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06. Oktober 2017 - Eine Einheitsfeier?

Publié par cferna02 le 10/06/2017

Activer le mode zen

 

Migranten im eigenen LandRalph Bollmann (FAZ)

 

 

03. Oktober 2017

17 Millionen Menschen kamen 1990 aus einem Land namens DDR in die Bundesrepublik. Das Wahlergebnis zeigt: Viele von ihnen haben sich bis heute nicht integriert.

Sie sind schon lange im Land, aber noch immer unterscheiden sich die neu Hinzugekommenen deutlich von denen, die bereits länger dabei sind. Sie haben weniger Erfolg im Beruf und verdienen weniger Geld. Sie sind mit ihrer Lebenssituation im Schnitt weniger zufrieden und schimpfen über die Republik, die sie aufgenommen hat. Sie neigen politisch häufiger autoritären Ideen zu und pflegen oft auch kulturell die Gebräuche ihres Herkunftsstaates, teilweise in regelrechten Parallelgesellschaften. Erstaunlicherweise nehmen die Abschottungstendenzen der zweiten Generation zum Teil sogar zu. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass im Integrationsprozess etwas schiefläuft.
Die Rede ist nicht von den Deutschtürken, die einst als Arbeitskräfte ins Land kamen. Auch nicht von den russlanddeutschen Einwanderern der neunziger Jahre oder von den syrischen Flüchtlingen des Jahres 2015. Es geht um die damals rund 17 Millionen Ostdeutschen, die am 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik beitraten, alle an einem Tag. Es war eine der größten und plötzlichsten Einwanderungswellen der Geschichte. Die meisten wechselten zwar nicht den Ort; damit drohten sie nur auf Demonstrationen, um ihre schnelle Aufnahme zu erzwingen. Aber sie alle wechselten von einem Tag auf den anderen das politische und kulturelle, soziale und vor allem auch wirtschaftliche System – mit allen Schwierigkeiten, die das typischerweise mit sich bringt.
 

 

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Tendenzen zur Entwiedervereinigung in Ostdeutschland

Meinung
Ralf-Dieter Brunowsky (Welt)
27. September 2017
 

Deutschland feiert am kommenden Wochenende die Einheit. Aber man kann sich gar nicht mehr sicher sein, ob der Osten die Einheit überhaupt noch gut findet. Denn selten waren wir so wenig wiedervereinigt wie nach dieser Wahl.
Am kommenden Wochenende feiert Deutschland die Wiedervereinigung, den Tag der Deutschen Einheit, in Mainz, weil Rheinland-Pfalz den Vorsitz im Bundesrat hat. Wer in der Nähe wohnt, darf nicht mehr dort parken. Wer dort einen Laden besitzt, wird seit Tagen nicht mehr beliefert – Zufahrt gesperrt. Die Anwohner freuen sich nicht wirklich auf diese Feier, die den ganzen Innenstadtbereich wochenlang lahmlegt. Und vielleicht geht es dem ganzen Land so nach diesen Wahlen.

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Steinmeiers Ruck-Rede

Christoph Ruf (Spiegel Online)
25. September 2017

 

 

Lange galt Bundespräsident Steinmeier als abgetaucht. Bleibendes hat man kaum vernommen, seit er im Amt ist. Am Tag der Deutschen Einheit fand er aber Worte zu Themen wie Heimat und Flüchtlinge, die nachhallen könnten.

 

 

Als Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier vom Dom zur Rheingoldhalle fuhren, hallte der Applaus noch eine Weile nach. Die Bürgerinnen und Bürger, die die beiden hohen Repräsentanten des Landes zuvor allenfalls nach Selfies und Autogrammen fragten, lieferten auch damit einen denkbar starken Kontrast zu den Feierlichkeiten im Vorjahr in Dresden. Damals gingen Bilder um die Welt , die Menschen zeigten, die in enthemmter Wut alles niederschrien, was ihnen aus den Mikrofonen entgegenschallte.
Beim "Bürgerfest" zum Tag der Deutschen Einheit in Mainz hingegen, bei dem sich in der Altstadt Zehntausende vor den Ständen ballten, herrschte allerorten gute Laune. Den 7400 Polizisten, die an beiden Tagen Dienst taten, dürfte es recht gewesen sein.
Es war also ein angemessen unaufgeregter Rahmen für eine Präsidentenrede, die mit Spannung erwartet worden war. Nicht nur, dass es die erste große Einlassung eines deutschen Spitzenpolitikers nach dem triumphalen Einzug der AfD in den Bundestag war. Ein Erfolg, der auch gezeigt hat, dass es die gerade in Reden zum 3. Oktober so oft beschworene Einheit zwischen Ost und West in vielerlei Hinsicht nicht gibt.

