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3. Oktober 2016 - Eine harte Einheitsfeier für Merkel

Publié par cferna02 le 10/07/2016

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Von den Mindestansprüchen der Zivilisation
Lars Radau (Tagesspiegel)
03. Oktober 2016

Die Einheitsfeiern in Dresden werden für Merkel und Gauck zum Spießrutenlauf. Pegida-Anhänger brüllen und pöbeln. Drinnen findet Bundestagspräsident Lammert deutliche Worte.



Diesmal geht der Polizist fast sofort dazwischen. „Nehmen Sie sofort die Arme runter“, herrscht er einen durchtrainierten jungen Mann an, der zu Kapuzenpulli, Jeans und Basecap auch eine Trillerpfeife und Ohrenstöpsel trägt. Denn viel hätte in diesem Moment vor der Dresdner Semperoper nicht gefehlt, dass sich direkt am Absperrgitter vor der Protokollzone eine handfeste Prügelei entwickelt.

Der Pfeifenträger hatte schon geraume Zeit mit ein paar Kameraden lautstark seinen Protest gegen den auf einer Großbildleinwand aus der Oper übertragenen Festakt zum Tag der deutschen Einheit getrillert. Direkt in die Ohren eines dunkelhäutigeren Mannes mit schwarz- rot-goldenem Sombrero, der ebenfalls auf den Theaterplatz gekommen ist, um die Einheit zu feiern. Sein auf einen Pappdeckel gemaltes „Wir schaffen das", ebenfalls in Schwarz-Rot-Gold gehalten, sei „völlig unironisch“ gemeint, hatte er ein paar Minuten zuvor betont. Als er mit erhobener Stimme verkündet, dass ihn das Gepfeife nerve und einen Schritt auf die Gruppe zugeht, liegt die Keilerei in der Luft – bis der Polizist einschreitet.

Das scheint an diesem verregneten Einheitsmontag in Dresden sonst eher die Ausnahme zu sein. So müssen sich Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Norbert Lammert und etliche andere Gäste schon am frühen Morgen Proteste und Beschimpfungen gefallen lassen. Den Auftakt des Tages bildet ein ökumenischer Gottesdienst in der Frauenkirche. Bereits eine reichliche Stunde vor Beginn haben sich vor dem Gotteshaus mehrere hundert Menschen versammelt, offensichtlich vor allem Anhänger der islam- und fremdenfeindlichen Pegida-Bewegung.


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Pöbeleien bei der Einheitsfeier - Merkel fordert Respekt

dpa/epd/nto (FAZ)
03. Oktober 2016

Mit einem Festakt in der Semperoper haben die Einheitsfeiern in Dresden ihren Höhepunkt erreicht. Auf der Straße werden Kanzlerin Merkel, Bundespräsident Gauck und andere Gäste rüde beschimpft. Es fließen Tränen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Tag der deutschen Einheit zu gegenseitigem Respekt und Dialogbereitschaft aufgerufen. 26 Jahre nach der Wiedervereinigung sei der Tag der Einheit für die allermeisten Deutschen nach wie vor ein Tag der Freude und Dankbarkeit, sagte Merkel am Montag vor dem zentralen Festakt in Dresden. Es gebe aber auch neue Probleme. „Und ich persönlich wünsche mir, dass wir diese Probleme gemeinsam, in gegenseitigem Respekt, in der Akzeptanz sehr unterschiedlicher politischer Meinungen lösen und dass wir auch gute Lösungen finden.“

Die Kanzlerin, Bundespräsident Joachim Gauck und andere Gäste waren vor dem Festakt von mehreren hundert Demonstranten beschimpft und angepöbelt worden. Unter den Demonstranten waren vor allem Anhänger des fremdenfeindlichen Pegida-Bündnisses. Sie riefen „Volksverräter“, „Haut ab“, „Merkel muss weg“ und bliesen in ihre Trillerpfeifen.
Lammert fordert „Mindestansprüche der Zivilisation“ ein

Bundestagspräsident Norbert Lammert warb für ein selbstbewusstes, weltoffenes und vielfältiges Deutschland. „Das Paradies auf Erden ist hier nicht. Aber viele Menschen, die es verzweifelt suchen, vermuten es nirgendwo häufiger als in Deutschland“, sagte Lammert. Er monierte, dass die Deutschen ihr eigenes Land viel zu negativ darstellten. „Wir können und dürfen durchaus etwas mehr Selbstbewusstsein und Optimismus zeigen“, sagte er. Deutschland könne sich „durchaus eine kleine Dosis Zufriedenheit“ erlauben, wenn nicht sogar ein Glücksgefühl. Lammert forderte „Mindestansprüche der Zivilisation“ in der politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzung ein. Dazu zählten Respekt, Toleranz, Achtung vor dem Rechtsstaat, vor der Meinungs- und vor der Religionsfreiheit.

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Wieder kein schöner Tag für Dresden
Jakob Pontius und Tilman Steffen (Zeit Online)
03. Oktober 2016

Die Stadt Dresden hatte sich von den Einheitsfeiern schöne Bilder versprochen. Doch dann dominierte das Protestgebrüll von Pegida den Tag.

