittel des Gebiets an Rumänien und machten dort die stärkste deutsche Volksgruppe des Landes aus. Als bei den rumänischen Parlamentswahlen im Jahre 1920 „Dr. Kaspar Muth als Repräsentant der Rumäniendeutschen ins Parlament gewählt“ (Ebd., S. 53) wurde, erhielten die deutschen Minderheiten ein Sprachrohr, das zur Förderung deutscher Vereine und Bildungseinrichtungen beitrug. Die Allianz zwischen Rumänien und Deutschland im Zweiten Weltkrieg führte zwar die Autonomie des deutschen Schul- und Kulturwesens in Rumänien herbei, brachte die Minderheiten aber auch in Kontakt mit nationalsozialistischem Gedankengut. Die Erstarkung des nationalen Bewusstseins der Banater Schwaben wurde durch den Einfluss des Dritten Reiches auf Rumänien begünstigt und mündete schließlich in die Gründung der „Deutschen Volkspartei“. Die verheerenden Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges machten auch vor den Deutschen in Rumänien nicht halt: Evakuierung, Deportation in die Sowjetunion sowie Zwangsum- und Aussiedlungen führten zu einer starken Dezimierung der Banater Schwaben (Walter Engel, S. 9-16). 1945 wurden sowohl Männer als auch Frauen der deutschen Minderheit „auf Verlangen der Russischen Regierung und mit Unterstützung der Kommunistischen Partei Rumäniens in die Sowjetunion zur Zwangsarbeit in Bergwerken und Industriebetrieben deportiert“ (Alina Florina Toma, S. 55). Nach dem Sturz der Regierung und der Ausrufung der Volksrepublik Rumänien im Jahre 1947 wurden die im Lande lebenden Minderheiten erneut in ihren Rechten beschnitten und büßten durch Deportierungen in die Bărăgan-Steppe 1951 ihre Freiheit ein. Diese erlangten sie erst nach Stalins Tod 1953 wieder, wobei nicht alle Verschleppten in ihre Heimatdörfer zurückkehrten, sondern einige auch in die DDR oder in die Bundesrepublik entlassen wurden. Das Recht auf deutschsprachigen Unterricht wurde in Rumänien erst nach 1948 wiedereingeführt. Allerdings machte die marxistische Ideologie weder vor dem Schulwesen, noch vor anderen kulturellen Institutionen wie Theater, Presse oder Rundfunk halt. Aufgrund dieser kommunistischen Einflussnahme und der mangelnden Rechtssicherheit, der sich die deutschen Minderheiten in Rumänien ausgesetzt sahen, erhofften sich viele Deutsche eine Verbesserung ihrer Lebensbedingungen und eine Zusammenführung mit ihren Angehörigen durch eine Aussiedlung in die Bundesrepublik. Daran wurden sie jedoch durch ein Ausreiseverbot seitens der kommunistischen Staatsführung in den meisten Fällen gehindert. Nach Machtantritt Ceauşescus 1965 kam es zu einem leichten Aufschwung des kulturellen Lebens durch Gründung neuer deutschsprachiger Zeitungen und Verlage sowie diverser Germanistiklehrstühle an rumänischen Universitäten. Darüber hinaus wurden auch deutsche Sendungen im rumänischen Fernsehen ausgestrahlt. Als sich 1978 der deutsche Staat bereit erklärte, einen Pauschalbetrag von 5000 DM für jeden aus Rumänien einreisenden Deutschen zu zahlen, wanderten bis Anfang der 80er Jahre durchschnittlich knapp 15000 Personen pro Jahr nach Deutschland aus. Durch die Abwanderungsbewegung verschlechterte sich die Lage der in Rumänien Verbliebenen zunehmend. Dies veranlasste immer mehr Menschen dazu, die alte Heimat zu verlassen, um nicht Ceauşescus Homogenisierungspolitik zum Opfer zu fallen. Die Auswanderungswelle kam auch nach dem Sturz des Ceauşescu-Regimes 1989 nicht zum Erliegen. Im Jahre 1992 wurde die Zahl der im Banat verbliebenen Deutschen auf lediglich 50000 geschätzt (Alina Florina Toma, S. 55-59).

