08. Mai 2017 - Der Sieg Macrons aus deutscher Sicht
Hoffnung, Mut, Zuversicht
dpa (Handelsblatt)
08. Mai 2017
Nach dem Brexit und dem Erstarken von Rechtspopulisten weckt der Wahlsieg von Macron Hoffnung im Nachbarland Deutschland. Wird dem deutsch-französischen Bündnis neues Leben eingehaucht?
Berlin. Frankreichs neuer starker Mann Emmanuel Macron weckt in Deutschland Hoffnung auf eine intensive Zusammenarbeit. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt auf eine enge deutsch-französische Kooperation: „Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass wir gut zusammenarbeiten werden“, sagte sie am Montag in Berlin: „Emmanuel Macron trägt die Hoffnung von Millionen von Franzosen - auch von vielen Menschen in Deutschland und ganz Europa.“
Der Sozialliberale hatte am Sonntag klar gegen die EU-feindliche Rechtspopulistin Marine Le Pen gewonnen. Merkel sagte, Deutschland und Frankreich seien einander schicksalhaft verbunden und stünden vor gemeinsamen Herausforderungen, um die EU in eine gute Zukunft zu führen. Macron will kurz nach seiner Amtsübernahme nach Berlin fliegen, um Merkel zu treffen. Der Antrittsbesuch in Deutschland werde Macrons erste offizielle Auslandsreise sein, sagte seine Beraterin Sylvie Goulard dem Sender CNews.
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Frankreichs großes Experiment
Kommentar von Christian Schubert (FAZ)
08. Mai 2017
Emmanuel Macron bringt gute Voraussetzungen für das Präsidentenamt mit. Aber er steht jetzt vor großen Aufgaben. Denn Frankreichs Wirtschaft liegt brach.
Vor einigen Wochen startete der deutsche Fernbusanbieter Flixbus in Frankreich eine Werbekampagne mit einem italienischen Sportbekleidungshersteller. Dessen Name: Macron Spa. Die Aktion war ein Augenzwinkern, das auf den künftigen Präsidenten Frankreichs anspielte. Die Öffnung des Busverkehrs ist sein Werk, sie war Teil des nach ihm benannten Gesetzes zur Liberalisierung der Dienstleistungen. Flixbus ist in Frankreich seither Marktführer – vor dem Busanbieter der staatlichen Bahngesellschaft SNCF.
Diese Anekdote sagt viel über ein wichtiges Element in der Werteskala von Emmanuel Macron: Wettbewerb. Für sein Dienstleistungsgesetz legte er sich mit Apothekern, Notaren und Gerichtsvollziehern an, nächtelang diskutierte er mit Parlamentariern und Lobbygruppen. Den Linken warf er vor, dass sie die Monopole der Besitzstandswahrer verteidigten, die Rechten rügte er, dass sie jahrelang die Hände in den Schoß gelegt hätten, um die Regierung dann für eine angeblich ungenügende Reform zu kritisieren. Macron konnte nicht alles durchsetzen, doch bei den Ladenöffnungszeiten war er erfolgreich. Heute kann man in Frankreich an vielen Orten fast einkaufen wie in Amerika, am Sonntag und werktags bis spät in den Abend.
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Der Motor der EU
Kommentar von Holger Steltzner (FAZ)
08. Mai 2017
Kann Frankreichs neuer Präsident die Stimmung im Land drehen, die noch schlechter als die Lage ist? In Deutschland scheint vielen gar nicht bewusst zu sein, wie gegensätzlich die Wahrnehmungen der politischen und wirtschaftlichen Lage in den Nachbarländern ist. Nur noch 15 Prozent der Franzosen vertrauen dem politischen System, das tut hierzulande eine satte Mehrheit von zwei Drittel.
