15. Mai 2017 - Macrons Antrittsbesuch in Berlin
Merkel und Macron wollen Reform der EU
dpa (FAZ)
15. Mai 2017
Der neue französische Präsident Macron ist bei der Bundeskanzlerin zu Gast und beide kündigen an, Reformen in der EU voranzutreiben. Auch zum Thema „Eurobonds“ bezog Macron abermals Stellung.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der neue französische Präsident Emmanuel Macron wollen die Modernisierung der Europäischen Union vorantreiben und sind dabei auch offen für die Änderung bestehender Verträge. Merkel und Macron kündigten am Montag in Berlin einen gemeinsamen Fahrplan (“Road Map“) für Reformen in der EU und der Eurozone an. Im Juli nach den Parlamentswahlen in Frankreich soll es dazu eine gemeinsame Kabinettssitzung geben.
„Wir können dem Ganzen eine neue Dynamik geben“, sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz beim Antrittsbesuch Macrons in Berlin. Dazu müsse man auch bereit sein, Verträge zu ändern. „Wenn wir sagen können, warum, wozu, was die Sinnhaftigkeit ist, wird Deutschland jedenfalls dazu bereit sein“, sagte Merkel. „Die ganze Welt ändert sich“, fügte sie hinzu. Auch Macron betonte: „Für uns gibt es hier keinerlei Tabu.“
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Ein neuer Fahrplan für Europa
Majid Sattar (FAZ)
16. Mai 2017
Bei ihrem Treffen in Berlin haben die Bundeskanzlerin und Frankreichs neuer Präsident einen „Akt der Neugründung Europas“ ausgerufen. Einige Teile der EU reagieren prompt skeptisch. Wird der Vertrag von Lissabon angepasst?
Es gebe einen „sensiblen Moment der Geschichte“, sagte Angela Merkel – jene Kanzlerin, die unverdächtig ist, Pathos als wohlfeiles Stilmittel einzusetzen. Diesen Moment, sagte sie, gelte es zu nutzen, um daraus etwas zu machen, das von den Menschen als eine Stärkung und Festigung Europas verstanden werde. Die Tragweite dieses Satzes wird erst deutlich, wenn man weiß, dass Merkel ihn aussprach unmittelbar, nachdem Emmanuel Macron gesagt hatte, die Verantwortung Frankreichs und Deutschlands für die nächsten Jahre sei „ein wirklicher Akt der Neugründung Europas und der Eurozone“.
Der Antrittsbesuch des neuen französischen Präsidenten am Montagabend in Berlin hat zu Tage gefördert, was sich verändert hat in Europa. Vorbei scheinen die Zeiten, in denen in Deutschland Visionen über die Reform der Europäischen Union mit dem Hinweis auf die Vorrangigkeit raschen Krisenmanagements für müßig oder gar störend erklärt. Vorbei auch, dass Frankreich wegen unguter Erfahrungen mit EU-Referenden darum bittet, von Änderungen am Europäischen Vertragswerk abzusehen.
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"Die wahre Prüfung kommt erst noch"
Internationale Presseschau (Welt)
16. Mai 2017
„La Repubblica“, Italien: Comeback muss Härtetest bestehen
„Alles in allem war es so ein positives Treffen, dass sich niemand gewundert hat, als sich die sonst so hypernüchterne Frau Merkel zu einem Zitat von Hermann Hesse hinreißen hat lassen. ,Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.‘ Aber nach dem feurigen Debüt muss das französisch-deutsche Comeback nun den Härtetest der Fakten bestehen.“
„Guardian“, England: Massiv rechtsextreme Welle wurde eingedämmt
„In dieser Beziehung ist Macron weit davon entfernt, ein Bettler zu sein. Denn sein erstaunlicher Aufstieg hat Angela Merkel quasi gerettet. Damit wurden sie und der Rest des Kontinents sogar vor einem politischen Desaster bewahrt: Eine massive rechtsextreme Welle wurde eingedämmt. Daher dürfte es in Zukunft mehr deutsche Dankbarkeit und Kooperation geben, als viele erwarten. Indem er Marine Le Pen in einer Zeit bezwungen hat, da der Brexit und US-Präsident Donald Trump so viel Zweifel hinsichtlich des aktuellen Zustands der liberalen Demokratie gesät haben, hat Macron nicht allein die Reputation seines Landes gerettet. Er hat zugleich dafür gesorgt, dass Merkel nicht als jene deutsche Kanzlerin in die Geschichtsbücher eingehen wird, unter deren Führung sich die Europäische Union auflöste.“
Nico Fried und Christian Wernicke (SZ)
14. Mai 2017
Nach Chirac, Sarkozy und Hollande trifft die deutsche Kanzlerin nun den neu gewählten Emmanuel Macron. Die Erwartungen sind gewaltig. Kann das ungleiche Paar Europa voranbringen?
Der erste französische Präsident, dem Angela Merkel begegnete, war François Mitterrand. Im Frühjahr 1990 begleitete die stellvertretende Regierungssprecherin der DDR den neuen Ministerpräsidenten Lothar de Maizière zum Antrittsbesuch nach Paris. Mitterrand hinterließ großen Eindruck bei ihr, allein schon, weil er sehr leise sprach. Wäre es nur nach ihm gegangen, wäre Merkel womöglich nicht Bundeskanzlerin geworden, denn Mitterrand verfolgte das Tempo der Wiedervereinigung skeptisch. Schon sein Nachfolger Jacques Chirac war dann aber der Präsident, der Merkel am 23. November 2005, ihrem ersten Arbeitstag als Kanzlerin, auf den Stufen des Élysée-Palastes in Paris einen Kuss auf die rechte Hand hauchte.