Der Großteil der Siedler im Banat stammt „aus der Rheinpfalz, Hessen, Trier, Lothringen, Franken und in seltenen Fällen aus Bayern, Württemberg, Österreich“ (Walter Engel, S. 7), wobei in den meisten von Deutschen bevölkerten Dörfern eine rheinfränkische Mundart vorherrschend war. Dass man dennoch von den Banater „Schwaben“ spricht, lässt sich folgendermaßen erklären: In Ungarn waren die ersten deutschen Ankömmlinge nach den Türkenkriegen tatsächlich Schwaben, alle folgenden Siedler wurden der Einfachheit halber ebenfalls als Schwaben bezeichnet. Der Name fungiert sozusagen als Sammelbegriff für die Siedler des 18. Jahrhunderts, im Gegensatz zu den deutschen Einwanderern, die sich bereits im Mittelalter in Osteuropa ansiedelten und gemeinhin „Sachsen“ genannt werden (Johann Wolf, S. 20f.). Die Bezeichnung „Donauschwaben“, der man in der Literatur ebenfalls häufig begegnet, rührt daher, dass die Mehrzahl der bis 1723 nach Ungarn umsiedelnden Deutschen aus Oberschwaben, dem nördlichen Bodenseegebiet, der oberen Donau sowie dem Südschwarzwald stammt. Daher hat sich „Donauschwaben“ gegen „Donaudeutsche“ durchgesetzt, auch wenn Letzteres die tatsächlichen Umstände besser ausgedrückt hätte (Hans Gehl 1998, S. 143). Der Begriff ist eine Verallgemeinerung, da sich die Grenzverhältnisse im Laufe der Geschichte verändert haben und daher Bezeichnungen wie „ungarische Schwaben“ (Johann Wolf, S. 21) hinfällig wurden. Letztlich stellt die Benennung Donauschwaben ein pars pro toto dar und dient der Vereinfachung, um in der Forschung eine verwirrende Begriffsvielfalt aus Banater, Sathmarer, südslawischen und ungarländischen Schwaben zu vermeiden. (Hans Gehl 2005, S. 45) Johann Wolf konstatiert, dass die Banater Schwaben „also Nennschwaben, aber keine Abstammungsschwaben“ sind. Daher haben sich im Banat auch nur diejenigen Merkmale des Schwäbischen erhalten, die auch in den anderen Mundarten vorzufinden waren (Johann Wolf, S. 22). Die Eigenheiten der verschiedenen Dialekte der Siedler haben sich mit der Zeit abgeschliffen und aneinander angepasst. Es ist eine Art Mischdialekt entstanden, in dem aufgrund der räumlichen Entfernung zu den „Mutterdialekten“ auch sprachliche Eigenheiten konserviert wurden, die in den heutigen deutschen Dialekten nicht mehr realisiert sind. Innerhalb der Sprachgemeinschaft gibt es jedoch zahlreiche Schattierungen, sodass jedes Dorf besondere Eigenheiten aufweist. Man kann also nicht von dem Dialekt der Banater Schwaben sprechen, sondern muss zwischen vielen verschiedenen Ortsmundarten unterscheiden. Die im Folgenden vorgestellten Dialektmerkmale stellen daher nur eine Auswahl allgemeiner sprachlicher Prinzipien dar, die für die banatschwäbischen Mundarten charakteristisch sind.

Die wichtigsten Merkmale des Dialekts

Morphologie

Um nun einige morphologische Aspekte des Dialekts vorzustellen, soll zunächst die Gestalt des Substantivs Gegenstand der Untersuchung sein. Grundlegend ist zu sagen, dass der Formenbestand der substantivischen Deklination im Gegensatz zur Standardsprache reduziert ist. Es wird meist nur zwischen Singular und Plural unterschieden, die Kennzeichnung des jeweiligen Falls ist dagegen nicht am Nomen markiert, sondern ergibt sich aus dem Satzzusammenhang. Als Beispiel dient hier die Deklination des Substantivs der Tag, welches im Nominativ Singular də Daach ausgesprochen wird. Der Plural ergibt sich im Gegensatz zur Hochsprache nicht durch Anhängen einer Endung, sondern durch Hebung des Stammvokals: die Deech. Zu den übrigen Kasus ist festzuhalten, dass die Formen des Akkusativs und des Dativs mit der des Nominativs identisch sind – es hat sich hier also ein Zusammenfall der Formen vollzogen – der Genitiv dagegen ist wie in den meisten Dialekten und in der gesprochenen Sprache im Allgemeinen bis auf wenige Überreste verschwunden und wird stattdessen gemäß des Sinnspruchs „Der Dativ ist dem Genitiv sein Feind“ durch Kombination des Dativs mit einem Possessivpronomen gebildet. Aus diesen Regeln ergibt sich dann folgende Deklination: də Daach, əm Daach sei, əm Daach, də Daach im Singular und die Deech, də Deech ihre, də Deech, die Deech im Plural (Hans Hagel, S. 146). Als Kasusmerkmale fungieren lediglich „die Formen des Artikels und des Pronomens oder der pronominalen Endungen der attributiven Adjektive“ (Johann Wolf, S. 118).