Dresden, Montagabend. Die rechte Protestbewegung ist gespalten und das ausgerechnet am Tag der Deutschen Einheit. Als die Staatsgäste aus Dresden abgereist sind, die Zelte abgebaut werden und die Dämmerung hereinbricht, sammeln sich die Anhänger von Pegida-Organisator Lutz Bachmann auf einer Wiese nahe der weltbekannten barocken Altstadt, gegenüber der Bühne ragt eine Bauruine auf. Die konkurrierende Bewegung Festung Europa, der bei Bachmann in Ungnade gefallene Tatjana Festerling, demonstriert am Blauen Wunder, jener historischen Brücke, elbaufwärts gelegen. 200 Menschen sind hier gekommen, um den Rednern des islamfeindlichen Bündnisses zuzujubeln. Unter ihnen Petar Nizamov, der als Flüchtlingsjäger in Bulgarien paramilitärische Bürgerwehren organisiert. Der Ton ist aggressiv bis aufrührerisch. Flaggen mit dem gelben Lambda der völkischen Identitären Jugendbewegung wehen im Wind. Als ein Redner am Mikrofon beklagt, der Staat verweigere ihm das Recht auf freie Meinungsäußerung, antworten die Versammelten mit Applaus – auf einer angemeldeten Demonstration mit Polizeischutz. Den Widerspruch bemerkt hier keiner.

Die Behauptungen der Redner übertreffen sich in ihrer Absurdität: Die Bundesregierung habe Millionen aufgefordert, nach Europa zu kommen. Ihr alleiniges Ziel sei, die Bevölkerung auszulöschen. Festerling fabuliert vom "Islam als Massenvernichtungswaffe". Die Schweriner AfD-Politikerin Petra Federau fordert "nationalen Widerstand" und lädt dessen Bedeutung mit einem historisch schrägen Bild auf: "Wir sind die Stauffenbergs von heute."

Die Parolen der Rechten bleiben aber nicht unwidersprochen. Auf dem Blauen Wunder haben sich etwa 300 Menschen zu einer Gegendemonstration getroffen. Ihre Menschenkette wurde von der Polizei auf der Brücke aufgehalten.

 

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Merkels härtester Feiertag

Annett Meiritz und Angela Gruber (Spiegel Online)
03. Oktober 2016

Pfeifkonzerte, Sprechchöre, offener Hass: Selten war die Kluft zwischen Politik und Wutbürgern so spürbar wie bei den Einheitsfeiern in Dresden. Im Zentrum des Zorns stand die Kanzlerin.

Vom diesjährigen Tag der Deutschen Einheit bleibt der üble Eindruck zurück, dass ein Schwarm gereizter Hetzer sogar den wichtigsten Feiertag des Landes verderben kann. Beim zentralen Festakt in Dresden kam es am Montag permanent zu Sprechchören, Pfeifkonzerten und Rangeleien.

Mittendrin im Geschehen waren Deutschlands Top-Politiker - Kanzlerin Angela Merkel, Bundespräsident Joachim Gauck, Parlamentspräsident Norbert Lammert und viele andere.

Schon im Vorfeld raunte man im politischen Berlin über den Ort der Einheitsfeier. Ob das gut geht? Ausgerechnet in Dresden, wo sich die islam- und fremdenfeindliche Bewegung Pegida gründete? Wo erst vergangene Woche ein Anschlag auf eine Moschee verübt wurde?

Auch wenn viele Menschen friedlich feiern konnten, die rund 2600 Sicherheitskräfte die Situation bislang unter Kontrolle behielten: Stellenweise ging es gar nicht gut. Die Anspannung in der sächsischen Hauptstadt war den ganzen Tag spürbar, die Stimmung schrammte mehrfach an der Eskalation vorbei. Die Feierlichkeiten waren von Furcht geprägt, wie Szenen aus Dresden zeigen:

  • Die Demonstranten nahmen die Innenstadt mit einer Art Guerillataktik in Besitz. Überall wo Politiker auftauchten, machten Protestierende mit Pfiffen und Sprechchören auf sich aufmerksam. Schon morgens am Neumarkt vor der Frauenkirche versammelten sich geschätzt 500 Demonstranten zum Pfeifkonzert gegen ankommende Politiker wie Merkel und Gauck. Sie riefen "Merkel muss weg", "Haut ab" oder "Volksverräter". Die Stimmung heizte sich zunehmend auf. "Um Zugang der Ehrengäste zu den Protokollveranstaltungen am Neumarkt zu gewährleisten, mussten Personen zurückgedrängt werden", twitterte die Polizei.

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Pour citer cette ressource :

3. Oktober 2016 - Eine harte Einheitsfeier für Merkel, La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), juillet 2016. Consulté le 21/11/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/revue-de-presse/archives-revue-de-presse-2016/3-oktober-2016-eine-harte-einheitsfeier-fyr-merkel