Neun von zehn Deutschen sind der Ansicht, das Land stehe wirtschaftlich gut da, hingegen halten drei von vier Franzosen ihre Lage für schlecht. Die Aussichten für die junge Generation seien gut, meinen die meisten Deutschen, während die überwältigende Mehrheit der Franzosen die Chancen der Jungen als schlecht einschätzt. Diese erschütternden Zahlen einer Meinungsumfrage von Allensbach und Kantar Public France, die kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vorgestellt wurde, erklären das Wahlverhalten der Franzosen.
Merkels Moment
Kommentar von Stefan Braun (SZ)
08. Mai 2017
Macrons Sieg in Frankreich und der CDU-Erfolg in Kiel bringen die Kanzlerin in eine fast perfekte Situation: Nun kann sie sich im Kampf für eine neue starke EU auch finanziell großzügig zeigen.
Die Sache ist heikel. Sie ist bei den eigenen Truppen umstritten. Und sie könnte ziemlich viel Geld kosten. Trotzdem ist für Angela Merkel der Moment gekommen, an dem sie beweisen muss, ob ihr wirklich so viel an Europa liegt, wie sie vorgibt.
Seit Wochen, Monaten, Jahren erklärt die Kanzlerin, wie entscheidend eine starke EU für Europa und für Deutschland sei, um im internationalen Wettbewerb nicht nur gute Geschäfte zu machen, sondern auch die eigenen politischen Überzeugungen zu verteidigen. Und seit Wochen, Monaten, ja Jahren standen für sie die Winde nie günstiger, um sich zu einer Stärkung der EU zu bekennen - mit klaren Worten und noch klareren Hilfszusagen.
Berlin -
Für den gerade erst ernannten Baustaatssekretär der Linken, Andrej Holm, wird es eng. Sein überraschendes Geständnis vom Mittwoch, bei seinem Lebenslauf für eine Anstellung an der Berliner Humboldt-Universität (HU) falsche Angaben zu seiner Stasi-Zeit gemacht zu haben, sorgt für Irritationen in der rot-rot-grünen Koalition, insbesondere in der SPD. „Es gibt Aufruhr in der Partei“, sagte ein gut vernetzter Sozialdemokrat der Berliner Zeitung. „Viele finden: Der Mann ist nicht mehr zu halten.“ Auch renommierte DDR-Historiker wie Ilko-Saschea Kowalczuk und Jens Gieseke werfen Holm vor, die Unwahrheit gesagt zu haben.
Der 46-jährige Soziologe und Stadtforscher Holm hatte der HU verschwiegen, dass er von September 1989 bis Januar 1990 hauptamtlicher Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit war. Stattdessen hatte er in einem Fragebogen nur seine militärische Grundausbildung beim Stasi-Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ angegeben. Ihm sei jetzt erst durch Einblick in seine Kaderakte klar geworden, dass er hauptamtlich als Offiziersschüler beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) beschäftigt gewesen sei, erklärte Holm. Seinen Lebenslauf habe er korrigiert nachgereicht. Die HU prüft derzeit rechtliche Konsequenzen. Auch der Senat hat, wie bei jedem neuen Staatssekretär, eine Regelanfrage bei der Stasi-Unterlagen-Behörde gestartet.
– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/25302198 ©2016
Alexander Van der Bellen konnte den Vorsprung auf Norbert Hofer bei höherer Wahlbeteiligung ausbauen, er steht als Bundespräsident fest. Die FPÖ bekräftigt, auf eine Anfechtung zu verzichten - derstandard.at/2000048771312/Van-der-Bellens-Wahlsieg-fiel-deutlicher-aus-als-erwartetAlexander Van der Bellen konnte den Vorsprung auf Norbert Hofer bei höherer Wahlbeteiligung ausbauen, er steht als Bundespräsident fest. Die FPÖ bekräftigt, auf eine Anfechtung zu verzichten - derstandard.at/2000048771312/Van-der-Bellens-Wahlsieg-fiel-deutlicher-aus-als-erwarte
Es ist kurios, dass eine Buchpreisrunde mit einer fußballmetaphernhaltigen Verleihung endet. Aber erst die wichtigen Dinge. Bodo Kirchhoff hat am Montagabend im Kaisersaal des Frankfurter Römers den mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis zugesprochen bekommen.