Während die Banater Schwaben auf die direkte Kasusmarkierung am Nomen verzichten, nehmen sie bei der Numerusmarkierung vielfach eine stärkere Differenzierung vor, als es die Standardsprache verlangt: So weisen die Substantive das Fenster und das Messer im Gegensatz zur Schriftsprache im Singular und Plural unterschiedliche Formen auf, nämlich es Finster und die Finstre beziehungsweise es Messer und die Messre. Zudem weichen die Pluralendungen häufig vom Standard ab. So gibt es Formen, in denen die Endung –en durch –er ersetzt wird wie in die Himeder (die Hemden) oder die Better (die Betten) und Formen, bei denen –en durch –e ausgetauscht wird, beispielhaft hierfür sind die Ohre oder die Kumrade (Kameraden). Teils wird der Plural auch durch einen Umlaut angezeigt, der in der Hochsprache nicht vorhanden ist, wie in die Schäf (Schafe) oder die Ärm (Arme). Darüber hinaus gibt es Nomina, deren Formen sich im Plural nicht ändern, wie die Schwein, die Fisch, die Troppe (Tropfen), oder deren Pluralformen sich durch einen Lautabfall auszeichnen, so wird Perd zu Per (Pferde) und Hund zu Hunn. Ebenso wie die Numerusformen stimmt auch das Genus nicht immer mit der Standardsprache überein, was man an die Saft, də Butter oder es (das) Monat sieht (Johann Wolf, S. 117f.).

Mit Blick auf die Konjugation lässt sich sagen, dass auch die Verbalparadigmen im Verhältnis zum Hochdeutschen vereinfacht sind und die Zeitstufen in Bildung und Verwendung vom Standard abweichen. Die Formen des Futurs und des Perfekts werden regelmäßig gebildet (Hans Hagel, S. 147) (z. B. ich wer gehn, ich han gschlof, ich sin gelaaf), zur Bildung der Vergangenheit wird häufig an das Perfekt des Verbs noch das Partizip Perfekt des Auxiliars haben angefügt, wie folgender Beispielsatz veranschaulicht: Ich han die Aarweit fertich gemach ghat, wie er zu mir kumm is (Ich hatte die Arbeit beendet, als er zu mir kam). Diese Konstruktion betont die Tatsache, dass es sich bei dem dargestellten Geschehen um einen in der Vergangenheit abgeschlossenen Vorgang handelt (Johann Wolf, S. 126). Im Banatschwäbischen existiert auch das regelmäßig gebildete Plusquamperfekt, es hat jedoch wie in dem Satz Mir waare dort gewen (Wir sind dort gewesen) perfektive Bedeutung. Aufgrund der Komplexität dieser Verbalformen werden die imperfektiven Formulierungen Ich waar mit der Aarweit fertich, wie er zu mir kumm is. beziehungsweise Mir waare dort. bevorzugt (Hans Hagel, S. 147). Auffallend ist, dass nur noch die Hilfsverben haben und sein zur Bildung einer Präteritumsform fähig sind, bei allen anderen Verben ging das Präteritum verloren, „weil der Abfall des auslautenden –e zu Homonymen führte: Präsens: er sucht, Präteritum: er sucht’ “ (Johann Wolf, S. 125).

Die Verbalparadigmen weichen durch Kürzung oder Kontraktion der Formen von der Standardsprache ab, sodass die Formen der 1. Person Singular und Plural sowie der 3. Person Plural zusammenfallen, wie an den Paradigmen von sein, haben und dem regelmäßigen Verb gehen aufgezeigt werden soll:

SEIN HABEN GEHEN

ich sin

ich han

ich gehen

du bist

du hast

du gehst

er is

er hat

er geht

mir sin / sein

mir han

mir gehen

(d)ihr sid / seid

(d)ihr hat

(d)ihr geht

sie sin / sein

sie han

sie gehen

Betrachtet man die Partizipialformen, so fällt auf, dass bei den meisten Verben die Endung –en reduziert ist wie in gfunn (gefunden), gesiehn (gesehen), oder aber, dass sie ganz wegfällt wie in getrieb (getrieben), gschoss (geschossen) und gholf (geholfen). An diesen Beispielen wird auch das Beibehalten des durch den Ablaut bedingten Vokalwechsels in der Mundart ersichtlich. Ferner bilden einige Verben abweichend von ihrer standardsprachlichen Realisierung ein starkes beziehungsweise schwaches Partizip: Die Verben winsche – gewunsch (wünschen), leide – gelitt (läuten) beispielsweise werden in der Mundart stark konjugiert, denge – gedenkt (denken) sowie scheine – gscheint (scheinen) sind dagegen schwach. Bei einigen Partizipien ist ein Schwund der Vorsilbe ge- zu verzeichnen: er is kumm, hat gess, gen, und is gang für er ist gekommen, hat gegessen, gegeben und ist gegangen, teils ist die Vorsilbe ge- aber auch als Wortbildungselement in allen Formen eines Verbs enthalten, zum Beispiel in gfreie (freuen). Des Weiteren kann der Gebrauch der Hilfsverben vom Standard differenzieren wie in ich sin vergess für ich habe vergessen. Bei den Modalverben wird zur Bildung des Perfekts statt des Partizips ein Ersatzinfinitiv verwendet: ich hans kenne (ich habe es gekonnt) (Ebd., S. 127f.).

