10. Dezember 2021 - Erste Dienstreisen für Scholz und Baerbock nach Paris, Brüssel und Warschau
„Kein engerer Freund als Frankreich“
Johannes Leithäuser (FAZ, 09/12/2021)
An ihrem ersten Arbeitstag reist die neue Außenministerin zu den europäischen Partnern. Sie wolle erst einmal zuhören, sagt sie. Berlin werde seine Vorstellungen nicht über die Köpfe der anderen hinweg verfolgen.
Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat als erste Amtshandlung ihrem französischen Kollegen Jean-Yves Le Drian die engste Zusammenarbeit zugesichert. Baerbock war zum Dienstbeginn gleich am späten Mittwochabend nach Paris gereist. Sie sagte nach der Unterredung mit Le Drian am Donnerstagmorgen, es gebe für Deutschland „keinen engeren Freund als Frankreich“.
Olaf Scholz reist nach Paris: Staatsbesuch mit hoher Bedeutung
Luisa von Richthofen (Deutsche Welle, 09/12/2021)
Wie blickt man in Frankreich auf den neuen Kanzler? Und warum ist der Besuch diesen Freitag an der Seine mehr als nur Höflichkeit?
Als die Moderatorin Olaf Scholz in einer Fernsehdebatte fragte, wohin seine erste Staatsreise als Kanzler gehen würde, zweifelte er keine Sekunde: "Nach Paris". Nun passiert es tatsächlich: Olaf Scholz, Deutschlands neuer Kanzler, reist gleich am dritten Tag seiner Amtszeit zum wichtigsten europäischen Partner der Bundesrepublik. Ins Nachbarland. Nach Frankreich.
Doch Olaf Scholz ist nicht zum ersten Mal im Élysée-Palast. Dort hat man ihn als Merkels Vize-Kanzler und Finanzminister, als Partner seines französischen Pendants Bruno Le Maire noch gut in Erinnerung. Die beiden haben die Entstehung des EU-Wiederaufbaufonds im Zuge der COVID-Pandemie vorangetrieben. "Bei uns steht Scholz vor allem für Kontinuität und Berechenbarkeit," sagt Christophe Arend, Abgeordneter in der Regierungspartei (LREM).
Baerbock und Scholz wollen in Warschau das Eis brechen
Monika Sieradzka (Deutsche Welle, 09/12/2021)
In Polen ist in der Regierungszeit der nationalkonservativen PiS das Verhältnis zu Deutschland spürbar abgekühlt. Neben Paris und Brüssel gehört Warschau zu den ersten Reisezielen von Annalena Baerbock und Olaf Scholz.
Angespannte politische Beziehungen, antideutsche Rhetorik der PiS-Regierung in Warschau und kaum Dialog - so sehen seit Jahren die Beziehungen zwischen Polen und Deutschland aus. Und das, obwohl die Ex-Kanzlerin Angela Merkel oft um versöhnliche Töne gegenüber Warschau bemüht war.
Ideologisch liegt die polnische Rechte von der neuen links-liberalen Koalition der Bundesrepublik noch weiter weg als von der früheren Berliner CDU/CSU-SPD-Regierungskoalition. Die SPD hat in den rechten Kreisen in Polen das Image einer prorussischen Partei, auch weil die umstrittene Erdgasleitung Nord Stream 2 in der Regierungszeit Gerhard Schröders (SPD) abgesegnet wurde.
Macron ist voll des Lobes für Scholz
Michaela Wiegel (FAZ, 10/12/2021)
Während der EU-Ratspräsidentschaft will sich Frankreichs Präsident Macron für ein souveränes Europa einsetzen. Am Freitag erwartet er Bundeskanzler Scholz in Paris – und lobt bereits den Koalitionsvertrag.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat am Donnerstag seine Pläne für die französische EU-Ratspräsidentschaft vorgestellt. Wenige Stunden vor dem Antrittsbesuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) lobte er den Koalitionsvertrag, der ausdrücklich EU-Vertragsänderungen in Aussicht stelle, um die EU bürgernäher zu gestalten. Deshalb werde die europäische Zukunftskonferenz, deren Ergebnisse im Mai 2022 vorgestellt werden, eine besondere Bedeutung haben.
Ein Kanzler nach Macrons Geschmack?
Eine Analyse von Matthias Krupa (Zeit Online, 10/10/2021)
Emmanuel Macron sieht sich noch immer als Taktgeber in der EU. Er wird beim Antrittsbesuch des neuen Kanzlers testen, ob dessen Regierung bereit ist, mitzugehen.
Vor vier Jahren war es so: In Frankreich wartete ein neuer, tatendurstiger Präsident, in Deutschland wurde erst einmal gewählt. Dann wurde sondiert, dann wurde ein zweites Mal sondiert, dann dauerte es noch einmal eine Weile, und als in Berlin endlich wieder regiert wurde, war der tatendurstige Mann in Paris halb verdurstet. Und sauer war er obendrein. Von dem europäischen Aufbruch, den Emmanuel Macron im Herbst 2017 in himmelblau leuchtenden Farben ausgemalt hatte, blieb kaum etwas übrig.