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Mainz, wie es singt und hadert
Susanne Höll (Süddeutsche Zeitung)
03. Oktober 2017
 

Die Feier zum Tag der Deutschen Einheit findet im Zeichen des AfD-Wahlerfolgs statt. Festakt und Fest zeichnen ein Bild deutscher Ambivalenz. Politiker und Volk feiern getrennt.
Die Wahl der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) fiel auf Beethovens "Ode an die Freude". Die Götterfunken-Hymne hatte sich Dreyer ausgesucht als jene Melodie, die am Nachmittag des 3. Oktober in allen Ecken von Mainz öffentlich dargeboten wurde. Ein musikalischer Flash-Mob, sozusagen. Mit dem gemeinsamen Singen möchte Dreyer ein Ritual für die Einheitsfeiern begründen. Eine nette Idee. Aber mag man in diesen Tagen ein Lied über die Freude trällern?
Schließlich hat Deutschland nach dem ernüchternden Ergebnis der Bundestagswahl nicht besonders viel Grund zur Freude. Das räumten alle diejenigen ein, die an diesem Feiertag öffentlich das Wort ergreifen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht von Rissen und neuen Mauern, die sich durch Deutschland ziehen. Dreyer beklagt Provokationen politischer Eiferer, verweist auf Terror, Krieg, missmutige oder verängstigte Bürger. Sie stellt fest: "Das alles stellt unsere politische Kultur auf den Prüfstand." Das Kürzel AfD fällt an diesem Tag nicht. Aber jeder weiß, von wem die Rede ist. Dies alles klingt ziemlich freudlos, aller ansonsten bekundeten Dankbarkeit über Einheit und den Zusammenschluss Europas zum Trotz. Am Einheitstag 2017 manifestiert sich in Mainz eine irritierende deutsche Ambivalenz.
 

 

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Auch Demokratiediskurse können Populismus beschleunigen
Ein Gastbeitrag von Lutz Rathenow (Zeit Online)

03. Oktober 2017
 

"Wir sind das Volk" – so grenzten sich Demonstranten vom DDR-Regime ab. Heute hat der Ruf etwas Ausschließendes, Unangenehmes. Und dennoch es gibt kein Copyright darauf.
Mit der deutschen Einheit steht es gar nicht so schlecht. Alle sagen jetzt alles, was sie stört: Aus dem Osten Richtung Westen empörungsaufgeschäumt oder clever schlitzohrig. Der Westen Richtung Osten vielfach mit einem Gähnen, das sich mit Interesse maskiert und doch eigentlich fragt: "Haben wir immer noch nicht genug Geld rübergeschüttet – was wollen die nur?!"

 

Berlin -

Für den gerade erst ernannten Baustaatssekretär der Linken, Andrej Holm, wird es eng. Sein überraschendes  Geständnis vom Mittwoch, bei seinem Lebenslauf für eine Anstellung an der Berliner Humboldt-Universität (HU) falsche Angaben zu seiner Stasi-Zeit gemacht zu haben, sorgt für Irritationen in der rot-rot-grünen Koalition, insbesondere in der SPD. „Es gibt Aufruhr in der Partei“, sagte ein gut vernetzter Sozialdemokrat der Berliner Zeitung. „Viele finden: Der Mann ist nicht mehr zu halten.“ Auch renommierte DDR-Historiker wie Ilko-Saschea Kowalczuk und  Jens Gieseke werfen Holm vor, die Unwahrheit gesagt zu haben.