Was den Konjunktiv anbelangt, so ist der Konjunktiv I nur noch in festen Wendungen wie Gott sei Dank erhalten, der Konjunktiv II wird in der Regel durch analytische Umschreibungen mit tun und mögen ausgedrückt wie in Wann er etwas aarweide tet, meecht er aach etwas han (Wenn er arbeiten würde, dann hätte er auch etwas) (Hans Hagel, S. 147). Die Hilfsverben haben und sein verfügen dagegen über eigenständige Konjunktivformen: ich hätt, ich wär. Daneben gibt es noch eine Handvoll anderer Verben, die über eine synthetische Konjunktivform verfügen, wie ich tät, ich kreecht (kriegte), darunter vor allem die Modalverben: ich braicht (bräuchte), kennt (könnte), misst (müsste), derft (dürfte), sellt (sollte), mecht (möchte).

Eine Besonderheit des Genus Verbi ist die Bildung des Passivs mittels des Verbs gen / gin (geben) Es handelt sich dabei um eine Eigenart der rheinfränkischen Mundarten, die unter dem Einfluss des Moselfränkischen entstanden ist. Gen vertritt dabei das Auxiliar were und ist mit diesem in Funktion und Bedeutung gleichwertig, was an folgenden Beispielsätzen gezeigt werden soll: Der Wein is getrunk gen (Der Wein ist getrunken worden); er get Leher (Er wird Lehrer); Die Peer gin rumgspannt (Die Pferde werden umgespannt); Er is krank gen (Er ist krank geworden). Dem gegenüber steht der Satz Die Name were gin (Die Namen werden gegeben), da hier das unschöne doppelte gin gin vermieden werden soll. Das Sprachgefühl verpflichtet den Sprecher also durchaus dazu, zwischen verschiedenen Konstruktionen zu variieren (Johann Wolf, S. 129f.), auch wenn das einen komplexeren Aufbau des Satzes zur Folge hat. Die Konstruktion Adjektiv + gen, wie im oben erwähnten krank gen, ist ein typisches Beispiel für die in den Banater Mundarten stark vertretenen analytisch – paraphrastischen Umschreibungen von verbalen Ausdrücken, die in der Standardsprache durch einfache Verben – in diesem Falle erkranken – repräsentiert werden. Der Banater Schwabe würde niemals sagen, dass er etwas liebt oder hasst, sondern dass er es gere hat beziehungsweise net leide kann. Er wiederholt die Dinge nicht, sondern macht sie noch eemol (noch einmal), er friert nicht, sondern hat kalt und anstatt zu hinken, geht er krumm (Ebd., S. 135). Der Dialekt ermöglicht damit eine wesentlich anschaulichere und expressivere Sprechweise als die Hochsprache. Es gibt also eine starke Produktivität im Bereich der Wortbildung und zwar in der Form, dass verloren gegangene Verben durch analytische Kombination von Substantiven, Adjektiven und Adverbien mit Hilfsverben kompensiert werden.

In Bezug auf Wortbildungsverfahren im Allgemeinen zeichnet sich das Banater Schwäbische durch „die Tendenz zur Zusammensetzung der Wörter und vor allem zum Verbinden der Glieder einer syntaktischen Fügung“ (ebd., S. 163) aus, wie in Gelriib für geeli Riib (Gelbe Rübe) oder gischtrowed für gischter owed (gestern Abend). Vor allem bei Pflanzen- und Tierbezeichnungen werden zusammengesetzte Substantive bevorzugt und zwar häufig in der Weise, dass das mundartliche Kompositum wie eine affektive und expressive Paraphrase des Bezeichneten wirkt. Das wird an Sternblum (‚eine Blume, die aussieht wie ein Stern‘) für Narzisse und Dickkopp (‚ein Tier, das einen dicken Kopf hat‘) für Kaulquappe deutlich. Neben der Komposition nutzt die Mundart natürlich auch die Derivation als produktives Wortbildungsverfahren. Häufig verwendete Suffixe zur Bildung von maskulinen Substantiven sind –er, wie in Finanzer (Steuerbeamter), –ling in Schniddling (Schnittlauch) und das meist eine pejorative Implikation enthaltende –jan in Dummjan (Dummkopf). Zur Bildung femininer Nomen dient das aus dem Französischen entlehnte –age wie in Stellasch (Regal), das wie in der Standardsprache zur Movierung gebrauchte –in wie in Arweiderin (Arbeiterin), sowie das Suffix –heit, das zuweilen auch reduziert wird wie in Wohret (Wahrheit). Für das Banater Schwäbische charakteristische Verbalsuffixe sind –le wie in torgle (taumeln), –re in fludre (reinemachen) und -s- in workse (würgen). Adjektive werden zumeist durch Anhängen von –lich oder –ich gebildet wie in artlich (sonderbar) und glanzich (glänzend), ein Sonderfall sind die Adjektive, die auf –sich von mhd. –sic enden wie auswendsich (auswendig) (Ebd., S. 165ff.). Der Bestand an Präfixen ist deutlich geringer, denn „die Vorsilben ent-, er-, zer- sind selten, ver- und ge- überwiegen.“ (Hans Hagel, S. 148) Ver- und ge- treten sogar in Verbindungen auf, in denen im Hochdeutschen kein beziehungsweise ein anderes Präfix verwendet wird wie in sich grfreie (sich freuen), verschrecke (erschrecken) oder verzähle (erzählen).

