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29. Juni 2018 - EU-Gipfel zur Asylpolitik: Welche Folgen für Angela Merkel?

Publié par Cécilia Fernandez le 29/06/2018

Asylstreit: Entwarnung für Merkel?

Sabine Kinkartz (Deutsche Welle, 29/06/2018)

Am Tag nach dem EU-Gipfel werden die Beschlüsse zur Migration in Berlin eifrig analysiert. Ist es ein Erfolg für die Kanzlerin? Ihre Unterstützer nicken, die CSU schwankt. Sabine Kinkartz berichtet.

Es sind heiße Tage in Berlin. Das politische Klima ist auf dem Siedepunkt, Abkühlung dringend erwünscht. Als solche empfinden am Freitag zunächst viele die Nachrichten aus Brüssel. Nach 12-stündigen Verhandlungen haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU darauf geeinigt, die Asylpolitik zu verschärfen. Die Grenzschutzorganisation Frontex soll weiter aufgerüstet und die EU-Außengrenzen sollen besser geschützt werden. Aus Seenot gerettete Migranten sollen künftig in geschlossenen Aufnahmezentren untergebracht werden.

Aufnahmezentren? Das klingt verdächtig nach den vom CSU-Vorsitzenden und Bundesinnenminister Horst Seehofer vorgeschlagenen Ankerzentren. "Anker" steht als Abkürzung für "Ankunft, Erfassung, Rückführung". Flüchtlinge sollen zentral untergebracht, ihre Asylanträge geprüft und entschieden werden, ob sie in der EU bleiben dürfen oder nicht. Wer abgelehnt wird, soll so schnell wie möglich in sein Herkunftsland abgeschoben werden. So soll es in Zukunft auch auf europäischer Ebene laufen, hat man in Brüssel vereinbart.

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Nach dem EU-Gipfel dämpft Merkel die Erwartungen der CSU

Hannelore Crolly, Christoph B. Schiltz (Welt, 29/06/2018)

Die EU-Länder scheinen sich in Brüssel auf eine härtere Asylpolitik geeinigt zu haben. Doch die angedeutete Lösung ist eher ein Kompromiss mit vielen Variablen - und wenig, womit die Kanzlerin in Berlin und im Streit mit der CSU punkten kann.

Kurz vor Beginn des Dinners, als es draußen vor der Tür noch hell und noch überraschend heiß war, wagte sich der finnische Premier Juha Sipilä kurz in die „mixed zone“ des EU-Gipfelgebäudes. Den Journalisten dort berichtete er, dass es derzeit nichts zu berichten gab, und dass sich daran wohl noch ziemlich lang auch nichts ändern werde.

Stattdessen hatte der 56-Jährige Liberale einen guten Rat mitgebracht: Die Reporter sollten sich im Supermarkt um die Ecke mit Red Bull eindecken. Hinter den Kulissen war zu diesem Zeitpunkt offenkundig schon jedem klar: Diese Nacht, sie würde sehr, sehr lang werden. Tatsächlich graute schon fast wieder der Morgen, als endlich die Limousinen vorfuhren, um die Regierungschefs nach einem zwölfstündigen Verhandlungsmarathon für ein paar Stunden Schlaf in ihre Hotels zu bringen.

Als erster ging kurz vor dem Abschied der polnische Premier Mateusz Morawiecki um 4.42 Uhr vor die wartenden Reporter und bestätigte: Ja, im Asylstreit sei eine Lösung gefunden worden. „Und wir sind sehr zufrieden.“ Ins Detail wollte er nicht gehen, er verriet lediglich, dass es eine „Umverteilung auf freiwilliger Basis“ geben werde. „Also genau das, was wir erreichen wollten.“ Fragt sich allerdings, wie weit dieser Wille und die nach zähem Ringen gefundene Absichtserklärung tragen. Und vor allem: Ob der Kompromiss die deutsche Bundeskanzlerin und ihre Schwesterpartei CSU genauso erfreut wie die Polen.

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Oberstes Ziel: Migranten aufhalten 

Daniel Brössler, Thomas Kirchner und Alexander Mühlauer (Süddeutsche Zeitung, 28/06/2018)

Beim EU-Gipfel in Brüssel überlagert die Asylpolitik in Europa alle anderen Themen.
Es zeichnet sich ein Ergebnis ab, das der CSU gefallen dürfte: Migranten sollen möglichst schon vor den EU-Grenzen aufgehalten werden.
Offen ist, ob Bundeskanzlerin Merkel von anderen Staaten Zusagen für Rückführungsabkommen mitbringen kann.

