Wladimir KAMINER: „Mein Leben im Schrebergarten“
Die humorvolle Entdeckung einer Berliner Kleingartenkolonie
Mein Leben im Schrebergarten. München, Manhattan Verlag, Oktober 2007, 3. Auflage, 224 S. ISBN-10: 3442546184, ISBN-13: 978-3-442-54618-3
Der Schrebergarten - eine Spießeridylle? Der Traum aller Biofreunde und Ökofreaks? Nein, laut Wladimir Kaminer ist er das wahre Paradies auf Erden.
Mein Leben im Schrebergarten ist der neue Bestseller des 1967 in Moskau geborenen Autors Wladimir Kaminer. Wladimir Kaminer veröffentlicht regelmäßig Texte in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften, hat eine Sendung namens Russendisko Club beim RBB Radio MultiKulti sowie eine Rubrik im ZDF-Morgenmagazin und organisiert Veranstaltungen wie seine mittlerweile international bekannte Russendisko. Mit der gleichnamigen Sammlung von Erzählungen sowie zahlreichen weiteren Büchern, zum Beispiel dem Roman Militärmusik (2001), wurde das kreative Multitalent zu einem der beliebtesten und gefragtesten Autoren Deutschlands, dessen Name inzwischen auch jenseits der deutschen Grenzen bekannt geworden ist. Alle seine Bücher gibt es ebenfalls als Hörbücher, von ihm selbst gelesen.
In seinem jüngsten Roman erzählt Wladimir Kaminer von seiner Erfahrung als Neuankömmling in der Berliner Kleingartenkolonie mit dem vielversprechenden, fast schon drohend programmatisch klingenden Namen Glückliche Hütten. Innerhalb kürzester Zeit verstößt der Möchtegerngärtner und stolze neue Besitzer der Parzelle 118 bereits gegen beinah sämtliche skurrile Vorschriften des Bundeskleingartengesetzes, wie zum Beispiel die Paragraphen der Baumschutzverordnung, des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sowie der Abfall- und Biotoilettenverordnung. Dennoch entdeckt er zusammen mit seiner ganzen Familie die Freuden der Gartenarbeit und hält in diesem unterhaltsamen Buch ein Gartenjahr der etwas anderen Art fest: mit einer Rhabarberernte, für die sich zwar seine deutschen Gartenfreunde begeistern, mit der er selbst aber als Russe nichts anzufangen weiß, mit einer Invasion von mysteriösen blauen Blümchen, deren Namen niemand kennt, mit einer nicht enden wollenden Apfelernte und urkomischen, jedoch interessanten Nachbarn.
So wie ein Gärtner reife Früchte erntet, hat Wladimir Kaminer in seinem Roman Mein Leben im Schrebergarten Anekdoten des Alltagslebens gesammelt, die er auf satirische sowie humorvolle Art und Weise darzustellen weiß. Sein lakonischer Stil macht es ihm leicht, von einem Abenteuer zum anderen zu springen sowie ernste Überlegungen über das Leben und den Platz des Menschen auf dieser Erde in einem leichten und ironischen Grundton in die Erzählung miteinfließen zu lassen. Durch die Darstellung der verschiedenen Schrebergärten zeichnet er darüber hinaus ein buntes - nicht immer klischeefreies - Bild der aktuellen deutschen Gesellschaft, der er zwar angehört, aber auf die er als Russe bisweilen einen distanzierten, gespielt naiven Blick wirft, der zwischen Unverständnis und Belustigung hin und her schwankt - zum größten Vergnügen des Lesers. Als Fazit bleibt nach einem aufregenden Jahr: Die Erde ist ein Schrebergarten, und wir sind ihre Freunde, die Gartenfreunde, die sich zwischen den nassen Rhabarberblättern einquartiert haben. Und darauf trinken wir noch einen. Und darin verbirgt sich auch die Botschaft des Romans: Es sind die kleinen Dinge, die unser Leben lebenswert machen.
Pour aller plus loin
- Internetseite des Verlags mit Leseprobe der ersten 29 Seiten und Hörprobe
- Kaminers Interview zum Buch in Stern
- Kaminer stellt sich vor : Internetseite von Russendisko
Pour citer cette ressource :
Tamara Eble, "Wladimir KAMINER: „Mein Leben im Schrebergarten“", La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), juin 2008. Consulté le 05/11/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/litterature/fiches-de-lecture/wladimir-kaminer-mein-leben-im-schrebergarten