Lexik

Ebenso wie unter dem Punkt „Morphologie“ soll nun der Wortbestand des Dialekts überblicksartig vorgestellt werden, um so einen Eindruck von den Ausdrucksmustern der Mundartsprecher zu gewinnen. Der Wortbestand des Banatschwäbischen wird unter Einbeziehung einfacher und zusammengesetzter Bildungen auf lediglich 20 000 Wörter geschätzt (Johann Wolf, S. 147), wobei sich der tatsächlich gebräuchliche Wortschatz der Sprecher selbstverständlich in wesentlich kleineren Dimensionen abspielt. Vor allem Bezeichnungen aus Landwirtschaft und dörflichem Leben spiegeln den „bewahrende[n] Charakter der Mundart“ (Ebd.) wider, sind aber eher einem fachsprachlichen Wortschatz zuzurechnen und werden von vielen Sprechern nicht mehr aktiv beherrscht beziehungsweise sind Dialektunkundigen nicht verständlich. Exemplarisch seien Sech (Pflugmesser) und Orwesse (Speisereste) genannt, wobei letzteres sich von mhd. horwec = schmutzig herleitet. Ein Beispiel für ein nicht-fachsprachliches und allgemein gebräuchliches Lexem ist der Ausdruck Stross für Kehle, welcher auf das mhd. drozze = Schlund, Kehle zurückgeht und noch im heutigen erdrosseln zu finden ist. In der Mundart hat sich also durch die geographische Isolation vom deutschen Sprachraum das ältere Lexem gehalten, das Banatschwäbische gibt damit Aufschluss über Sprachwandelprozesse (Ebd., S. 11).

Neben der Konservierung älteren Wortgutes zeichnet sich die Banater Mundart auch dadurch aus, dass sie bedingt durch ihre Zusammensetzung aus verschiedenen Dialekten über einen großen Synonymenreichtum verfügt. Wolf führt zur Veranschaulichung dieses Phänomens die von Dorf zu Dorf variierenden Ausdrücke für ‚Mutterschwein‘ auf: Sau, Muck, Mouk, Mook, Moor, Maar, Loos, Taus. Die Mundart ist in ihrer Ausdrucksfähigkeit dem Standard teils sogar überlegen: so stellt das Substantiv Huckes einen Überbegriff für die verschiedenen Sitzgelegenheiten dar, wenn also jemand nach einem Huckes fragt, kann er damit sowohl einen Stuhl, eine Bank, als auch einen Hocker oder dergleichen meinen. Über solch einen allgemeinen Oberbegriff verfügt die Hochsprache nicht. Andere Lexeme haben in der Mundart eine Bedeutungsveränderung erfahren: Unter Grechtigkeit (Gereichtigkeit) versteht der Dialektsprecher kein Abstraktum, sondern den konkreten Hofbesitz eines Bauern, mit Freindschaft (Freundschaft) ist die Verwandtschaft gemeint. Schriftsprachliche Abstrakta werden dagegen zumeist mit den bereits oben erwähnten analytischen Umschreibungen ausgedrückt, was der Sprache einen metaphorisch – expressiven Charakter verleiht: Es heißt er traat die Nas hoch (er trägt die Nase hoch) für ‚Stolz‘ oder er is e grader Michl (er ist ein gerader Michael) für ‚Aufrichtigkeit‘. Allerdings finden auch standard- und umgangssprachliche Ausdrücke Eingang in den Dialekt, wobei diese als solche auch gekennzeichnet werden: Wamr mit de Leit arweide soll, muss mer se gut kenne, ihre Eigenschaften und Charakter, wie mer des so saat (Wenn man mit den Leuten arbeiten will, muss man sie gut kennen, ihre Eigenschaften und ihren Charakter, wie man so sagt). Der Registerwechsel ist hier explizit durch den Nachtrag markiert (Ebd., S. 148ff.). Andere dem Standard entsprechende Bezeichnungen werden dagegen im Dialekt völlig ausgespart und grundsätzlich durch das mundartliche Pendant ersetzt: Es heißt immer rede für sprechen ((Es sei darauf verwiesen, dass das Banater Schwäbische auch spreche kennt, es wird jedoch in der Bedeutung ‚Hochdeutsch sprechen‘ verwendet; der Satz Sie tun mit ihre Kinner nor spreche. meint also ‚Sie sprechen nur Hochdeutsch mit ihren Kindern‘.)), Leicht für Begräbnis oder schroo für unheimlich (Hans Hagel, S. 149).

