16. Mai 2025 - Präsident Steinmeier in Israel : ein heikler Besuch
Wir sprechen unterschiedliche Sprachen
Ein Gastbeitrag von Shimon Stein und Moshe Zimmermann (Zeit online, 07/05/2025)
Weiter so, oder? 60 Jahre sind seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik Deutschland am 12. Mai 1965 vergangen, und auf beiden Seiten bereitet man sich wie gewohnt auf die Festlichkeiten vor. Die Präsidenten beider Staaten planen Besuche im jeweils anderen Land, um zu gedenken und zu feiern. Doch die üblichen Floskeln, der Rückgriff auf Worte wie "Wunder", "Geschenk" oder "historisch", wie noch vor zehn, zwanzig oder dreißig Jahren üblich, überzeugt nicht mehr. Das alles klingt heute hohl. Zu viel ist geschehen, der Kontext hat sich im vergangenen Jahrzehnt grundsätzlich verändert, und auch wenn Politiker und Diplomaten die alten Sprüche wiederzubeleben versuchen, die meist an die Naziherrschaft und an die Schoah anknüpfen – im Hinterkopf schweben zunehmend Begriffe, die früher höchstens am Rande verwendet wurden. Worte wie "Kriegsverbrechen", "Kolonialismus", "Apartheid". Es nimmt nicht wunder, dass diesmal, anders als noch vor zehn Jahren, auf beiden Seiten keine Begeisterung zu spüren ist.
Deutschland und Israel: Jubiläum im Schatten des Krieges
Jens Thurau (Deutsche Welle, 11/05/2025)
Deutschland und Israel erinnern an den Beginn ihrer Nachkriegsbeziehungen vor 60 Jahren. Der Gaza-Krieg ist dabei allgegenwärtig.
Vor 60 Jahren, am 12. Mai 1965, nahmen Deutschland und Israel nach langer Vorbereitung diplomatische Beziehungen auf. Alles andere als selbstverständlich war das damals: Das Ende des Zweiten Weltkrieges in Europa lag erst 20 Jahre zurück. Die Erinnerung an den Völkermord Nazi-Deutschlands an den europäischen Juden war in beiden Ländern präsent. Und auch jetzt, 80 Jahre nach Kriegsende, bleiben die Beziehungen zu Israel überaus wichtig, aber auch schwierig.
Das Leid im Kibbuz, das Leid in Gaza
Robert Roßmann (Süddeustche Zeitung, 14/05/2025)
Bei seinem Besuch in Be’eri verurteilt Frank-Walter Steinmeier nicht nur den Terror der Hamas, sondern ermahnt auch Israel wegen der Kriegsführung im Gazastreifen.
Jetzt sind sie also noch einmal in den Kibbuz gekommen. Im November 2023, wenige Wochen nach dem Massaker der Hamas, waren der Bundespräsident und sein israelischer Kollege schon einmal da. Damals konnte man noch Spuren des Grauens sehen, blutverschmierte Kinderkleidung, verbrannte Häuser. Im Kibbuz Be’eri haben die Hamas-Terroristen mehr als 130 Menschen ermordet, mehr als 50 haben sie entführt. Jetzt strahlt die Sonne, die Vögel zwitschern. An das schreckliche Massaker erinnern auf den ersten Blick nur noch die vielen Bilder der Opfer und der Geiseln, die überall hängen.
Ein Handschlag mit Tücken
Nico Fried (Stern, 14/05/2025)
Frank-Walter Steinmeier trifft Benjamin Netanjahu. Händedruck mit einem Kriegsverbrecher oder notwendige Diplomatie? Wie der Bundespräsident seinen Besuch verteidigt – und dann noch eine Überraschung erlebt.
Der Premierminister bereitete seinem Gast einen eher unfreundlichen Empfang. Knapp zwei Stunden, bevor Benjamin Netanjahu den Bundespräsidenten am Dienstag begrüßte, kündigte er vor Reservisten der israelischen Armee eine neue, diesmal ultimative Offensive im Gaza-Streifen an. "In den nächsten Tagen werden wir mit voller Kraft vorgehen, um den Einsatz abzuschließen", so Netanjahu. Frank-Walter Steinmeier hatte den Amtssitz des Premierministers also gar nicht betreten, da stand er schon vor vollendeten Tatsachen.
Steinmeier in Israel: Schwieriger Besuch bei Freunden
Christoph Strack (Deutsche Welle, 15/05/2025)
Deutschland und Israel würdigen ihre 60-jährigen Beziehungen mit gegenseitigen Visiten. Israels Präsident Herzog war in Berlin, Bundespräsident Steinmeier in Jerusalem. Beides sind keine einfachen Begegnungen.
Israels Präsident Izchak Herzog kam mit seiner Frau Michal nach Berlin, eineinhalb Tage später reisten die beiden sowie Deutschlands Präsident Frank-Walter Steinmeier und seine Frau Elke Büdenbender nach Jerusalem. In ein erschüttertes und bedrohtes Land. Stunden nach der Ankunft musste auch die deutsche Delegation angesichts eines drohenden Raketenbeschusses aus dem Jemen in den Schutzraum ihres Hotels flüchten.
Steinmeier in Kassel. Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0.