Am kommenden Montag, ihrem 4192. Arbeitstag als Kanzlerin, empfängt Merkel in Berlin den vierten Präsidenten ihrer Amtszeit. Emmanuel Macron setzt mit seinem schnellen Antrittsbesuch eine deutsch-französische Tradition fort, auch wenn er anders als sein Vorgänger François Hollande erst einen Tag nach der Amtseinführung nach Deutschland fliegt. Die Erwartungen an die Reise nach Berlin sind groß. Doch das waren sie jedes Mal - und die Fortschritte eher durchwachsen.
Berlin -
Für den gerade erst ernannten Baustaatssekretär der Linken, Andrej Holm, wird es eng. Sein überraschendes Geständnis vom Mittwoch, bei seinem Lebenslauf für eine Anstellung an der Berliner Humboldt-Universität (HU) falsche Angaben zu seiner Stasi-Zeit gemacht zu haben, sorgt für Irritationen in der rot-rot-grünen Koalition, insbesondere in der SPD. „Es gibt Aufruhr in der Partei“, sagte ein gut vernetzter Sozialdemokrat der Berliner Zeitung. „Viele finden: Der Mann ist nicht mehr zu halten.“ Auch renommierte DDR-Historiker wie Ilko-Saschea Kowalczuk und Jens Gieseke werfen Holm vor, die Unwahrheit gesagt zu haben.
Der 46-jährige Soziologe und Stadtforscher Holm hatte der HU verschwiegen, dass er von September 1989 bis Januar 1990 hauptamtlicher Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit war. Stattdessen hatte er in einem Fragebogen nur seine militärische Grundausbildung beim Stasi-Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ angegeben. Ihm sei jetzt erst durch Einblick in seine Kaderakte klar geworden, dass er hauptamtlich als Offiziersschüler beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) beschäftigt gewesen sei, erklärte Holm. Seinen Lebenslauf habe er korrigiert nachgereicht. Die HU prüft derzeit rechtliche Konsequenzen. Auch der Senat hat, wie bei jedem neuen Staatssekretär, eine Regelanfrage bei der Stasi-Unterlagen-Behörde gestartet.
– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/25302198 ©2016
Alexander Van der Bellen konnte den Vorsprung auf Norbert Hofer bei höherer Wahlbeteiligung ausbauen, er steht als Bundespräsident fest. Die FPÖ bekräftigt, auf eine Anfechtung zu verzichten - derstandard.at/2000048771312/Van-der-Bellens-Wahlsieg-fiel-deutlicher-aus-als-erwartetAlexander Van der Bellen konnte den Vorsprung auf Norbert Hofer bei höherer Wahlbeteiligung ausbauen, er steht als Bundespräsident fest. Die FPÖ bekräftigt, auf eine Anfechtung zu verzichten - derstandard.at/2000048771312/Van-der-Bellens-Wahlsieg-fiel-deutlicher-aus-als-erwarte
Es ist kurios, dass eine Buchpreisrunde mit einer fußballmetaphernhaltigen Verleihung endet. Aber erst die wichtigen Dinge. Bodo Kirchhoff hat am Montagabend im Kaisersaal des Frankfurter Römers den mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis zugesprochen bekommen.
Der Deutsche Buchpreis zeichnet den „Besten Roman“ eines Jahrgangs aus, „Widerfahrnis“ ist eine Novelle, aber Kirchhoff mendelte sich beim fortschreitenden großen Lesen zunehmend als Favorit unter den letzten sechs der Nominierten heraus – der vielleicht noch am häufigsten genannte Mitfavorit Thomas Melle hat äußerst gezielt gar keine Fiktion geschrieben, so viel dazu.
– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/24932162 ©2016
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Merkel und ihre Franzosen
Christoph Hasselbach (DW)
15. Mai 2017
Die französischen Präsidenten kommen und gehen, die Kanzlerin bleibt. Zu jedem versucht sie, eine gute Beziehung aufzubauen. Gelingt das auch bei Emmanuel Macron?
Mit Emmanuel Macron hat es Angela Merkel inzwischen mit dem vierten französischen Staatspräsidenten zu tun. Sie alle waren in ihrer Art höchst unterschiedlich, und ihr jeweiliges Verhältnis zu Merkel war es auch.
Auf den handküssenden, stolzen Gaullisten Jacques Chirac folgte der nervöse Selbstdarsteller Nicolas Sarkozy. Trotz des Gegensatzes zu der ruhigen, nüchternen Pfarrerstochter entwickelte sich ihr Verhältnis unter dem Druck der Finanzkrise so gut, dass sich der Ausdruck "Merkozy" einbürgerte - die beiden schienen politisch unzertrennlich. Merkel beging dann den Fehler, sich im französischen Wahlkampf für eine Wiederwahl Sarkozys einzusetzen, doch der Sozialist François Hollande gewann. Das verdarb von Anfang an die Stimmung. Und als Hollande zu seiner ersten Auslandsreise nach Berlin flog, wurde sein Flugzeug auch noch vom Blitz getroffen. Was für ein Omen! Trotzdem rafften sich beide - zunächst aus staats- und europapolitischem Pflichtgefühl - zu gemeinsamen Aktionen wie den Vermittlungsversuchen in der Ukraine-Krise auf - und bauten mit der Zeit eine vertrauensvolle politische Beziehung auf. Das zeigte sich auch daran, dass Hollande nicht nur seine erste, sondern auch seine letzte Auslandsreise als Präsident nach Berlin zu Merkel machte.
Pour citer cette ressource :
15. Mai 2017 - Macrons Antrittsbesuch in Berlin, La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), mai 2017. Consulté le 24/11/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/revue-de-presse/archives-revue-de-presse-2017/15-mai-2017-macrons-antrittsbesuch-in-berlin