Durch die territoriale Lage und durch Kolonisation war die Banater Mundart natürlich auch fremdsprachlichem Einfluss ausgesetzt, was zu zahlreichen Entlehnungen geführt und damit die Eigentümlichkeit und Ausdrucksfähigkeit der Sprachinsel noch gesteigert hat. Den stärksten fremdsprachlichen Einfluss durch Kolonisation hatte dabei das Französische: So sagt man zum Beispiel nicht Mut, sondern Kurasch (frz. courage), nicht lebhaft, sondern alert (frz. alerte) und wenn Leute sich geschwätzig unterhalten oder streiten, dann verwendet man in der Mundart gerne das Verb paljasche (frz. parlage). Wie man an diesen ausgewählten Beispielen erkennt, ist die Lautung des französischen Wortgutes stark an die Aussprachekonventionen des Dialekts angepasst, sodass der romanische Ursprung der meisten Wörter auf den ersten Blick kaum mehr erkennbar ist. Auch syntaktische Strukturen weisen Parallelen zum Französischen auf, zum Beispiel heißt es Ich han kalt/heiß statt Mir ist kalt/heiß. Neben dem Französischen waren weitere „Gebersprachen“ selbstverständlich das Rumänische, Serbische und Ungarische aufgrund der räumlichen Nähe. Entlehnungen aus dem Rumänischen sind zum Beispiel Brinse (= Schafskäse von rum. brînsă) oder Prunje (= Pflaume von rum. prune) (Johann Wolf, S. 156f.).

Eine weitere charakteristische Eigenart der Mundarten des Banats ist neben den vielen bedeutungsähnlichen Wörtern die Neigung zur Onomatopoesie, vor allem im Bereich der Verben, so bei pischpre (flüstern), pletsche (klatschen) oder schnorkse (schnarchen) (Ebd., S. 151).

Zusammenfassung

Betrachtet man nun rückblickend die Entstehungsbedingungen und Charakteristika des Banatschwäbischen, so wird klar, dass der Dialekt eine Sonderstellung in der Riege der deutschen Mundarten einnimmt. Die Abtrennung von Deutschland, die starke Durchmischung dialektaler Merkmale, sowie der Kontakt zu fremdsprachlichen Idiomen haben diesen Dialekt auf eigentümliche Weise geformt. Vor allem Phänomene des Sprachwandels lassen sich am Banatschwäbischen gut beobachten, da der Dialekt altes Sprachmaterial sowohl aus dem morphologischen als auch lexikalischen Bereich bewahrt hat und sich fremdsprachliche Einflüsse in Anbetracht des intensiven Kontakts verhältnismäßig gering ausnehmen. Ist der banatschwäbische Dialekt auch durch die in den 70er Jahren massiv einsetzende Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland (Manfred Engelmann, S. 11) und die damit verbundene Anpassung an die hiesigen Dialekte und Umgangssprachen mehr und mehr im Sterben begriffen, so lässt sich doch der große Eigenwert dieser Mundart nicht verleugnen. Dank ihrer Bildhaftigkeit und Expressivität gibt sie Zeugnis einer vergangenen Zeit und der damit verbundenen Weltsicht. Insofern erscheint der einleitend zitierte Vergleich des Dialekts mit der Kindheit des Menschen gerade für das Banater Schwäbische tatsächlich sehr treffend, da er zwar in naher Zukunft unwiederbringlich der Vergangenheit angehören wird, aber dennoch für die deutsche Sprachforschung nutzbar gemacht und somit als ein Stück Kulturgut betrachtet werden kann.

Ideen für den Unterricht

Die Geschichte der Banater Schwaben wird bald ihr letztes Kapitel schreiben. Interessanterweise hat sich die Mundart über zwei Jahrhunderte hinweg in der anderssprachigen Umgebung behauptet und weiterentwickelt, seit der „Rückkehr in die alte Heimat“ ist jedoch innerhalb von Jahrzehnten ein Sprachverfall eingetreten, der wohl unabwendbar im Sprachtod enden wird. Die in Rumänien zurückgebliebene deutsche Bevölkerung ist überaltert und verschwindend gering und die nach Deutschland Ausgewanderten haben sich an die sprachlichen Bedingungen ihrer Umgebung angepasst. Der Anteil der aktiven Dialektsprecher nimmt stetig ab, vor allem in den jüngeren Generationen sind nur noch wenige seiner mächtig, da ihre Eltern den Dialekt nicht an sie weitergegeben haben, um ihnen eine möglichst reibungslose Integration zu ermöglichen. Es existieren auch heute noch Kulturvereine wie die Landsmannschaft der Banater Schwaben, die sich durch Organisation von Treffen der Angehörigen einer Ortschaft und Herausgabe volkskundlicher und sprachwissenschaftlicher Untersuchungen des Dialekts um dessen Erhalt bemühen. Nichtsdestotrotz stirbt der Dialekt mit seinen aktiven Sprechern im wahrsten Sinne des Wortes aus und wird bald nur noch in Tonaufnahmen oder in schriftlich fixierter Form erhalten bleiben.

