Presseschau vom 6. Februar bis zum 13. Februar
– von Christophe Lehousse, Journalist
Integrationsdebatte nach dem Besuch des türkischen Regierungschefs in DeutschlandDer Besuch des türkischen Regierungschefs Recep Tayyip Erdogan in Deutschland hat in dieser Woche eine Integrationsdebatte ausgelöst. Besonders kühl empfangen wurde vor allem Erdogans Vorschlag an Angela Merkel, demnächst türkischsprachige private Bildungseinrichtungen in Deutschland zu schaffen. Gift für Integration nannte zum Beispiel der CSU-Vorsitzende Erwin Huber eine solche Idee, und auch bei der SPD stieß diese Anfrage auf eine klare Ablehnung. Nach den Worten der SPD-Bundestagsabgeordneten Lale Akgün, die selbst ein Kind der türkischen Einwanderung in Deutschland ist, kann eine eigene Schule nach ethnischer Herkunft nur Segregation sein, keine Integration. Unter den deutschen Politikern konnte der türkische Premierminister nur einen Befürworter finden: das CDU-Mitglied Friedbert Pflüger, der der Ansicht war, Deutschtürken bräuchten im Lande ihre eigene Elite, um gut vertreten zu sein. Erdogans zweiter Vorschlag, in Zukunft auch Lehrer aus der Türkei nach Deutschland zu schicken, wurde regelrecht überhört.
Überhaupt wurde Erdogans Auftritt von den meisten deutschen Zeitungen äußerst kritisch beurteilt. Dem türkischen Ministerpräsidenten wurde vor allem vorgeworfen, die schon fragile Integration der türkischen Gemeinde in der deutschen Gesellschaft durch seine Eingriffe noch komplizierter zu machen. Auf einer privaten Massenveranstaltung, die der türkische Staatsmann nach dem Treffen mit der Bundeskanzlerin in Köln am Sonntag geplant hatte, hat er tatsächlich seine 20000 türkischen oder türkischstämmigen Zuhörer vor einer möglichen deutschen Assimilation gewarnt, daneben aber kein einziges Wort über Integration verloren. Seine Worte vermitteln eine klare Botschaft: Ihr lebt zwar in Deutschland, aber ihr seid Türken und ich bin euer Ministerpräsident, so schätzte es der Spiegel-online in einer Spezialberichterstattung ein.
Nur eines lobten die deutschen Medien beim Auftritt des türkischen Premiers einstimmig: nach einem Brand in Ludwigshafen, bei dem letzte Woche mehrere Türken ums Leben gekommen waren, hat Erdogan anders als die türkischen Medien nicht gleich den Verdacht einer ausländerfeindlichen Tat erhoben und seine Landsleute zur Ruhe ermahnt. Mittlerweile ziehen die polizeilichen Untersuchungen die These eines Unfalls wegen einer defekten Stromleitung vor.
Deutschland könnte im Afghanistan-Einsatz Zugeständnisse machenNach den Anweisungen des Bundesverteidigungsministers Franz-Josef Jung sollte bei dem deutschen Einsatz in Afghanistan nichts geändert werden. Auch dann nicht, wenn die USA Druck machen sollten, um von der deutschen Regierung eine größere Unterstützung bei dieser NATO-Mission zugesichert zu bekommen.
Dieser felsenfeste Entschluss scheint allerdings nur eine knappe Woche gehalten zu haben, da Berlin jetzt nach den Informationen des Spiegels eine massive Truppenaufstockung in Afghanistan plant. Die Truppenstärke solle von 3500 auf bis zu 4500 Soldaten erhöht werden. Außerdem erwäge die deutsche Regierung auch eine Erweiterung des Einsatzgebietes vom Norden, wo die deutschen Truppen stationiert sind, hin zum Westen Afghanistans. All dies geschehe, um der Hauptforderung der USA, einen weiteren deutschen Einsatz im Süden des Landes zu starten, nach wie vor standzuhalten. Auch eine mögliche Verlängerung des Afghanistan-Mandats von einem Jahr auf bis zu 18 Monate liegt in der Luft, was laut dem Spiegel durch die Absicht motiviert sei, den Militär-Einsatz aus dem bevorstehenden Bundstagswahlkampf in 2009 herauszuhalten. Diese Maßnahmen sollte die Bundeskanzlerin dann im April bei dem geplanten Nato-Gipfeltreffen in Bukarest verkünden.
58. Berlinale: Auftakt mit Musik
Mit einer Party der Methusalem-Männer hat aus Sicht des Spiegels das 58. Filmfestival von Berlin am Donnerstag den 7. Februar begonnen. Damit sind die Bandmitglieder der Rolling-Stones gemeint, die zusammen mit Filmregisseur Martin Scorsese als Highlight der Eröffnungsfeier des Festivals vorgesehen waren. Tatsächlich hat der amerikanische Regisseur die Band als Helden seines neuesten Films Shine a Light ausgewählt: zwei Stunden, während denen man die vier Dinosaurier des Rocks abwechselnd auf der Bühne oder beim Interview erlebt. Das Ganze wirkt wie ein gekonnt abgelieferter Stones-Auftritt bei der deutschen Entertainment-Show Wetten, dass, kommentierte der Spiegel lakonisch.
Ansonsten steht aber wie üblich vieles Sehenswertes auf dem Programm der 58. Berlinale: There will be blood, mit dem amerikanischen Schauspielertalent Daniel Day Lewis, Lady Jane, vom Franzosen Robert Guédiguian und, nicht zu vergessen aus deutscher Sicht: Kirschblüten, von Doris Dörrie.
Pour citer cette ressource :
Presseschau vom 6. Februar bis zum 13. Februar, La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), mai 2008. Consulté le 26/12/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/revue-de-presse/presseschau-vom-6-februar-bis-zum-13-februar