Der 46-jährige Soziologe und Stadtforscher Holm hatte der HU verschwiegen, dass er von September 1989 bis Januar 1990 hauptamtlicher Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit war. Stattdessen hatte er in einem Fragebogen nur seine militärische Grundausbildung beim Stasi-Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ angegeben. Ihm sei jetzt erst durch Einblick in seine Kaderakte klar geworden, dass er hauptamtlich als Offiziersschüler beim Ministerium für Staatssicherheit (MfS) beschäftigt gewesen sei, erklärte Holm. Seinen Lebenslauf habe er korrigiert nachgereicht. Die HU prüft derzeit rechtliche Konsequenzen. Auch der Senat hat, wie bei jedem neuen Staatssekretär, eine Regelanfrage bei der Stasi-Unterlagen-Behörde gestartet.

– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/25302198 ©2016

Alexander Van der Bellen konnte den Vorsprung auf Norbert Hofer bei höherer Wahlbeteiligung ausbauen, er steht als Bundespräsident fest. Die FPÖ bekräftigt, auf eine Anfechtung zu verzichten - derstandard.at/2000048771312/Van-der-Bellens-Wahlsieg-fiel-deutlicher-aus-als-erwartetAlexander Van der Bellen konnte den Vorsprung auf Norbert Hofer bei höherer Wahlbeteiligung ausbauen, er steht als Bundespräsident fest. Die FPÖ bekräftigt, auf eine Anfechtung zu verzichten - derstandard.at/2000048771312/Van-der-Bellens-Wahlsieg-fiel-deutlicher-aus-als-erwarte

Es ist kurios, dass eine Buchpreisrunde mit einer fußballmetaphernhaltigen Verleihung endet. Aber erst die wichtigen Dinge. Bodo Kirchhoff hat am Montagabend im Kaisersaal des Frankfurter Römers den mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis zugesprochen bekommen. – Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/24932162 ©2016

Es ist kurios, dass eine Buchpreisrunde mit einer fußballmetaphernhaltigen Verleihung endet. Aber erst die wichtigen Dinge. Bodo Kirchhoff hat am Montagabend im Kaisersaal des Frankfurter Römers den mit 25.000 Euro dotierten Deutschen Buchpreis zugesprochen bekommen.

Der Deutsche Buchpreis zeichnet den „Besten Roman“ eines Jahrgangs aus, „Widerfahrnis“ ist eine Novelle, aber Kirchhoff mendelte sich beim fortschreitenden großen Lesen zunehmend als Favorit unter den letzten sechs der Nominierten heraus – der vielleicht noch am häufigsten genannte Mitfavorit Thomas Melle hat äußerst gezielt gar keine Fiktion geschrieben, so viel dazu.

– Quelle: http://www.berliner-zeitung.de/24932162 ©2016

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Aus einem fremden Land

Ludwig Greven (Zeit Online)
03. Oktober 2017

Als junger Westreporter erlebte ich den Freiheitswillen der DDR-Deutschen und wie daraus der Wunsch nach nationaler Einheit erwuchs. Es bewegte auch mich.
Ich kam im Sommer 1989 als junger Korrespondent nach Bonn, wo ich für die Nachrichtenagentur Reuters über Parlament und Regierung berichten sollte. Ich war gerade zum ersten Mal Vater geworden und dachte, ich könnte mich in Ruhe einarbeiten. Doch es wurde für mich die aufregendste Zeit meines Lebens.

Ich wurde nach Budapest geschickt, wo auf und vor dem Gelände der Bonner Botschaft Hunderte DDR-Bürger campierten, die in die Bundesrepublik auszureisen verlangten, so wie andere zur gleichen Zeit in den Botschaften in Prag und Warschau. Sie hatten in Ungarn Urlaub gemacht und hockten nun mit ihren Familien in ihren Trabis, in kleinen Campingwagen, Zelten oder auf dem Bordstein. Sie erzählten mir ihre Lebensgeschichten aus einem Land, das mir wie den meisten Westdeutschen, nicht nur den jungen, völlig fremd war. Für uns waren dieser merkwürdige zweite deutsche Staat und seine Bewohner weiter entfernt als jede ferne Galaxie.

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Pour citer cette ressource :

"06. Oktober 2017 - Eine Einheitsfeier?", La Clé des Langues [en ligne], Lyon, ENS de LYON/DGESCO (ISSN 2107-7029), juin 2017. Consulté le 19/04/2024. URL: https://cle.ens-lyon.fr/allemand/revue-de-presse/archives-revue-de-presse-2017/06-oktober-2017-eine-einheitsfeier-