Die Geschichte der Banater Schwaben mag eine Lebensform widerspiegeln, die in unserer modernen Welt anachronistisch erscheint. Eine Betrachtung der sprachlichen und kulturellen Entwicklung des Banats wirft jedoch Fragen auf, die auch heute noch von großem Interesse sind. Welche Bedeutung haben Dialekte für die Identität einer Person? In welcher Weise werden wir durch unsere Sprache geprägt? Wie wichtig ist es heute noch, Dialekte und Brauchtum als Kulturgut zu bewahren und wie lässt sich dies konkret umsetzen, vor allem in den jüngeren Generationen? Mit diesen Fragen kann die Thematik für den Unterricht fruchtbar gemacht werden. Als Einstieg bietet sich die Erstellung einer Mindmap an, dabei können folgende Fragen als Impuls dienen:

Wie würden Sie „Dialekt“ definieren?

Welche Unterschiede gibt es zwischen Dialekt und Standardsprache? (Dialekt: auf private Kommunikation beschränkt, identitätsstiftend, Stadt – Land, Dialekt teilweise negativ konnotiert). Anregend können hier auch die in der Einleitung verwendeten Zitate wirken.

An deutschen Schulen, insbesondere in Bayern, ist eine Wende bezüglich des Stellenwertes von Dialekten zu erkennen. Da der Dialekt für viele Schüler ihre erste Sprache darstellt und die Standardsprache erst darauf aufbauend an der Schule erlernt wird, gibt es sogar Diskussionen, Dialekte als Unterrichtsgegenstand einzuführen. Über die Homepage des bayerischen Kultusministeriums können Handreichungen für die Behandlung von Dialekten im Unterricht heruntergeladen werden:

http://www.isb.bayern.de/download/6428/dialekte_in_bayern_teil_1.pdf

http://www.isb.bayern.de/download/6429/dialekte_in_bayern_teil_ii.pdf

http://www.isb.bayern.de/download/6430/dialekte_in_bayern_teil_iii.pdf

Es gibt einige Internetseiten, die den Schülern eine eigenständige Recherche zur Thematik „Banater Schwaben“ ermöglichen. Zu nennen ist hier einerseits die Homepage der bereits erwähnten Banater Landsmannschaft:

www.banater-schwaben.org

Auf dieser Seite findet man Bilder, in Dialekt verfasste Texte, Tonaufnahmen in Mundart sowie Nachrichten zu aktuellen kulturellen Veranstaltungen der Landsmannschaft.

Eine weitere Homepage, die Informationstexte zu Lebensweise, Brauchtum und wichtigen Personen des Banats bietet, ist:

www.banaterra.eu

Besonders interessant sind hier die der Zeitung Banater Post entnommenen Texte zum Thema „Banater Schwaben in Frankreich“. Es wird davon erzählt, wie die während des Zweiten Weltkrieges nach Österreich geflohenen Banater Schwaben, von denen viele ursprünglich aus Lothringen und aus dem Elsass stammten, im Bergdorf La Roque sur Pernes eine neue Heimat fanden. Um dem damaligen Premierminister Robert Schumann unbemerkt ihr Gesuch um Einreiserlaubnis zu übermitteln, versteckten die Flüchtlinge einen Brief im Gewand einer aus Stofffetzen gefertigten Trachtenpuppe. Das Schreiben wurde tatsächlich gefunden und die darin enthaltene Bitte erhört.

Die Texte sind unter folgendem Link abrufbar:

http://www.banaterra.eu/german/content/banater-schwaben-frankreich

Das Banat hat einige bedeutsame Schriftsteller hervorgebracht, die wichtigsten des XIX. Jahrhunderts sind Adam Müller Guttenbrunn sowie Nikolaus Lenau, deren Werke auch unter Projekt Gutenberg (http://gutenberg.spiegel.de/) zu finden sind. Zu besonders großer Bekanntheit in der Gegenwart hat es die banatstämmige Schriftstellerin Herta Müller gebracht. Für ihren Roman „Atemschaukel“ wurde ihr 2009 der Literatur-Nobelpreis verliehen. Als Unterrichtsgegenstand bieten sich die Gedichte in ihrem Band „Vater telefoniert mit den Fliegen“ an. Wie in einer Collage werden ausgeschnittene Wörter aneinandergereiht und ergeben so ein lyrisches Bild, das zeigt wie gewaltig und gleichzeitig unvermögend die Sprache sein kann. Auf der Homepage www.lyrikline.org sind einige dieser Collagen in bildlicher Form sowie als von der Autorin selbst gelesene Tonspur verfügbar. In diesen Werken zeigt sich der spielerische Charakter der deutschen Sprache, die Möglichkeit Komposita aus einzelnen Wörtern zusammenzufügen und so Neologismen zu kreieren. Hintergrundinformationen zu diesem Projekt der Schriftstellerin bietet ein Interview des Nachrichtenmagazins Spiegel: „Ich habe die Sprache gegessen“ (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-87908042.html) Darin spricht die Autorin über ihre Wortobsession und den Schaffensprozess ihrer Gedichte. Als kreative Verarbeitung der Thematik können die Schüler selbst Gedichte nach diesem Muster aus deutschen Zeitschriften und Zeitungen ausschneiden, um so einen spielerischen Zugang zur Konstruktion grammatisch korrekter Sätze zu finden.