Der Deutsche Buchpreis zeichnet den „Besten Roman“ eines Jahrgangs aus, „Widerfahrnis“ ist eine Novelle, aber Kirchhoff mendelte sich beim fortschreitenden großen Lesen zunehmend als Favorit unter den letzten sechs der Nominierten heraus – der vielleicht noch am häufigsten genannte Mitfavorit Thomas Melle hat äußerst gezielt gar keine Fiktion geschrieben, so viel dazu.
– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/24932162 ©2016
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Schon wieder Schulmeister
Kommentar von Markus Becker (Spiegel Online)
09. Mai 2017
Kaum ist Emmanuel Macron zum Präsidenten Frankreichs gewählt, hagelt es aus Deutschland Kritik an seinen Reformplänen für Europa. Doch Berlin täte gut daran, die Chance für die EU nicht zu verspielen - es könnte ihre letzte sein.
Die Angst vor einer französischen Präsidentin Marine Le Pen und dem Ende der EU haben manche offenbar schnell wieder vergessen. Kaum hat Emmanuel Macron die Wahl gewonnen, machen sich Unions- und FDP-Politiker daran, seine Reform- und Wirtschaftspläne für die EU zu zerpflücken.
"Weder die Eurozone noch Frankreich leiden an zu wenig Schulden", dozierte Finanzstaatssekretär Jens Spahn in der "Bild"-Zeitung. "Frankreich löst seine Probleme nicht auf Pump, sondern mit Wirtschaftsreformen", belehrte FDP-Chef Christian Lindner den künftigen Präsidenten Frankreichs und fügte hinzu: "Mehr Schulden als erlaubt" dürfe auch ein Macron nicht machen.
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Eurobonds hat er nie gefordert
Simone Gaul (Zeit Online)
10. Mai 2017
In Deutschland werden Macrons Pläne eines gemeinsamen Haushalts für die Eurozone samt Finanzminister kritisiert. Dabei sind sie nicht so radikal, wie Gegner befürchten.
Geht es nach Emmanuel Macron, bricht für die EU jetzt ein neues Zeitalter an. Als verlorenes Jahrzehnt hat Frankreichs neu gewählter Präsident die Jahre von 2005 bis 2015 einmal bezeichnet. "Wenn wir uns nicht bewegen, zerstören wir die EU", sagte er, als er noch Wirtschaftsminister unter seinem Vorgänger François Hollande war. Seine Generation müsse verhindern, dass die Europäische Union sterbe.
Das Ende der EU scheint durch seinen Wahlsieg gegen die Rechtspopulistin und EU-Gegnerin Marine Le Pen vorerst abgewendet. Doch ob – und wie weit – Macron seine ehrgeizigen Pläne verwirklichen kann, ist auch unklar. Die Skeptiker melden sich bereits, vor allem aus Deutschland. Konservative fürchten, dass Deutschland künftig mehr für Europa zahlen muss als bisher. Rein vorsorglich sagten Bundesregierung, Politiker der CDU und der FDP deshalb schon, sie wollten keine Eurobonds – für solche gemeinsamen Anleihen müsste die Bundesregierung höhere Zinsen zahlen als für die Schuldscheine, die sie bisher ausgibt. Und EU-Kommissar Günther Oettinger aus der CDU spricht sich gegen einen gemeinsamen Finanzminister für die Eurozone aus.
Pour citer cette ressource :
08. Mai 2017 - Der Sieg Macrons aus deutscher Sicht, La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), mai 2017. Consulté le 24/11/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/revue-de-presse/archives-revue-de-presse-2017/08-mai-2017-der-sieg-macrons-aus-deutscher-sicht