Es ist schon bemerkenswert, wie es eine relativ kleine deutsche Partei geschafft hat, die Perspektive auf den EU-Gipfel zu verändern, der an diesem Donnerstag und Freitag in Brüssel stattfindet. Stand ehedem im Mittelpunkt, wie Europa gerettet, wie der Streit über den Euro oder die Migrationspolitik in Richtung einer gemeinsamen Lösung gelenkt werden können, geht es nun fast nur noch um diese eine Frage: Überleben Kanzlerin Angela Merkel und ihre Regierung?

Nun, es könnte gelingen. Denn in der alles andere überlagernden Asylpolitik zeichnet sich ein Gipfel-Ergebnis ab, das den christsozialen Koalitionsrebellen gefallen müsste. Von der früher einmal liberalen Flüchtlingspolitik Merkels bliebe dann nichts übrig, der Zeitgeist und die politische Realität in Europa zwingen auch die Kanzlerin zum Kurswechsel.

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Reicht das für Sähhofär?

Marlies Uken (Zeit Online, 29/06/2018)

Bis in den Morgen verhandelt Angela Merkel in Brüssel über die EU-Asylpolitik, draußen üben italienische Reporter den Namen des deutschen Innenministers. Die Beschlüsse

Die Erleichterung, aber auch die Müdigkeit sind der Bundeskanzlerin anzusehen, als sie kurz vor fünf Uhr morgens vor die Presse tritt. Die Augenlider sind schwer, der Tonfall langsam und bedächtig. Endlich hat sie etwas zur Migration zu verkünden, nach zehn Stunden Dauerverhandlung. "Wir haben uns nach langen Diskussionen auf das wohl komplizierteste Thema geeinigt, die Migration", sagt sie. Sie sei zuversichtlich, jetzt weiter an der Reform des europäischen Asylsystemsarbeiten zu können. "Obwohl wir viel zu tun haben werden, um die verschiedenen Sichtweisen zu überbrücken."

Merkel hat wohl eine ihrer aufreibendsten Sitzungen des Europäischen Rats hinter sich. Es war vor allem der italienische Ministerpräsident Guiseppe Conte, der den sonst so perfekt durchkombinierten Ablauf durcheinanderwirbelte. Während des Abendessens der Regierungschefs, die dort traditionell eine offene Aussprache ohne Mitarbeiter machen, stellte sich Conte plötzlich quer und verweigerte seine Zustimmung zu den ersten Ergebnissen des Treffens. Er wolle zunächst die für den Abend geplante Debatte über die Migrationspolitik abwarten, ließ er mitteilen. "Da ein Staat sich die Zustimmung zu den gesamten Schlussfolgerungen vorbehält, gibt es zu diesen Zeitpunkt keine Einigung", musste EU-Ratspräsident Donald Tusk zerknirscht bekannt geben.

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Erlösung im Morgengrauen

Peter Müller (Spiegel, 29/06/2018)

Die Staats- und Regierungschef erzielen eine Einigung beim Streit um die Migration in Europa. Kanzlerin Merkel wirkt erleichtert - dabei ist völlig offen, ob ihr das Abkommen auch beim Streit mit Horst Seehofer hilft.

"Ja, guten Morgen", sagt die Kanzlerin, als sie gegen fünf Uhr morgens auf die Kameras zugeht. "Wir haben, wie sie ja an der Uhrzeit merken können, eine sehr intensive Debatte gehabt." Doch jetzt, so Angela Merkel, stehe die Einigung. Nach zwölf Stunden Beratungen hatten die Staats- und Regierungschefs soeben die Schlussfolgerungen des Rates zum umstrittenen Thema Migration beschlossen. Um 4.34 Uhr kam der erlösende Tweet von Ratspräsident Donald Tusk: Weißer Rauch in Brüssel, endlich.

Auch der Kanzlerin ist die Erleichterung anzusehen. Es sei gut, dass es "bei dem vielleicht herausfordernsten Thema für die Europäische Union" nun einen gemeinsamen Text gebe, sagt Merkel. Dabei hatte es zeitweise so ausgesehen, als ob die gemeinsame Abschlusserklärung tatsächlich platzen könnte. Merkel hätte das in eine missliche Lage gebracht: Wie hätte sie in der Heimat, vor allem gegenüber der CSU, dann weiter für eine "europäische Lösung" im Flüchtlingsstreit werben sollen, wenn in Brüssel mal wieder nichts vorangegangen wäre?

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