Ein gut verständliches Gedicht in Banater Mundart, welches auf die Bedeutung des Dialekts eingeht, ist folgendes:

Mei Sproch

von Hans Wolfram Hockl

Donaudeitscher, Donauschwob -

wer hat wenne vorwärtsgschob?

Bleibt des aa noch lang em Streit,

sem'mr doch norr deitsche Leit.

Un en alli Welt verstraut,

bleibt die Sproch uns doch vertraut,

forr's Gemiet sogar em Buch

wie e frische Trunk em Kruch.

Mei Guckandle ware kumm

aus'm Sauerland rundum,

vun de Mosel mutterseits,

wie mei Sproch eich saat bereits.

Phälzisch hehscht de Wagen Waan,

awwer Kokosch hehscht de Hahn.

Bißl schlaat als annres nin,

awwer deitsch em beschte Sinn.

Meine Sprache

Von Hans Wolfram Hockl

Donaudeutscher, Donauschwabe –

Wer hat wen vorwärts geschoben?

Bleibt dies auch noch lange strittig,

sind wir doch nur deutsche Leute.

Und in alle Welt zerstreut,

bleibt die Sprache uns doch vertraut,

für das Gemüt sogar im Buch

wie ein frischer Trunk im Krug.

Meine Urahnen kamen

aus der Gegend des Sauerlandes,

von der Mosel mütterlicherseits,

wie meine Sprache euch bereits sagt.

Pfälzisch heißt der Wagen Waan,

aber Kokosch heißt der Hahn.

Es gibt also auch andere Einschläge,

aber im besten Sinne deutsch.

Quelle: http://www.banat.de/kultur/php/hwhocklg.php3

Das Gedicht befasst sich mit der Herkunft der Siedler und der Entwicklung ihres Dialekts. Dieser setzt sich wie oben bereits erläutert aus altem Wortgut aus dem binnendeutschen Raum (hier dem Pfälzischen) und fremdsprachlichen Lexemen zusammen. Das deutsche Wort Hahn wurde vollends durch Kokosch ersetzt, was auf rumänisch kōkoš ‚Henne‘ zurückgeht. Der Sprecher ist sich durchaus der Andersartigkeit seiner Mundart bewusst, rückt aber doch deren deutschen Kern in den Vordergrund und zeigt damit, dass er sich in seinem Selbstverständnis als Deutscher betrachtet. Die Sprache stellt eine wichtige Größe bei der Definition der eigenen Identität dar und hat gemeinschaftsstiftenden Charakter, da sie ihre Sprecher immer miteinander verbinden wird.

Bibliographie

Martin, Bernhard: Die deutschen Mundarten. Marburg: N. G. Elwert 1959.

Berwanger, Nikolaus: Adam Müller-Guttenbrunn. Sein Leben und Werk im Bild. Bukarest: Kriterion Verlag 1976.

Engel, Walter: Deutsche Literatur im Banat (1840-1939). Der Beitrag der Kulturzeitschriften zum banatschwäbischen Geistesleben. Heidelberg: Groos 1982.

Engelmann, Manfred: Banater Bilder. Land und Leute. München: Landsmannschaft der Banater Schwaben aus Rumänien in Deutschland e.V. 1988.

Gehl, Hans: „Die aktuelle sprachliche Eingliederung der Donauschwaben“. In: Gehl, Hans (Hrsg.): Sprachgebrauch – Sprachanpassung. Eine Untersuchung zum heutigen Gebrauch der deutschen Sprache in Westrumänien und zur sprachlichen Anpassung der Donauschwaben. Tübingen: Institut für Donauschwäbische Geschichte und Landeskunde 1998, S. 143-184.

Ders.: Wörterbuch der donauschwäbischen Lebensformen. Stuttgart: Franz Steiner 2005.

Hagel, Hans: Die Banater Schwaben. Gesammelte Arbeiten zur Volkskunde und Mundartforschung. München: Südostdeutsches Kulturwerk 1967.

Toma, Alina Florina: „Grenzen und Perspektiven einer Sprache und Kultur – Die Lage des Deutschen im rumänischen Banat“. In: Hans Gehl (Hrsg.): Sprachgebrauch – Sprachanpassung. Eine Untersuchung zum heutigen Gebrauch der deutschen Sprache in Westrumänien und zur sprachlichen Anpassung der Donauschwaben. Tübingen: Institut für Donauschwäbische Geschichte und Landeskunde 1998, S. 45-91.

Walser, Martin: Bemerkungen über unseren Dialekt, in: Heimatkunde. Aufsätze und Reden. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1968, S. 51 – 57.

Wolf, Johann: Kleine Banater Mundartenkunde. Bukarest: Kriterion Verlag 1975.

Note

Pour citer cette ressource :

Tanja Schönborn, "Die Banater Schwaben – eine deutsche Minderheit in Rumänien ", La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), octobre 2014. Consulté le 05/11/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/langue/langue-et-normes/die-banater-schwaben-eine-deutsche-minderheit-in-rumanien-